Margreth Eiden Götten lebt in Rascheid, einem kleinen Ort im Hunsrück. Dort, direkt neben ihrem Wohnhaus hat sie sich ein kleines Atelier eingerichtet, in dem sich festliche Kleider und Schmuck zwischen wunderschön restaurierten Schränken befinden. Die mittlerweile 50-jährige Diplomdesignerin hat sich nach dem Studium in Trier mit ihrem Label memode einen Traum erfüllt und entwirft Abend- und Brautmode für Damen. 5vier.de hat sich mit der Designerin unterhalten.
5vier.de: Wie kamen Sie auf die Idee, gerade diese Art von Kleidern zu entwerfen? Denn es ist ja etwas „gewagt“, Haute Couture in Rascheid anzubieten…
Ja – das stimmt, es ist etwas abenteuerlich. Jedoch habe ich eine große Leidenschaft für diese Materie und besonders für Brautkleider. Schon meine Diplomarbeit war ein sehr dramatisches Brautkleid mit einer Lederkorsage und einem ganz dicken Tüllrock, der von innen beleuchtet war. Zudem mag ich unwahrscheinlich gerne die Farbe Weiß in allen ihren Nuancen. Außerdem ist es wohl der schönste Job in der Modebranche, Haute Couture, Braut- und Abendkleider, Roben für Bühne und den roten Teppich anzufertigen: Man hat immer mit Frauen zu tun, die sich total auf etwas freuen. Diese Freude ist ansteckend und ermöglicht eine tolle Zusammenarbeit.
5vier.de: Machen Sie auch Mode für Männer?
Bisher noch nicht, jedoch würde ich gerne mein Sortiment in Richtung Herren-Hochzeitsanzüge erweitern. Für nächstes Jahr habe ich schon eine Anfrage von einem schwulen Brautpaar, da freue ich mich sehr drauf! Doch handwerklich sind Damen- und Herrenschneider zwei ganz verschiedene Ausbildungsberufe, deswegen habe ich sehr lange nach einer Herrenschneiderin gesucht und schließlich auch gefunden, mit der ich sehr gerne zusammenarbeiten würde. So kann ich bald beides anbieten und Paare können sich besser aufeinander abstimmen. Beispielsweise habe ich einer Braut vor einiger Zeit eine Jeanskorsage mit engem kurzen Jeansrock gemacht. Darüber trug sie einen sehr langen Schleppenrock aus drei Lagen transparenten weiß-silbrigen Organza – was zieht nun der Mann dazu an? Ein klassischer Anzug passt eher nicht. Es wäre sehr schön, wenn ich bald zu den Kleidern passende Gegenstücke machen könnte.
Designerin Margreth Eiden-Götten zeigt eines ihrer Kleider
5vier.de: Gab es schon mal total verrückte Ideen von Kundinnen?
Die meisten Kundinnen haben zuerst überhaupt keine Idee, wie ihr Kleid aussehen soll. Viele haben zwar in Zeitschriften etwas gefunden, aber meist nur als Wegweiser oder Hilfestellung. Für mich ist es aber auch immer total spannend, wenn jemand kommt und noch gar keine Ahnung davon hat, wo die Reise hingeht. Wir probieren dann gemeinsam verschiedene Stoffe und Schnitte aus, testen was der Kundin steht und gefällt und „basteln uns ein Kleid“. Wenn es zur ersten Anprobe kommt, gestalten wir zusammen das Kleid und finden an der Kundin selbst ihre Idealline. Das geht nicht auf dem Schneidertisch. Das Kleid wächst vor dem Spiegel – ein totales Highlight in der Hochzeitsvorbereitung!
5vier.de: Wie kam es denn zu Ihrer Selbstständigkeit?
Nach dem Studium bekam ich überraschenderweise zuerst mal ein Kind. Ich hatte währenddessen jedoch Anfragen von Freuden und Verwandten, ob ich ihnen ein Hochzeitskleid machen könne. Da die Nachfrage da war, meldete ich ein Gewerbe an, an Equipment musste ich mir nur noch ein paar Maschinen kaufen, somit war das Risiko relativ klein. Also legte ich einfach mal los. Im Laufe der Zeit habe ich vier Kinder bekommen und habe immer auf kleiner Flamme geköchelt. Nun sind meine Kinder aus dem Gröbsten raus und ich stecke in den Startlöchern. Ich habe vor, nochmal richtig Gas zu geben!
5vier.de: Von welcher berühmten Person würden Sie sich wünschen, dass diese mal ein Kleid von Ihnen trägt?
Ich habe bereits ein Kleid für die deutsche Schauspielerin Lisa Martineck gemacht – das war eine sehr schöne Erfahrung, obwohl es ein sehr großer Aufwand war zu den Anproben ständig nach München zu fahren. Für rote Teppiche könnte ich mir noch eine ganze Menge vorstellen! Besonders Audrey Tautou könnte ich mir sehr gut in einem Givenchy-Kleid vorstellen – obwohl ich auch gerne mal etwas für Madonna oder Lady Gaga machen würde.
5vier.de: Welche Art von Kleidern machen Sie am liebsten?
Ich freue mich immer sehr, wenn jemand von mir ein rockiges Kleid haben will, denn ich bin ein totaler Metal-Fan! Diese Musik erdet mich, besonders weil ich es immer mit so kleinen filigranen Dingen zu tun habe. Was aber nicht heißt, dass ich mich stilistisch nicht auch in romatischen Kleidern wohlfühle.
5vier.de: Hatten Sie nie vor aus Rascheid weg in eine Modemetropole oder wenigstens nach Trier zu ziehen?
Ich habe jahrelang mit mir gehadert, weil ich hier in der Walachei sitze und versuche Haute Couture zu verkaufen. Vor allem das Klientel für diese Art Mode ist nicht gerade hier vor der Haustür, außer bei Brautkleidern natürlich. Daher habe ich oft überlegt, in eine große Stadt oder nach Luxemburg zu ziehen, doch dort sind natürlich auch die Mietpreise für einen Laden eine ganz andere Welt als hier. Die Würfel sind im Sommer gefallen und ich habe beschlossen: Ich liebe es hier zu wohnen! Mein Einzugsgebiet ist riesig und Laufkundschaft fällt bei meinem Angebot sowieso weg. Die Kunden, die ein Haute Couture-Kleid von mir wollen, nehmen zum Teil weite Anreisen in Kauf. Hier in Rascheid können sie direkt vor meiner Tür parken – das ist praktisch. Vor allem mit den riesigen Kleidersäcken, die sie oft zu schleppen haben. Meine Arbeit und mein Privatleben sind hier zudem örtlich nicht voneinander getrennt, dies war besonders in meiner familiären Situation von großem Vorteil.
5vier.de: Wie werden die Kunden auf Sie aufmerksam?
Es ist schon schwierig, es publik zu machen, dass es memode hier in Rascheid gibt. Deshalb werbe ich ganz bewusst mit „Haute Couture auf dem Land“. Das hat etwas von einem „Geheimtipp“. Hierher zu kommen soll ein Erlebnis sein und nicht nur ein simpler Kleiderkauf. In einem Brautladen sind die Kleider von irgendwem für niemand irgendwo genäht worden. Und hier entsteht das Kleid eben nur für mich – das ist etwas ganz anderes. Dazu passt auch mein Logo. Das sind zwar zum einen meine Initialien, zum anderen stehen sie jedoch auch für das englische Wort „me“.
5vier.de: Sie machen auch recht viele Kleider für Weinköniginnen hier in der Region. Wie ist das entstanden?
Ich hatte in den späten 80ern eine Anfrage von einer Weinkönigin, die dieses Amt nur ausüben wollte, wenn sie kein Dirndl anziehen musste. Das war damals noch undenkbar! Zusammen mit der ehemaligen deutschen Weinkönigin Lydia Bollig-Strohm habe ich dann überlegt, wie man das Weinmarketing über das Äußerliche der Weinkönigin vorantreiben könnte. Das angestaubte Image des Moselweins sollte aufgefrischt werden: Ein moderner, eleganter Moselriesling kann doch nur von einer ebenfalls modernen und eleganten Weinkönigin beworben werden! Wir beide beschlossen, dem Dirndl den Krieg zu erklären (lacht). Das dauerte auch nicht lange und wir hatten gewonnen. Das hatte einige erzürnte Bürgermeister zur Folge, die glaubten, dass die Touristen unbedingt ein Dirndl an einer Weinkönigin erwarten würden. Auch heute ist es noch so: die Moselweinkönigin darf nur mit nach Japan fahren, wenn sie ein Dirndl anhat – da können wir leider nichts dran machen.
5vier.de: Zur Zeit sind Dirndl doch wieder voll im Trend oder?
Ja, das stimmt – vor allem jetzt in der Wiesn-Zeit. Die Oktoberfeste sprießen ja wie Pilze aus dem Boden. Nur sind Dirndl als Mosel-Tracht historisch nicht belegt, daher ist es auch Unsinn, dies als Kleidungsvorschrift für eine Weinkönigin zu sehen. Trotzdem sind Dirndl wunderschöne Kleider. Ich habe mir jetzt auch zum ersten Mal eins genäht, in rosa und schwarzer Seide. Einfach nur, weil ich Spaß dran hatte! Und irgendwann mache ich mir auch mal ein schwarzes – mit Nieten dran.
5vier.de bedankt sich für das Gespräch.
Bildnachweis: Bild 1 Sabrina Schmitz, Bildergalerie von Margret Eiden-Götten
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