Die Archäologiestudenten der Universität Trier haben es gut. Sie können schon während des Studiums Erfahrungen bei einer echten Ausgrabung sammeln. Ein aus Studierenden bestehendes Grabungsteam arbeitet derzeit an der Villa Otrang in Fließem.
Wäre man vor 2000 Jahren auf der Römerstraße an dieser Stelle vorbeigefahren, so hätte man rechts auf ein prächtiges Landgut abbiegen können – die Villa Otrang. Allerdings wäre man nicht einfach so auf den Hof vor dem eigentlichen Guthaus gekommen, ohne vorher am Gutsverwalter, der wohl auch gleichzeitig der Pförtner der Anlage war, vorbei zu müssen. Der Gutsverwalter wohnte direkt an der Zugangsstraße in einem eigenen Haus – das zumindest vermuten die Trierer Archäologen.
Heute stößt man dort, wo einst eben dieses Haus gestanden hat nicht mehr auf einen römischen Pförtner, sondern auf viereckige Löcher, in denen Studenten knien. Der Fachbereich Archäologie der Universität Trier gräbt in diesem Sommer das Haus des Gutsverwalters der Villa Otrang aus und gibt damit den Studenten die Möglichkeit, erste Erfahrungen in diesem Feld ihres Studiums zu sammeln. Zu diesen privilegierten Studenten gehören auch Helma und Adrian.
Um Acht in den Schnitt
Für die beiden Studenten fängt der Tag früh an. Jeden Morgen um 8:00 Uhr werden die Abdeckungen der Grabungsstellen, „Schnitte“ genannt, entfernt und die Arbeit vom Vortag wird fortgesetzt. Das gesamte Grabungsgebiet wurde mit einem Raster belegt, anhand dessen die Schnitte zentimetergenau ausgehoben werden.
„Das ist schwere körperliche Arbeit“, meint Helma, die hier schon ihre zweite Grabung durchführt und als Schnittleiter tätig ist. „Nachdem die Ackerkrume und die Erde abgetragen wurde, haben wir nur noch Kratzer, Spitzkelle und Besen in der Hand. Man verbringt letztlich den ganzen Tag auf den Knien.“ Jeder Stein, der gefunden wird, muss präzise vermessen werden, damit später anhand eines sogenannten Versturzdiagramms die Lage der eingestürzten Wände und im Endeffekt eine Rekonstruktion des Hauses selbst ersehen werden kann. Die Arbeit ist daher nicht nur körperlich fordernd, sondern muss auch mit Konzentration und Präzision durchgeführt werden.
Für Helma ist klar: „Wer sich nicht in den Dreck begeben möchte, der ist in unserem Fachbereich falsch.“ Trotz der Anstrengungen ist die Stimmung unter den Studenten gut, es wird viel gelacht und man lernt sich besser kennen, als in einem Hörsaal.
Hart, aber befriedigend
Adrian ist erst seit vier Tagen an der Grabungsstelle und hat erste Eindrücke sammeln können.
„Die Arbeit ist hart, aber sehr befriedigend. Ich hatte bereits erste eigene Funde und man sieht am Abend des Tages, was man alles geschafft hat“, meint der Student. Auch die Tatsache, dass man hier vom ersten Tag an eigenverantwortlich arbeiten muss und voll in die Ausgrabung eingebunden wird, gefällt Adrian sehr. Allein lässt man die Sudenten mit diesem Projekt aber natürlich nicht: „Es ist sehr gut, dass wir einen Grabungsleiter haben, der für den gesamten Zeitraum der Grabung anwesend ist. Wenn man Fragen hat, muss man eigentlich nur die Hand heben und Laut geben – es sind immer mindestens zwei Verantwortliche in Rufweite.“
„Jeder macht alles hier, man kann sich keiner Aufgabe entziehen“, erklärt Adrian. Seine am wenigsten geliebte Arbeit ist das präzise Einzeichnen der ausgegrabenen Mauerteile: „Da darf es keine Fehler geben.“
Regen macht alles anstrengender
Das einzige, worauf die Grabungsgruppe hätte verzichten können, ist das launische Wetter.
„Der Regen und vor allem auch die windige Lage der Grabung machen die Arbeit sehr viel anstrengender. Und bei acht Grad und Nieselregen ist es auch nicht mehr so angenehm, die ganze Zeit am Boden zu knien“, meint Helma dazu. Glücklicherweise gibt es eine Kaffeepause, in der es Kaffee und Tee gibt, der von der Gaststätte „Römische Villa Otrang“ kostenfrei bereit gestellt wird. Das Restaurant sorgt auch für die Verpflegung der Gräber – natürlich zu Studentenpreisen.
Keine Probleme mit Schlaf
Der Tag der Archäologen endet um 17:00 Uhr. Dann werden die Grabungsstellen wieder abgedeckt und das Werkzeug wird verstaut. Anschließend gibt es noch eine Besprechung, in der Fragen geklärt und Ausblicke gegeben werden. Nach Hause fahren danach nur die wenigsten, die meisten Studierenden übernachten unter der Woche im Vereinsheim des örtlichen Fußballvereins.
„Mit dem Schlafen hat man nach so einem Tag keine Probleme“, lacht Adrian. Die beiden Studenten sind sehr glücklich darüber, an einer solchen Grabung während ihres Studiums teilnehmen zu können: „Es ist für unseren Beruf unabdingbar, mal für die Geschichte auf den Knien herumzurutschen.“
Bildnachweis: „Römische villa Otrang“ von Erno Hannink, CC BY
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