Noch 73 Tage sind es bis zum Start der Heilig-Rock-Wallfahrt (13. April bis 13. Mai) und die heiße Vorbereitungsphase ist in vollem Gange. Gestern begann unter dem Wallfahrts-Leitwort „und führe zusammen, was getrennt ist“ das internationale Ökumenische Forum in Trier, an dem rund 200 Teilnehmer über die Herausforderungen diskutieren, vor denen die christlichen Kirchen heute gemeinsam mit den anderen Religionen stehen. Außerdem informierte das Bistum Anwohner und Gewerbetreibende rund um den Dom über die Verkehrsmaßnahmen während der Wallfahrt.
Ökumenisches Forum gestartet
Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Trierer Dom begann gestern das internationale Ökumenische Forum, das bis zum 3. Februar in Trier stattfindet. Bischof Stephan Ackermann warb dafür, dass die christlichen Kirchen einander noch besser verstehen und den Reichtum in den jeweils anderen Kirchen erkennen sollten. In der Ökumene sei es wichtig, an den Gemeinsamkeiten anzuknüpfen. Nur so würden die christlichen Kirchen im Dialog der Religionen und in die Gesellschaft hinein auch Gehör erhalten.
Das Forum ist hochkarätig besetzt. Unter dem Leitwort der Wallfahrt „und führe zusammen, was getrennt ist“ kommen neben Bischof Ackermann unter anderem zusammen: der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Nikolaus Schneider, der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurt Kardinal Koch (Rom), der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Dr. Olav Fykse Tveit (Genf), Metropolit Augoustinos (Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland), Bischöfin Rosemarie Wenner (Evangelisch-methodistische Kirche), der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Alois Glück und Prof. Dr. Gerhard Robbers, Präsident des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentags.
In seiner Begrüßung erinnerte der Trierer Weihbischof Robert Brahm „mit Dankbarkeit“ an das seit der Wallfahrt von 1996 „gewachsene ökumenische Miteinander der christlichen Kirchen in Trier, im Saarland, in der Pfalz, im Rheinland und in Luxemburg.“ In diesem ökumenischen Geist wolle man sich den gemeinsamen Herausforderungen stellen. Er sei froh, die rund 200 Teilnehmer des Forums „als christliche Kirchenfamilie begrüßen zu dürfen“.
Der Leiter des Ökumenischen Forums, Dr. Bernhard Fresacher, nannte die „überwältigende Resonanz“ auf das Forum ein gutes Zeichen für die Wallfahrt und für die Ökumene. Das Forum nehme den Heiligen Rock, die im Trierer Dom bewahrte unzerteilte Tunika Christi, zum Anlass, die Herausforderungen zu thematisieren, vor denen Glaube und Religionen heuten stünden. „Die Gesellschaft ist auf den Beitrag der Kirchen und Religionen für ein friedliches Zusammenleben angewiesen“, sagte Fresacher. Die Tunika Christi sei ein Bild für die Einheit und Vielfalt, ein Bild für Christus und die Kirche. Das Forum werde das vielfältig verwobene Gewand im Blick auf die Gesellschaft heute interpretieren. Das zeigten auch die vier Thematiken, mit denen sich die Teilnehmer bis zum 3. Februar befassen: „Kreuz und quer verwoben! – Christsein in der Gesellschaft heute und der Dialog der Religionen“, „Nahtlos zerrissen? – Ökumenische Herausforderungen und Perspektiven“, „Gut angezogen? – Nachfolge in Tradition und Wandel“ und „Eine Nummer zu groß? – Aus der Hoffnung leben, mit Vorläufigkeiten umgehen lernen“.
Verkehrsmaßnahmen während der Wallfahrt vorgestellt
Bereits in der vergangenen Woche haben Bistum und Stadt Trier die Anwohner rund um den Dom über die zu erwartenden Verkehrsmaßnahmen informiert. Es ist mit umfassenden Einschnitten zu rechnen. Eine der wichtigsten verkehrsleitenden Maßnahmen betreffe die Weberbach, sagte Curt Rüdiger Stodulka, Leiter des Straßenverkehrsamtes Trier. Sie werde während der Heilig-Rock-Wallfahrt zur Einbahnstraße, die öffentlichen Bushaltestellen Mustorstraße und Weberbach würden in dieser Zeit in die Weimarer Alle und die Ostallee verlegt. Darüber hinaus sei es wegen der erwarteten Pilgerströme notwendig, die Straßen An der Meerkatz, Liebfrauenstraße, Domfreihof und Sternstraße während der Zeit von 7.30 bis 22 Uhr für den Verkehr zu sperren. Öffentliche Anwohnerparkplätze in der Mustorstraße, der Banthusstraße sowie teilweise der Dominikanerstraße fielen größtenteils weg, dafür seien jedoch Ersatzparkplätze auf dem Parkplatz Roter Turm geplant. Gleiches gelte für die Anwohnerparkplätze in der Weberbach, hier gebe es Ausweichmöglichkeiten in der Seitzstraße. Auch für private Parkplätze biete das Bistum Alternativen an, erklärte Wolfgang Meyer, Geschäftsführer der Wallfahrt, und zwar in den Parkhäusern Konstantin und Basilika. Ein Park&Ride Service verkehre im Minutentakt zwischen Viehmarktplatz und Moselauen. „Diesen Service können selbstverständlich auch die Trierer einen Monat lang kostenlos nutzen“, sagte Meyer.
Gerade Gastronomen und Gewerbetreibende äußerten Bedenken wegen der geplanten Einschränkung des Lieferverkehrs in Teilen der Fußgängerzone von bisher 19 bis 11 Uhr auf 19 bis 9 Uhr. Meyer versprach, auch hier nach kreativen Lösungen zu suchen. Er hoffe sehr auf das Verständnis und die Mithilfe der Anwohner, da die Wallfahrt ein positives Gesamtprogramm für Pilger und Trierer Bevölkerung bieten wolle. Die Wallfahrtsorganisation habe sich auf 500.000 Besucher an den 31 Tagen der Wallfahrt eingestellt, sei aber auch für höhere Pilgerzahlen gerüstet. „Ein vielfältiges Kulturprogramm erwartet die Pilger, von dem selbstverständlich auch die Trierer profitieren“, sagte Meyer weiter. So gebe es beispielsweise im Palastgarten eine große Bühne für Konzerte und andere Open Air Veranstaltungen oder eine Kleinkunstbühne auf dem Hauptmarkt.
Weitere Informationen gibt es auf der Wallfahrtswebsite www.heilig-rock-wallfahrt.de
Paul Haverkamp meint
Wenn Ackermann glaubt, mit ritualisierten und mittlerweile standardisierten Floskeln („Respekt, Vertrauen, Geduld“) einen positiven Beitrag zu Fortschritten im ökumenischen Gespräch beizutragen, so unterliegt er einer manifesten Täuschung, die nur in schonungsloser Offenheit dokumentiert, wie weit sich die Kirchenhierarchie von der Realität und der Basis entfernt hat. Diese Basis ist längst nicht mehr bereit, sich mit Sedativa dieser Art ruhig stellen zu lassen; der Bischof (und mit ihm die weitere Entourage des Papstes) sollten endlich zur Kenntnis nehmen, dass die Basis längst ihre eigenen Wege geht – ohne dem „Pfaffengezänk“ der Kirchenoberen noch länger Aufmerksamkeit und Bedeutsamkeit zu schenken.
• Längst nimmt eine Unzahl kath. Basiskatholiken am Abendmahl teil – und umgekehrt. „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“
• Längst hat die Basis erkannt, dass das Gezänk der „Oberen“ nur noch etwas mit Machtfragen zu tun hat – ohne jegliche jesuanische bzw. biblische Legitimation.
• Längst hat die Basis verstanden, dass ein Warten auf die Amtskirche einem „Warten auf Godot“ gleichkommt.
• Längst hat die Basis verstanden, dass wir alle das „Volk Gottes“ verkörpern und ein elitäres Bewusstsein der Mandatsträger mit dem jesuanischen Vorbild unvereinbar ist.
• Längst hat die Basis für sich verinnerlicht, dass es keine eindimensionalen Wege zu Gott gibt und dass jeder Monopolanspruch hinsichtlich des Besitzes an „göttlicher Wahrheit“ einer Häresie gleichkommt.
Diese Liste könnte noch beliebig fortgesetzt werden.
Fazit: Die Vertreter der Amtskirche haben noch einen langen Lernprozess vor sich; das Festhalten an theologischen Spitzfindigkeiten hilft keinem in Not geratenen Menschen : das wäre doch der genuine Auftrag der Kirche – nämlich nach jesuanischem Vorbild die Nähe zu den Menschen zu suchen – vor allem zu denjenigen, die im Konzilspapier „Gaudium et spes“ wie folgt angesprochen werden:
„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände. Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist. Darum erfährt diese Gemeinschaft sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden.“ (GS 1)
Diesem hier formulierten Vorgaben gilt es, gerecht zu werden. Doch das haben die Vertreter der Amtskirche immer noch nicht verstanden, weil ihnen die Perpetuierung von Macht- und Herrschaftsstrukturen wichtiger ist als die Aufgabe des Dienens und Tröstens und der Spendung von Liebe und Hoffnung.
Vor dem Versagen dieser Aufgaben werden sich die Amtskirchenvertreter in immer stärkerem Maße fragen müssen, ob sie sich wegen ihres eigenen Versagens nicht selbst die Schuld an der Schließung von Kirchen und der „Verdunstung des Glaubens“ zuzuschreiben haben. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Menschendienst ist Gottesdienst – und Gottesdienst ist Menschendienst.
Ein Schweizer Theologe fasst diese Aussage wie folgt zusammen:
„Sie (die Kirche) kann sich in dieser Endzeit nie und nimmer als eine religiös-politische Theokratie aufführen. Ihre Bestimmung ist die geistliche Diakonie.“
Der Münsteraner Fundamentaltheologe Jürgen Werbick gibt zu Protokoll:
„Die „Diakonie ist Prüfstein für den Mut der Kirche, von sich selbst abzusehen, sich als eine Kommunikationsgemeinschaft zu verstehen, der es in ihren kommunikativen Grundvollzügen nicht um sich selbst, sondern um jene größere Wirklichkeit geht, die sie darstellen und auf die hin sie die Menschen ermutigen darf: Gottes heilende Herrschaft. …
Für die Glaubwürdigkeit der Kirche, dafür also, dass sie mit ihren kommunikativen Initiativen intentionsgemäß verstanden werden kann, hängt Entscheidendes davon ab, ob die Kirche und die Gemeinden insgesamt den Mut zu ekklesialer Selbstlosigkeit aufbringen; ob insbesondere die kirchlichen Amtsträger und Amtsträgerinnen ihre kircheninteressenfixierte Binnenperspektive soweit öffnen können, dass sie als Anwalt derer wahrgenommen werden, für die Gottes Herrschaft – auch wenn sie sie dem Namen nach nicht kennen – noch eine Verheißung ist, als Anwalt derer, die in den Seligpreisungen als bevorzugte Empfänger göttlichen Heils genannt werden….Diakonie liebt in der Diakonie Christi, die schon für das Neue Testament der Inbegriff und die Unwirklichkeit des Christus-Sakramentes war…
Das macht ihre kirchliche Identität aus…Kirchliche Identität entäußert und realisiert sich in Diakonie. Diakonie aber hat ihr Eigenstes in dem, woraus, woraufhin und wofür Kirche lebt und was sie prophetisch zur Sprache bringt, damit den Menschen geholfen ist – was deshalb die kirchliche Identität ausmacht….Das Zeugnis für Gottes zutiefst und unabsehbar hilfreiches, das Menschenleben erfüllende Gottsein und die liturgische Feier, die dafür dankt, dass Gott das Menschsein so befreiend erfüllt – im Gottmenschen Jesus Christus, aber auch in den Menschen, die ihm nachfolgen -, ist ihr ‚Kerngeschäft’, ist ihr Ein und Alles. Es macht die die Identität von Kirche unverwechselbar aus – und die Identität jeder einzelnen Gemeinde und den Dienst der priesterlichen Amtsträger an den Gemeinden. Daneben gibt es nichts, was ein selbständige und nicht diesem identitätsverbürgenden ‚Kerngeschäft’ her abgeleitete Bedeutung hätte.“
Paul Haverkamp, Lingen