5vier Spieleexperte Stephan Nestel (Text und Fotos) stellt tolle und kreative Brettspiele für den nächsten Spieleabend vor.
Gute Gesellschaftsspiele bringen jede Menge Spaß und machen auch langweilige Regentage erträglich. Für alle, denen der Sinn nach etwas anderem als den Klassikern wie Mensch-Ärgere-Dich-Nicht oder Monopoly steht durchforscht 5vier die aktuelle Spielelandschaft. Als Erstes stellen wir Euch „Arkham Horror“ vor, ein kooperatives Spiel für Unerschrockene.
Die Stadt Arkham ist eigentlich ein beschaulicher Ort an der amerikanischen Ostküste – eigentlich, wäre da nicht das Problem mit dem drohenden Weltuntergang. Den zu verhindern ist Aufgabe der Spieler, die sich dafür mit Monstern und Kultisten herumschlagen, andere Welten bereisen und Dimensionstore verschließen müssen. Schaffen sie es, ist unsere Welt gerettet. Schaffen sie es nicht, dann erwacht einer der „Großen Alten“ – ein übermächtiges Monster mit einem zumeist unsäglichen Namen (z.B. Cthulhu oder Nyarlathotep) – das die Spieler besiegen müssen. Gelingt ihnen auch das nicht, dann haben sie versagt und der Große Alte zerstört die Erde – bis zum nächsten Spiel…
Die fiktive Stadt Arkham stammt genau wie der restliche Hintergrund des Spiels aus dem Cthulhu-Mythos des amerikanischen Autors H.P. Lovecraft. Lovecrafts Geschichten spielen in unserer Welt in den 1920er Jahren – aber hinter der normalen Fassade lauern die Großen Alten und andere Monster, samt ihrer finsteren Anhänger auf eine Chance, die Welt zu zerstören und die Menschen um Leben und Verstand zu bringen. Angesichts einer solchen Bedrohung ist Zusammenhalt gefragt und so ist Arkham Horror ein kooperatives Spiel: alle Spieler treten gemeinsam gegen das Spiel an. Dazu übernimmt jeder die Rolle eines „Ermittlers“, wobei jeder Ermittler seine eigenen Fähigkeiten, Stärken und Schwächen mitbringt. Und einmal pro Runde werden für die „Aktionen“ des Spiels Karten gezogen. Da diese Karten nach Runden und nicht abhängig von der Zahl der Ermittler ins Spiel kommen, wird Arkham Horror einfacher, je mehr Leute mitspielen. Denn je mehr Ermittler es gibt, desto mehr können die Spieler unternehmen um auf die Geschehnisse in Arkham zu reagieren.
Die Spielregeln sind ziemlich komplex und wer ein einfaches Spiel für zwischendurch sucht, der ist bei Arkham Horror definitiv falsch. Der Spielablauf ist in Runden und Phasen unterteilt, wobei eine Runde aus fünf Phasen besteht. Der große Vorteil von diesem System ist, dass die Wartezeiten der einzelnen Spieler bis zu ihren Aktionen recht kurz gehalten werden. In jeder Runde ziehen die Spieler eine Karte für das Spiel und können dann verschiedene Aktionen durchführen: Ihre Ermittler durch die Straßen der Stadt und in andere Welten schicken, Monstern, menschlichen Gegnern oder Verbündeten begegnen, Hinweismarker und Ausrüstungsgegenstände sammeln und untereinander tauschen – und vor allem die Tore in andere Welten schneller schließen, als sie sich öffnen. Und bei all dem laufen sie stets Gefahr ihr Leben, ihren Verstand oder beides zu verlieren.
Ähnlich umfangreich wie die Möglichkeiten sind auch die Spielregeln. Selbst wenn man sie in Ruhe durchgelesen hat, taucht immer wieder mal die Frage „Wie war das noch mal …?“ auf und für Leute, die das Spiel nicht gerne durch langes Blättern in der Anleitung unterbrechen, ist ein bisschen Flexibilität ganz hilfreich – in unserer Spielrunde hat sich z.B. die fünf-Minuten-Regel (siehe Bild) gut bewährt. Und auch wenn man in einer eher kleinen Runde spielt, macht es durchaus Sinn, seine Chancen durch Hausregeln etwas zu verbessern. Denn allzu schnell scheitert eine kleine Gruppe an Aufgaben, die mit ein oder zwei Ermittlern mehr lösbar gewesen wären.
Ebenso umfangreich wie das Regelwerk ist auch das Zubehör: Arkham Horror kommt mit einer Unmenge an Karten und Markern, und aufgebaut belegt es mit seinem 84cm x 56cm großen Spielplan und dem ganzen Zubehör jede Menge Platz. Das Spiel ist ohne Übertreibung tischfüllend – auch ohne die Erweiterungen, die zum Teil noch zusätzliche Spielpläne mitbringen. Und die Ausstattung kann sich sehen lassen: alles ist von durchgängig guter Qualität, die Illustrationen sind stimmig und es gibt jede Menge Details, die man zwar nicht zum Spielen braucht, die aber für die richtige Atmosphäre sorgen. Zum Beispiel hat jeder Ermittler eine kurze Biografie und jedes Monster kommt mit einem kleinen Stimmungstext.
Fazit: Arkham Horror ist kein Spiel, das man mal eben schnell aufbaut, um dann sofort loszuspielen – wer aber bereit ist sich die notwendige Zeit für das Regelwerk zu nehmen, der wird mit lang dauerndem Spielspaß belohnt. Denn gerade dank der umfangreichen Regeln ist kein Spiel wie das andere und auch ein erfahrener Spieler kann nach der hundertsten Partie nicht vorhersagen, was beim nächsten Mal passieren wird. Der Wiederspielwert ist also auch ohne die Erweiterungen immens hoch. Zu guter Letzt hat Arkham Horror dank der kooperativen Spielmechanik noch einen pädagogischen Wert: Um zu gewinnen, müssen die Spieler zusammenarbeiten – die Welt zu retten ist im Alleingang schlicht unmöglich. Und auch wer beim Spielen Probleme damit hat, seine Freunde in die Pfanne zu hauen (oder von ihnen in die Pfanne gehauen zu werden) kommt bei Arkham Horror voll auf seine Kosten.
Marc meint
Cool, endlich mal wieder ein kooperatives Spiel. Schon mal Cthulhu-Rollenspiel gespielt zu haben erleichtert sicherlich Vorstellung und Feeling für die Stimmung dieser Welt.
Eigentlich bin ich ja eingefleischter Paper&Pen-Rollenspieler, aber eine Testrunde mit Stephan wird sich wohl auf Dauer nicht vermeiden lassen. 😉