5vier.de erobert die Welt des Zweirades. Heute beschäftigt sich unser Redakteur Lars Eggers mit einem besonderen Thema: Lob und Kritik an der neuesten Art von Fahrrad: dem eVelo.
Folgendes ist mir auf meiner Stammstrecke am der Moselufer vor kurzem passiert: Sonne, Rückenwind, freie Strecke – der absolute Traum. Also wird ordentlich in die Pedalen getreten. Und dann überholt mich, ohne große Mühe, eine Gruppe fröhlich schwatzender Rentner. Fahre ich so langsam? Nein, der Tacho zeigt 32 km/h. Und das war auch nicht der Tour de France Veteranen-Verein, der mich hat stehen lassen, sondern eine Touristengruppe auf eVelos.
Ein Segen für Aktive
Die eVelos sorgen derzeit für viel Furore in der Fachpresse. In der Fahrradnation schlechthin – den Niederlanden – wird schon jedes zehnte Fahrrad mit dem unterstützenden Elektromotor ausgerüstet.
Das System ist einfach: Der Pedalantrieb ist mit einem Elektromotor ausgestattet, der jeden Tritt in die Pedalen mit zusätzlicher Antriebsenergie versorgt – je mehr Energie investiert wird, desto mehr Energie liefert auch der Elektromotor. So können auch Menschen, die nicht so fit sind, ohne größere Probleme längere Fahrradtouren bewältigen. Besonders in gebirgigen Gebieten sind die eVelos ein echter Hit. Touristen können nun auch hier in der Moselregion die mitunter recht steigungsintensiven Radwanderwege meistern.
Die eVelos bieten also Bewegung für alle, mehr Freiheit für Rentner und andere Menschen, die nicht fit genug sind, um lange Touren ohne Unterstützung unternehmen zu können. Das klingt doch echt toll, oder?
Teuer, schwer und viel zu schnell
Leider sieht die Realität nicht ganz so rosig aus. Wie in der anfänglichen Anekdote beschrieben, können die eVelos ohne größere Anstrengungen Geschwindigkeiten zwischen 40 und 50 Stundenkilometern erreichen – Geschwindigkeiten, die normalerweise eher im professionellen Radsport zu finden sind.
Und hier liegt das große Problem: eVelos werden in erster Linie an Menschen vermarktet, die wenig Erfahrung mit dem Fahrradfahren haben. Das hohe Gewicht der Elektroräder (ab 20 Kilogramm aufwärts) und die oft fehlende Erfahrung und/oder Kontrolle der Fahrer, verwandeln die eVelos oft in sehr gefährliche Geschosse.
Die sehr teuren Mode-eBikes – für ein gutes eVelo muss man deutlich über 1000 Euro auf die Ladentheke legen – sind der Polizei bereits gut bekannt. Sie sind durch ihre hohe Geschwindigkeit bereits oft in die Kritik geraten.
Meist illegal verwendet
Die Hersteller und Befürworter von eVelos behaupten oft, es sei legal, die hohen Geschwindigkeiten auf die Fahrradwege zu bringen. Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr. Das Gesetz ist hier klar: Erlaubt sind Fahrräder mit unterstützender Motorleistung von maximal 250 Watt und einer maximalen Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Alles oberhalb dieser Grenze ist ein Kraftfahrzeug – und damit führerschein- und in Deutschland sogar Helm pflichtig.
Sprich: Jene fröhliche Rentnergruppe, die mich so locker überholt hat, machte sich (aller Wahrscheinlichkeit nach unwissentlich) strafbar. Sie hätten ebenso gut mit einer Vespa auf dem Fahrradweg fahren können. Auf offiziellen Fahrradwegen darf das eVelo nicht mehr als 25 km/h fahren, bei mehr muss es auf die Straßen ausweichen. Eigentlich müsste dann sogar ein Motorradhelm getragen werden. So und nicht anders will es das Gesetz.
Bis dato wird diese Tatsache auf breiter Flur ignoriert. Zwar haben die meisten eVelos einen Dämpfer eingebaut, aber dieser ist bei Auslieferung oft nicht aktiviert oder kann mit einem Knopfdruck abgeschaltet werden.
Ein erhöhtes Unfallrisiko
Es kommt, wie es kommen musste – die Unfallzahlen steigen. In Deutschland liegen noch keine genauen Zahlen vor, aber in der Schweiz – auf Grund des Terrains sind eVelos dort sehr beliebt – gibt es bereits Bemühungen, aufgrund der hohen Unfallzahlen die eVelos komplett unter Führerscheinpflicht zu stellen.
Also – solange die 25 km/h nicht überschritten werden, darf man auf den eVelos getrost gute Fahrt wünschen – wer es schneller haben möchte, der sollte lieber Vespa fahren – dann aber selbstverständlich mit den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen.
Klaus Ahlers meint
@Ebert: Ja, das hätte ich mal machen sollen, aber ich war in dem Moment einfach so von den Reifen, dass ich gar nicht daran gedacht habe, bis der Kerl verschwunden war.
Ich hing im Kopf die ganze Zeit an der vorstellung, mein Kind wäre an meiner Stelle gewesen. Vielleicht ist das albern, aber seitdem mache ich mir wirklich Sorgen. Die kleinen Knochen haben so einer Wucht doch nichts entgegenzusetzen.
Sollte so etwas noch einmal passieren, rufe ich ganz sicher die Polizei!
Ebert meint
@Klaus:
Da gibt’s nur eins: Polizei rufen, anzeigen. Wenn das Rad nicht gedrosselt war, macht der Junge sich strafbar – leider wieder mal die einzige Sprache, die solche Leute verstehen.
Klaus Ahlers meint
Ich bin kürzlich an der Mosel fast umgefharen worden, auch von so einem Evelo.
Der Fahrer war viel zu schnell. Ich musste einem Vogel ausweichen, plötzlich höre ich hinter mir Bremsen kurz vor dem Versagen. Das Vorderrad des Evelos hat mich knapp getroffen und ich bin umgekippt, glücklicherweise nicht schlimm.
Wenn ich daran denke, dass ich oft mit meiner kleinen Tochter fahre, dann wird mir schlecht.
Seinen Fehler (viel zu schnell!) wollte der Fahrer nicht einsehen, weil er ja auf dem Radweg gefahren sei und das Rad nicht verboten wäre.
Wenn die Zahl der Evelos jetzt zunimmt, weiß ich nicht mehr, ob ich meinen Kindern wirklich noch sagen soll, dass sie auf den Radwegen fahren müssen.
Die Gefährte sind gemeingefährlich!