Am Mittwoch, 17. November, spielte das Theater Trier an einem ungewöhnlichen Ort: „Josef und Maria“ feierte im Modehaus Marx Premiere, ein Stück mit guten Schauspielern und nicht vollends überzeugender Story.
Es ist ein ungewöhnlicher Ort, den sich das Theater mit dem Modehaus Marx für ein Stück ausgesucht hat, ein besonderes Ambiente, zwischen den Modeständern und Regalen. Kaufhausmusik dudelt vor sich her, hinter mir fragt jemand scherzend: „Ist das die Kaufhausmusik vom Modehaus Marx?“ Als eine Kaufhausansagerin (Violetta Mohr) die Bühne betritt und diverse Weihnachtsangebote per Lautsprecher ankündigt, schauen die Zuschauer kurz nach vorne, nur um sich dann weiter zu unterhalten. Drei Gongs, weitere Ansagen der Sprecherin – es wird still, nach und nach beginnt das Stück. Es ist perfekt in die Umgebung integriert, das Publikum ist von der Bühne umgeben – Maria stößt beim Putzen sogar ein Sektglas um.
Putzen? Nun, dies ist die Aufgabe, die Maria Patzak (Angelika Schmid) nach Ladenschluss am Heiligabend übernommen hat, und dort trifft sie den Wachmann Josef Pribil (Hans-Peter Leu). Während die Menschheit das frohe Fest feiert, feiern diese beiden einsamen, älteren Menschen nicht – jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Maria, die eine unglückliche Ehe hinter sich hat, wurde von der Familie ihres Sohnes vom Fest ausgeschlossen, hat aber dennoch Geschenke gekauft, um sie vor die Tür zu stellen. Josef hingegen, ein religionskritischer Freidenker, weigert sich zu feiern. Die beiden kommen ins Gespräch, erzählen einander ihre Lebensgeschichte, ohne dabei aufeinander einzugehen. Gemeinsam haben die beiden nur ihre große Einsamkeit, bis dann ein Tango zum Eisbrecher wird.
Erzählerische Schwächen
„Josef und Maria“ ist ein Stück des österreichischen Schriftstellers Peter Turrini aus dem Jahr 1980, das 1998 in eine neue Fassung überführt wurde. Es ginge ihm darum, die Geschichten von alten Menschen weiterzuerzählen, wird Turrini im Programmheft zitiert, doch vollends überzeugen kann er nicht.
Zu Beginn des Stücks, als sich Josef und Maria kennenlernen, reden sie treffsicher aneinander vorbei. Josef greift einzelne Wörter von Maria auf, um sie in politische Reden zu verwandeln, die dann wieder Maria inspirieren. So bauen die Dialoge zwar gut aufeinander auf und entwickeln das Stück weiter, doch fällt es nicht leicht, ihnen zu folgen, und gerade im mittleren Teil entstehen einige Längen.
Gegen Ende löst sich die Stimmung, wird fast zum Klamauk, als Maria Josef ständig an die Wäsche möchte. Ihr Anrufen der Liebe als das, was am Ende bleibt, wenn sich der Rest der Welt um Konsum und Kommerz dreht, verliert dadurch an Überzeugungskraft, droht in den Lachern über Josefs Feinripp-Unterwäsche unterzugehen.
Schmid und Leu mit überzeugender Leistung
Das, was dem Stück an Überzeugungskraft fehlt, machen die Schauspieler durch ihre darstellerische Leistung wieder wett. Angelika Schmid als aufbrausende Maria wettert wutschnaubend gegen die Menschen, schwelgt pirouettendrehend in Erinnerungen und zeigt sich als Verführerin. Hans-Peter Leus Rolle als verklemmter Josef steht dagegen naturgemäß zunächst im Schatten, bevor er gegen Ende des Stücks durch seine schrullige Art die Lacher auf seiner Seite hat.
Florian Burg hat in seiner Inszenierung mit dem Modehaus Marx den richtigen Ort gefunden, um die Kaufhaus-Geschichte auf die Bühne zu bringen – der Ort wird selbst zur Bühne, die von den Schauspielern in alle Richtungen verlassen werden kann. Es wäre der richtige Ort, um den Zuschauer richtig in das Stück hineinzuziehen und Empathie für die beiden älteren Charaktere zu schaffen. Leider schafft es das Stück nicht vollends, sie dem Zuschauer näher zu bringen. Es bleibt, besonders in der Schluss-Viertelstunde, kurzweilige Unterhaltung, die jedoch nicht berühren kann.
Termine (jeweils 20 Uhr im Modehaus Marx)
- Freitag, 26.11.2010
- Donnerstag, 02.12.2010
- Mittwoch, 08.12.2010
- Mittwoch, 15.12.2010
- Mittwoch, 22.12.2010
- Mittwoch, 29.12.2010
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