Von Florian Schlecht
Vom Bundesliga-Anwärter in die Kreisliga und zurück auf die gehobene Fußball-Bühne: Hessen Kassel gehört in der Regionalliga Südwest zu den Titelanwärtern. Trainer Uwe Wolf nimmt aber die Rolle des Mahners ein.
Was es bedeutet, einen Traditionsverein mit hoher Erwartungshaltung zu trainieren, davon erzählt Uwe Wolf voller Stolz. Als Verteidiger hat er früher für den 1. FC Nürnberg, 1860 München, den mexikanischen Spitzenklub Deportivo Necaxa und für Austria Salzburg in Österreich gespielt. Bei 1860 München hat er von 2007 bis 2010 als Trainer gearbeitet. Nun arbeitet der 45-Jährige daran, die Träume im Umfeld von Hessen Kassel Wirklichkeit werden zu lassen, wo vor dem Heimspiel gegen Eintracht Trier (Samstag, 14 Uhr) wieder Aufbruchsstimmung herrscht.
Die Nordhessen haben sich bereits früh in der Spitzengruppe der Regionalliga Südwest eingenistet, die Mannschaft mit 14 Neuzugängen hat die Erwartungen des Trainers bisher erfüllt, gegen Ulm strömten zuletzt 5000 Zuschauer ins Auestadion. „Hessen Kassel hat eine große Vergangenheit. Es ist das Ziel, die Tür zum Profifußball wieder aufzustoßen“, sagt der Trainer, der dabei die Aufgabe hat, die Wünsche und Gegebenheiten in Einklang miteinander zu bringen. „Geschenkt wird einem nichts. In den letzten Jahren hat nicht jedes Rädchen ins andere gepasst. Von daher steht man zu Recht da, wo man jetzt steht“, mahnt er.
Vom Bundesliga-Anwärter in die Kreisliga
Wolf setzt sich den Auftrag, in Kassel für neue Kontinuität zu sorgen nach turbulenten Jahren. Von 1980 bis 1986 stand der Verein an der Schwelle zur Fußball-Bundesliga, zu Gegnern wie Bayern München, dem Hamburger SV und Eintracht Frankfurt. Gelungen ist der ganz große Schritt nie. Als Kassel dann 1998 in den Konkurs ging und bis in die Kreisliga A abstürzte, drohte das unrühmliche Ende einer langen Geschichte. Doch mit gewaltiger Fanunterstützung kämpften sich die Hessen wieder bis in die Regionalliga zurück. Dort ist bislang Endstation – was gelegentlich für Unmut sorgt.
Als Kassel in der Saison 2010/11 einen enormen Vorsprung auf Darmstadt 98 verspielte und zusehen musste, wie der Rivale in die 3. Liga einzog, sorgte das für Chaos. Drei Trainer wechselten sich in den letzten beiden Jahren mit der sportlichen Verantwortung ab, auch im Vorstand und Aufsichtsrat wurden die Handlungsträger ausgetauscht. Wolf kam im Januar 2012 als neuer Coach, als die Lage explosiv war. Er beobachtete seine Fußballer einige Monate und kam zum Ergebnis: „Wir brauchen frisches Blut.“ Als Baumeister eines neuen Kaders verpflichtete er viele Spieler, von denen er einige noch aus seiner Zeit als Jugendtrainer bei der TSG Hoffenheim kannte. „Ich habe meine Vorstellungen verwirklicht und besonders auf den Charakter der Spieler geachtet.“
„Trier hat Qualität“
Mit dem bisherigen Saisonverlauf ist Wolf einverstanden, auch wenn zuletzt in Pfullendorf (2:2), gegen Ulm (0:0) und bei Hoffenheim II (1:3) die Siege ausblieben. Mit den 19 Punkten und dem Rang im Dunstkreis der Relegationsplätze kann er dennoch gut leben. „Wenn uns das vor Saisonbeginn einer versprochen hätte, wir hätten es alle unterschrieben. Zumal die Liga sehr ausgeglichen ist.“
So hat der Trainer auch viele Kandidaten, die für die Aufstiegsspiele im kommenden Sommer in Frage kommen. „Hoffenheim, Elversberg, Worms, Großaspach, Koblenz“, nennt er als Favoriten, „Ulm hat das Zeug zur Überraschungsmannschaft“. Auch Eintracht Trier erwähnt er, wenn es um den Kreis der Titelaspiranten geht, obwohl die Moselstädter mit drei Niederlagen in Folge im Tief stecken. „Wenn ich durchgehe, welche Vita die Spieler dort haben, ist da natürlich Qualität vorhanden“, interessiert ihn die Krise des Kontrahenten nicht. Zumal er bei aller Erwartungshaltung auch gerne die Rolle des Warners einnimmt. „Im Vorbeigehen wird man in der Regionalliga Südwest keine Mannschaft besiegen.“
+++++Regionalliga in Kürze+++++
Hessen Kassel in der Spitzengruppe – Hessen Kassel steht nach zehn Spielen auf dem vierten Platz in der Regionalliga Südwest. Besonders die Defensive um Torhüter Carsten Nulle (37) sticht hervor – erst acht Gegentore kassierten die Nordhessen. Die letzten drei Spiele wurden jedoch nicht gewonnen.
Wiedersehen nach langer Zeit – In der Saison 1980/81 trafen Hessen Kassel und Eintracht Trier letztmals aufeinander. Damals ging das Spiel in Kassel in der 2. Bundesliga Süd 0:0 aus, das Rückspiel im Moselstadion endete 1:1.
Trier hofft auf Befreiungsschlag – Trainer Roland Seitz hofft darauf, dass Eintracht Trier nach vier sieglosen Spielen wieder ein Erfolgserlebnis feiert. Hier geht es zum 5vier-Vorbericht.
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