Sie sollte ein Festjahr werden, die 25. Saison in der ersten Basketball-Bundesliga. Dazu ließ sich die TBB Trier Einiges einfallen, um seine Geschichte entsprechend zu würdigen. Dass dieses Jahr nicht mit einer großen Party endete, dürfte jedem halbwegs sportinteressierten Trierer bekannt sein. Nun stehen die Zeichen auf Neustart in der ProA. Zeit, um einen Rückblick auf die wechselvolle Historie des professionellen Basketballsports in der ältesten Stadt Deutschlands zu werfen.
Trier. Gänsehaut – wenn Zeitzeugen von der Atmosphäre in der legendären „Mäushecker“ erzählen, als die TVG Trier 1990 aus der zweiten Bundesliga aufsteigt, sieht man in strahlende, manchmal sogar leicht feuchte Augen. Man merkt, wie bedeutend dieser Augenblick für die Sportseele der Stadt und ihre Bewohner sein muss. Wenn die Geschichte nicht so schön wäre, die Zuhörer könnten gelb werden vor Neid, selber nicht dabei gewesen zu sein. Doch Missgunst ernten die Erzähler nicht. Der Klassenwechsel sollte nicht das einzige Highlight bleiben.
Aus der 3. Liga zu zwei Pokalsiegen
Der Vater des Erfolgs ist Wolfgang „Wolli“ Esser, der schon beim Aufstieg in Liga Zwei auf der Trainerbank saß. Er ist – natürlich neben Kultfigur Axel „Aggy“ Mock – die Konstante im Trierer Basketball. Zwar in wechselnden Funktionen, ist er bis heute eine der wichtigsten Figuren, auch beim aktuellen Neubeginn.
Ihm gelang es, auch durch glückliche Umstände wie der Verpflichtung von Alexander Belostenny und weiteren Superstars, einen stabilen Erstligisten zu etablieren. Nachdem 1994 der Ur-Trierer Rainer Loch als Interimscoach einsprang, begann die Ära Don Beck. Nach einem mehr als holprigen Start, führte der US-Amerikaner seine Mannschaft in die sportlich erfolgreichste Zeit. Mit Legenden wie Carl „Charly“ Brown, Bernard Thompson oder Eigengewächs James Marsh holte er 1998 und 2001 den nationalen Pokal an die Mosel.
Es sollten zwar die einzigen Titel bleiben, doch seit 1998 war die TVG mehr als nur ein sportlicher Durchschnittsclub. Herausstach natürlich der Comeback-Sieg gegen ALBA Berlin, als Brown durch schier unglaubliche Dreipunktwürfe einen 25 Punkte Rückstand in einen Sieg umwandelte. Zu dem Zeitpunkt war man ein ernstzunehmender Konkurrent der Berliner Dynastie, zu einer Meisterschaft kam es allerdings nicht.
1999 fand der Standort Trier seinen bislang einzigen Namenssponsor und firmierte als HERZOGtel Trier. Obwohl der zweite Pokalsieg in diese Zeit fiel, verbindet man mit dieser Bezeichnung eine dunkle Zeit. Durch die Insolvenz des Namensgebers war auch der Verein zahlungsunfähig – das erste von insgesamt drei Malen. Der Club nannte sich fortan „Trierer Basketball GmbH“, abgekürzt TBB Trier.
In der ersten Saison nach Don Beck und unter dem Ex-Spieler Thompson wurde man Tabellenletzter. Voller Sorge über die Zukunft, trat man doch erstmals in der neuen Arena Trier an. Diese wurde in erster Linie deswegen gebaut, damit es weiter Erstligabasketball zu sehen gibt, war die Halle am Mäushecker Weg für die neuen Mindeststandards doch deutlich zu klein. Esser spricht retrospektiv von einem kalkulierten Abstieg, da klar war, dass die BBL in der kommenden Saison um zwei Mannschaften aufgestockt würde. Dadurch blieb die TBB durch eine Wildcard erstklassig. Thompson wurde 2003 von Joe Whelton beerbt.
Verlorene Identifikation
Aus Gießen brachte er BJ McKie mit, den damaligen Topscorer der Bundesliga. Noch einmal fand man den Weg in die Playoffs – das letzte Mal. In dieser Zeit ging eine Menge Identifikation verloren, da das Bosman-Urteil dazu führte, dass man seinen Kader mit beliebig vielen ausländischen Spielern zusammensetzen darf. Somit herrschte jedes Jahr eine hohe Fluktuation, die so manchen Fan dem Verein entfremdete.
Trotz eines Trainerwechsels zum Belgier Yves Defraigne wurde man 2008 Vorletzter, was den sportlichen Abstieg bedeutete. Wieder wurde der Ligaverbleib von einer Wildcard abhängig. Der Coach aus dem Nachbarland schaffte es zunächst, sich wieder sportlich stabil zu präsentieren. Unter anderem verpflichtete er Chris Copeland und Jamal Shuler, die es später bis in die NBA bzw. in die europäische Spitzenklasse schafften.
Finanziell darbte der Verein weiter dahin, hatte zwischenzeitlich Verbindlichkeiten in Millionenhöhe. Dies mündete in einem Gehaltsverzicht der Spieler um Identifikationsfigur James Gillingham und einer Niederlagenserie von über einem Dutzend Spielen. Damit man überhaupt von Seiten der Liga weiter spielen durfte, musste jeder Spieler den sogenannten „pay cut“ unterschreiben. Brian Brown tat das nicht – der damalige Verantwortliche Lothar Hermeling sah sich gezwungen, seine Unterschrift zu fälschen. Endgültig aufgeklärt wurde die Sache aber erst, als man sich schon in einem Prozess der Wandlung (Wandel zur Aktiengesellschaft, „Mein TBB“) befand.
Auch wenn er nicht die Basis dieser neuen Zeitrechnung war, verkörperte er sie wie kein anderer: Henrik Rödl! Ein Glücksfall für Trier, initiiert durch James Marsh.
Henrik Rödl als personifizierte Wende
Mit der Vorstellung der Berliner Legende am 21. Mai 2010 als neuer Trainer der TBB wollte man zeigen, wie der Profibasketball in Trier in Zukunft aussehen soll: Identifikation, Regionalität, Jugendarbeit, Begeisterung. Unter seiner Ägide entwickelten sich Spieler wie Maik Zirbes (später deutscher Meister mit Bamberg, Nationalspieler, heute Roter Stern Belgrad), Andreas Seiferth (Nationalspieler) oder Nate Linhart (Maccabi Tel Aviv) zu Topspielern, die zuvor nur wenig Perspektive hatten.
Auch wenn die Endrunde weiterhin nicht erreicht wurde und oftmals Abstiegskampf angesagt war, gingen die Zuschauerzahlen wieder nach oben. Vom „ehrlichen“, leidenschaftlichen Basketball angelockt, zog die Arena immer mehr Menschen an. Aufgrund des Imagewandels wurde der Allstar Day 2011 in Trier veranstaltet. Weitere Highlights waren zweifelsohne die Heimsiege gegen den FC Bayern München Basketball, die jedes Mal eine faustdicke Überraschung darstellten. Weitere bedeutende Siege als Underdog könnte man leicht hinzufügen.
Doch der Blick nach oben Richtung Playoffs von manchen Spielern oder von Männern im Vorstand und Aufsichtsrat, wollte sich nicht wirklich einstellen. Man versuchte sich weiter zu professionalisieren, doch was in der Saison 14/15 geschah, hatte mit Professionalität so viel zu tun wie Svetislav Pešić mit Zurückhaltung am Spielfeldrand. Kolportierte 800.000 € Schulden, von denen heute noch nicht so recht klar ist, woher diese kamen, führten einmal mehr zur Insolvenz, alle Mitarbeiter mussten monatelang ohne Gehalt auskommen. Wegen Punktabzügen musste die stolz kämpfende Mannschaft den Abstieg akzeptieren.
Heute befindet man sich in ähnlichen Fahrwassern wie 2010 – ein Neustart soll her, Transparenz geschaffen, neue Verantwortliche gefunden werden. Ob man die Lehren aus der Vergangenheit gezogen hat und weiter ziehen wird, kann nur die Zeit zeigen.
Es war ein unwürdiges Ende der Erstligazugehörigkeit. Doch dass man nicht ewig mit den steigenden Anforderungen als kleiner Standort mithalten kann, wird schon seit langer Zeit befürchtet. Nun eben die zweite Liga. Wie die zukünftige Rolle aussehen wird – ein starkes Comeback wie Göttingen, eine Fahrstuhlmannschaft oder dauerhaft ProA – niemand weiß es so recht. Ronny Höpfner, Interimsgeschäftsführer der noch umzubenennenden Trierer Ballsportbewegung, und Wolli Esser, wollen sich zumindest nicht mit der ewigen Zweitklassigkeit zufrieden geben. Zu wünschen wäre es ihnen und der Trierer Sportstadt. Und die Hoffnung, dass man sich im Leben immer zwei Mal sieht, werden die Rödl-Anhänger wohl niemals aufgeben.
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