„Wer es als Spieler zu nichts bringt wird Trainer. Wer es als Trainer nicht schafft wird Schiedsrichter.“ Diesen süffisanten Satz hat man schon in vielen Sportarten gehört. Zum Glück weiß so ziemlich jeder, was das für ein Unsinn ist.
Der Basketballstandort Trier hat da ein Musterbeispiel in ihren Reihen: Henning Frölich pfeift schon seit Jahren in der höchsten Liga Deutschlands. Mit 5vier.de sprach der Gusterather über das Niveau des Schiedsrichterwesens, seine Motivation sich möglichen Beschimpfungen auszusetzen und über ewig strittige Regelauslegungen.
Trier. Eigentlich sollte das Interview auf dem Petrisberg stattfinden, doch ein Autounfall tags zuvor erforderte etwas Flexibilität an diesem Tag. In einem Café in der Nähe des Hauptbahnhofs treffen wir schließlich einen durch und durch entspannten Henning Frölich. Fast schon symbolisch, denn als einer der Elite-Schiedsrichter ist man es wohl gewohnt, unter erschwerten Bedingungen locker zu bleiben.
Der Spieler Henning Frölich
Frölich, 36-jähriger Familienvater aus Gusterath und hauptberuflich in Luxemburg in einer Verwaltungsgesellschaft im Finanzsektor tätig, wurde früh vom Basketball-Fieber angesteckt. Nachdem ihm das Werfen auf den Basketballkorb eines Freundes nur bei gutem Wetter nicht mehr ausreichte, schloss er sich der damals noch existenten Basketballabteilung des Post-Sportvereins Trier an. Dort schaffte er es als Jugendlicher bis in die Oberliga. Mit 15 Jahren erwarb er die Schiedsrichterlizenz – eher aus Verantwortungsbewusstsein denn als Freude. Der Trainer erwartete das von seinen Spielern, auch wenn der Spaß daran überschaubar blieb. „Einer muss es halt machen. Aber bisschen Taschengeld bringt es. Und das war es dann auch.“
Der Schiedsrichter Henning Frölich
Es folgte der Wechsel zur 2. Mannschaft des Turnverein Germania Trier, deren 1. Mannschaft damals noch in der Bundesliga spielte. Das Pfeifen wurde etwas weniger und als Spieler lief es nicht mehr so richtig, die Mannschaft bröckelte langsam und es folgte der Abstieg. Dieser Abstieg läutete dann eine Kehrtwende ein, Frölich wurde gefragt, ob er nicht doch etwas intensiver ins Schiedswesen einsteigen möchte. „Das habe ich dann abgenickt.“ Der Aufstieg in höhere Kader funktionierte recht schnell, Regionalliga, 2. Bundesliga. Folglich sank sein Anteil als Spieler immer weiter, bis die Entscheidung kam, nur noch eingleisig im Sport aktiv zu bleiben. Der erste Einsatz in der BBL erfolgte schließlich in der Saison 2009/10.
Wenn sich Zuschauer unterhalten, egal ob in Foren oder echten Leben, vergeht kaum eine Partie, geschweige denn ein Spieltag, ohne Diskussionen über die Qualität der Schiedsrichter. Mal sind es die kleinlichen Pfiffe, mal die Großzügigkeit, mal die fehlende Linie oder schlichte Fehlentscheidungen. Aber auch der Respekt vor guten Leistungen wird häufig fast schon demonstrativ hervorgehoben.
Die Entwicklung der Schiris
Wie sieht das der Betroffene, der die Entwicklung der letzten zehn Jahre auf höchstem Niveau mitbekommen hat? „Das Niveau ist auf jeden Fall gestiegen. Es wird immer geguckt, wo man was verbessern kann. Nicht nur regeltechnisch, auch spieltaktisch (z. B. Laufwege oder Positionsverhalten) und sportpsychologisch wird sich da immer weiterentwickelt. Die Professionalität schreitet weiter voran.“
„Das Niveau ist auf jeden Fall gestiegen.“
Henning Frölich
Professionalität ist ein gutes Stichwort. Seit Jahren ist Robert Lottermoser der einzige Schiedsrichter, der der Tätigkeit hauptberuflich nachgeht. Das ist in anderen Ländern anders. Ob es mehr Profi-Schiedsrichter bräuchte, fragen wir Henning Frölich: „Das ist eine dauernde Diskussion, die auch von den Vereinen angestoßen wird. Es könnte eine Steigerung bedeuten, es gibt realistische Diskussionen darüber, ob man das weiter vorantreiben sollte.“ Für ihn selber sei es keine Option mehr, so einen Schritt zu gehen. Schließlich wird die Zeit für Familie und Freizeit dadurch nicht gerade mehr.
Die Rolle des Schiedsrichters schwankt von Sportart zu Sportart. Während beispielsweise im Rugby dem Unparteiischen äußerst selten widersprochen wird, weiß jeder, wie es oft im Fußball abgeht. Anfeindungen in allen Klassen, teilweise sogar körperliche Angriffe in unteren Ebenen. Zwischen diesen beiden Extremen tendiert der Basketball-Schiedsrichter wohl eher in Richtung des runden Leders. Woher kommt also überhaupt die Motivation, sich bisweilen Tausenden zum „Feind“ zu machen, fragen wir den Gusterather.
Warum tut man sich das an?
„Das Geld ist es, anders als in der Jugend, nicht mehr. Als Spieler bin ich zufrieden, wie weit ich es geschafft habe. Als Schiedsrichter ging es noch weiter. Das ist auch ein Stück weit Stolz. Es ist ein tolles Gefühl mittendrin zu sein, wenn tausende Zuschauer hitzige Stimmung verbreiten. Klar ist auch Druck da, aber die Atmosphäre ist für uns immer noch überwältigend. Da lebt man für.“ Als Selbstdarsteller habe man aber keinen Vorteil aktiv zu sein. Die besten Spiele seien die, in der man nicht im Fokus steht, die könne man am meisten genießen.
Das ist aber nicht immer der Fall. Damit muss man erstmal umgehen lernen. „Wir machen immer Fehler. Aber wenn man die minimiert und ein gutes Gefühl gehabt hat, perlen Pfiffe der Anhänger schnell an einem ab. Mit der Erfahrung lernt man auch, dass die Zuschauer nicht immer ein Indikator für die Leistungen von einem selbst sind. Wenn man weiß, dass man sich auch mal einen groben Schnitzer geleistet hat, beschäftigt man sich eher mit sich selbst als mit dem Feedback von außen.“
Von Vorteil sei es, einen hohen Basketball-IQ und selbst auf hohem Niveau gespielt zu haben. So kann zum Beispiel die ewig umstrittene Auslegung des taktischen Fouls als unsportliches Foul besser eingeschätzt werden, um dann in Sekundenbruchteilen eine möglichst transparente und nachvollziehbare Entscheidung treffen zu können. Auch wenn sie für Zuschauer und oft auch für Spieler und Trainer nicht immer ist.
Streitpunkt Regelauslegungen
Es gibt einige weitere Regeln und deren Auslegungen, die ein Dauerthema in der Basketball-Community sind. Drei-Sekunden-Regel, Schrittfehler usw. – über vieles lässt sich streiten. Frölich ist ehrlich: „Wir werden immer wieder darauf aufmerksam gemacht: Das Spiel muss attraktiv für den Zuschauer sein. Wenn ich die Regeln zu 100 % durchsetzen würde, wäre das nicht immer möglich. Daher gibt es da nicht immer nur schwarz oder weiß.“
Außerdem gibt es Regeln, die sich mit der Zeit ändern. Die Verkürzung der Wurfuhr nach Offensiv-Rebound beispielsweise soll mehr Abschlüsse nach sich ziehen und somit die Attraktivität steigern. Die Erfahrung gibt dieser Änderung recht. Frölich könne sich auch eine Rückkehr zur „1+1-Regel“ vorstellen. Hier müsste sich der Freiwerfer nach dem 5. Teamfoul den zweiten Freiwurf erst erarbeiten, indem er den ersten trifft. Ansonsten würde schon nach dem ersten Freiwurf der Kampf um den Rebound losgehen. Mal sehen, ob es irgendwann zu einem Comeback kommen wird.
Und auch, wie lange Henning Frölich noch weiter als BBL-Schiedsrichter am Ball bleiben wird. Ein paar Jahre sind noch drin, aber die Balance Familie-Beruf-Basketball ist nicht leicht aufrecht zu erhalten. „Freie Wochenenden bedeuten häufig nicht länger als einen halben Tag bei der Familie.“ Hin und wieder gibt es auch regelrechte „Roadtrips“, wo der 36-Jährige in wechselnden Städten pfeift und dadurch mehrere Tage nicht zu Hause ist. Die zwei Kinder und die Frau hätten wohl gerne mehr von ihm. Allerdings wachsen so gute Schiedsrichter nicht auf Bäumen. Daher hoffen wir für die Basketball-Landschaft, dass Frölich die Balance noch ein wenig halten kann./mm
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Motivation ist wichtiger als Erfahrung!
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