Von Andreas Gniffke (Text) und Alexandra Geissler (Fotos)
Der „Reinhold Messner des Butterbergs“ hatte gerufen und seine Anhänger waren in Scharen in die Trierer Arena gepilgert. Bei einem Abend mit Horst Lichter ist wenig Platz für bewusste Ernährung und Kalorienzählen, denn es geht um Sünde, wie auch schon der Name seines Programms verrät: „Kann denn Butter Sünde sein?“
Heinz hat es wahrlich nicht leicht. Mag er sich zu Beginn noch über seinen Platz in der ersten Reihe gefreut haben, wurde er in kürzester Zeit Teil des Programms. Zumindest verhungern musste er zwar nicht, aber ob er noch in der Lage war, am Ende des Abends seinen Wagen nach Hause zu fahren, muss sein Geheimnis bleiben. Denn die Hauptzutaten von Horst Lichters kurzen Kocheinlagen waren, neben Butter und Sahne, Unmengen von Eierlikör und eines irischen Sahnelikörs. Doch wer eine Kochshow erwartet hatte, sah sich getäuscht. Horst Lichter trat als Geschichtenerzähler auf, was er bereits im Vorfeld im Interview mit 5vier.de angekündigt hatte.
Gerade zu Beginn plauderte der Koch aus Rommerskirchen, der in diesem Jahr sein Lokal Oldiethek aufgegeben hat, munter drauflos und so manch einer seiner Kollegen bekam sein Fett weg. So zum Beispiel sein Freund Johan Lafer (die „Ceranfeld-Ballerina“) oder Alexander „der Schöne“ Hermann. Heidi Klums Magermodels („bestehen zu 90% aus Knie“) oder Foodwatch („die immerhin nachgewiesen haben, dass es sich bei ’nimm2′ um Bonbons handelt“) traf der Zorn des Horst, der es sich auch nicht nehmen ließ, sich in der ein oder anderen Tanzeinlage zum selbigen zu machen.
Zartbesaitete Gemüter dürften sich gar nicht erst in die Halle begeben haben, zu bekannt ist der zum Teil derbe Humor des Rheinländers aus dem Fernsehen. Dem konnte er sich dann auch gleich bei seinem ersten großen Thema hingeben: Aphrodisiaka. Auch Heinz musste sich den Scherzen Lichters erwehren, eine Besucherin bekam neben einem Häppchen das ultimative Lob: „Du bist aber auch kein Knochen-Mobile!“ Das war durchaus unterhaltsam, oftmals aber hart an der Grenze zur Plattheit, nicht jeder erfreut sich nun einmal an mageren Würstchenzoten. Aber Lichter ist nun einmal auch ein netter Kerl, dem man so manches verzeiht. Dann überspannte er den Bogen allerdings etwas mit einer zu langen, zu albernen und vor allem nur mäßig lustigen Geschichte über seinen ersten Flug in die USA, womit er die Besucher in die Pause entließ. Am Ende des Abends betonte Lichter später noch einmal die Authentizität seiner zum Teil abstrusen Geschichten, einer ehrlichen Haut wie ihm, hätten wir sie aber sowieso abgenommen: „Alles was ich erzählt habe ist wahr. Es war in Wirklichkeit nur noch viel schlimmer!“
Horst Lichter ist immer dann am unterhaltsamsten, wenn er über seine Kernkompetenz spricht, nämlich Essen und Genuss. Seine Ausführungen zur Brasserie- und Kaffeekultur trafen punktgenau und auch sein Horrorerlebnis in einem Imbiss an der A7 (ein missverstandener Geheimtipp von Rüdiger „Madenlutscher“ Nehberg) war wirklich witzig. Auch ein traumatischer Urlaub zur Burn-out-Prophylaxe in der Dominikanischen Republik sorgte für zahlreiche Lacher, vor allem weil Lichter sich so herrlich selbst auf die Schippe nehmen kann. Am Ende des Programms bekam Horst Lichter dann doch noch den Moralischen und kam auf das Thema Sünde an sich zu sprechen. Sein Plädoyer für die kleinen Genusssünden in einer überregulierten und manchmal kalten Welt klangen authentisch und auch sein Aufruf zum bewussten Umgang mit Lebensmitteln kam offensichtlich von Herzen. Ein unterhaltsamer Abend neigte sich dem Ende zu, und im Zugabenteil konnte dann auch Heinz nur noch sagen: „Horst, ich bin froh, wenn du fertig bist!“
Zwei Fragen bleiben nach den zweieinhalb Stunden Lichter aber offen: Was haben Statler und Waldorf, die es sich auf einer Couch auf der Bühne gemütlich gemacht hatten, eigentlich zur Show gesagt? Und wo ist der Glatzkopf mit der Baileys-Bananen-Sahnetorte hin verschwunden?
Kommentar verfassen