Am vergangenen Donnerstag lud die Rockhal in ihren Club. Niemand Geringeres als eine Legende am Bass Marcus Miller kam mit seiner Band, um den Angereisten einen Jazz-Abend zu bieten, der tief bis ins Mark ging. Musik in Reinform, die keine Special Effects oder Support brauchte.
Esch-sur-Alzette. Es ist fast auf den Tag zwei Jahre her, dass Marcus Miller mit seinem Album „Afrodeezia“ an gleicher Stelle auftrat. Ein Mensch mit solch einem Fundus an Musik, braucht kein neues Album als Anlass, um auf Tour zu gehen. Es ist Segen und Fluch zu gleich, dass im Zusammenhang mit ihm ständig Namen seiner Kollaborationen fallen, besonders Stanley Clarke oder Miles Davis. Fluch, weil Miller seine eigene Marke ist, er kein Hochhieven nötig hat. Segen, da er mit den Besten seiner Zunft arbeitete und von diesen Eindrücken erzählen kann. Nicht um Aufmerksamkeit zu erhaschen, sondern weil es Teile seines Lebens sind, die wechselseitig derart geprägt haben müssen, dass sie nicht verschwiegen werden dürfen.

Marcus Miller mit seiner Band. Foto: 5vier.de / Manuel Maus
Bevor der Mann mit dem Porkpie-Hut auf die Bühne kommt, lässt er seiner Band den Vortritt. Der Schlagzeuger filmt den Einzug mit seinem Handy, was er am Ende des Abends wiederholen wird. Trompeter, Saxofonist und Keyboarder folgen ihm, bis die Legende persönlich erscheint. Die Instrumente stehen den ganzen Abend im Vordergrund, verbale Begleitung über das Mikrofon ist eher die Ausnahme denn die Regel. Der in New York Geborene spricht aber hin und wieder zwischen den Stücken in flüssigem Französisch mit den Zuhörern. Er erzählt etwa von seinen Wurzeln, wie seine Vorfahren schon musikalisch aktiv waren und wie sie zu seiner Musik standen.
Marcus Miller mehr als ein Bassist

Wie eine Erleuchtung: Marcus Miller. Foto: 5vier.de / Manuel Maus
Diese Erzählungen sind nur das i-Tüpfelchen, denn die Musik selbst hat so viel zu erzählen. Miller interpretiert Klassiker wie „Papa Was A Rolling Stone“ auf seine Art. Spielt ruhige Songs wie „Preacher’s Kid“ an der Bassklarinette, aber auch tanzbare, die teilweise ins HipHop-Genre reichen. Nicht umsonst findet sich mit Chuck D. eines der prägendsten Rapper-Gesichter der Historie auf dem Album. Am meisten gefällt, wenn der Übergang vom einen ins andere im Song selbst stattfindet. Generell beeindruckt, wie stilsicher Rock, Soul, HipHop und Funk im Jazz-Gewand eingebunden wird. Da überrascht auch nicht das Metallica-Shirt des Trompeters.
Die Gruppe hält sich recht strikt an die Albumaufnahmen, jedoch gibt es Spielraum bei den Soli der einzelnen Akteure. Diese sind mal smooth, mal wild, aber nie unkontrolliert. Dafür gibt es eine Menge Raum, die Kollegen treten physisch wie musikalisch zur Seite, wenn jemand seinen Auftritt hat. Die Freude ist den Interpreten nicht nur anzusehen, sie lässt sich durch die Luft einatmen. Hin und wieder gibt es noch einen Plausch untereinander, trotz der Intensivität entstehen keine Verkrampfungen.
Miller ist ein sicherer Dirigent, leitet das Ensemble mit natürlicher Autorität. Auch das Publikum leitet er mit Klatschrhythmen oder zum Chorgesang („Hylife“) an – eine weitere Facette, die den Abend so umfassend wirken lassen. Ganz speziell wird es, als zunächst die Trompete mit dem Saxofon „ins Gespräch“ geht. Man kann quasi erfühlen, was die beiden Virtuosen sich über ihre Medien zu sagen haben. Als dann noch der E-Bass zum Zwiegespräch kommt und später alle gleichzeitig performen, entstehen Gänsehautmomente.

Marcus Miller beweist seine Virtuosität am E-Bass. Foto: 5vier.de / Manuel Maus
Die Grammypreisträger und -nominierten zeigen, dass Instrumente mehr als nur Klangkörper sind. Kommunikationsmittel trifft es eher.
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