Aloys Hülskamp ist 55 Jahre jung und eine norddeutsche Frohnatur. In der Region um Cloppenburg groß geworden, fand er schnell seinen Weg zum christlichen Glauben, der ihn auch heute noch prägt und begleitet. Mit 22 Jahren dem Orden Salesianer Don Boscos beigetreten, Theologie und Sozialpädagogik/Sozialarbeit studiert und mit 30 Jahren schließlich zum Priester geweiht. Genau an dem Tag, als Oliver Bierhof bei der Europameisterschaft in England für Deutschland das erste und bisher auch einzige Golden-Goal schoss.
Neben seiner Berufung als Priester absolvierte Aloys Hülskamp als Landwirt und Gärtner zudem auch zwei Ausbildungen. Von 1997 bis 2001 agierte er als Kaplan in Trier-West, 2004 wurde er im Trierer Stadtteil unterhalb der Mariensäule schließlich zum Pfarrer ernannt. Für den humorvollen Pfarrer ein besonderer Stadtteil, wo er sich nicht nur wohl und angekommen fühlt, sondern auch schon viel erleben durfte.
Im Interview mit 5vier-de-Redakteur André Mergener blickt der 55-Jährige nun zurück auf seine Anfänge in der katholischen Kirche, seine enge Bindung zu Trier und äußert sich auch zu aktuellen Themen bezüglich der Corona-Pandemie und der katholischen Kirche.
Hallo Herr Hülskamp! Wie kamen sie eigentlich zum christlichen Glauben?
Aloys Hülskamp: Ich bin in Niedersachsen groß geworden und aufgewachsen in der Nähe von Cloppenburg. Meine Kindheit war sehr familiär. Wir hatten einen kleinen Hof und erlebten dort eine sehr harmonische Zeit. Über meine Eltern habe ich schließlich meinen Glauben kennengelernt und somit auch zur katholischen Kirche gefunden. Die Gegend in der ich damals gelebt habe war sehr katholisch und genau das hat mich und mein Leben auch geprägt.
Wie kommt man denn als Norddeutscher mit der Trierer Mentalität zurecht?
Aloys Hülskamp: Ich fühle mich hier sehr wohl – ich denke das merkt und weiß man auch. Und man darf nicht vergessen, ich bin schon ewig von zuhause weg. Mittlerweile fühle und denke ich wie ein Trierer und habe mich der Mentalität und dem Leben hier sehr gut angepasst.
Aloys Hülskamp und sein Weg zu Gott
Wann kam bei Ihnen der Entschluss für die Kirche und Gott zu dienen?
Aloys Hülskamp: Nach meiner Realschulzeit habe ich anschließend eine Ausbilung zum Landwirt gemacht und so mit knapp 20 Jahren habe ich dann damals in unserem Heimatdorf Kontakt zu den Patres aufgenommen und dann hat es irgendwie gefunkt zwischen mir und der Kirche. Ich sag immer, wenn man sich verliebt kann man es auch nicht immer erklären. Das Gefühl bei mir war einfach diesen Weg letztendlich zu gehen.
Viele Jahren durften Sie nun schon als Pater erleben. Gibt es Momente aus dieser Zeit, an die Sie sich heute noch gerne zurückerinnern?
Aloys Hülskamp: Also ich erinnere mich an ganz viele Dinge gerne zurück. Viele Dinge von schöner Natur, Taufen, Hochzeiten und vieles mehr. Aber ich muss auch sagen das viele traurige und dramatische Ereignisse mit dabei waren. Auch an diese Momente erinnere ich mich sehr gerne zurück, weil einmal ist für mich eine sehr wichtige Erfahrung aus der ich gelernt habe und ich glaube, ich konnte Menschen oftmals auch Gutes damit tun.
Aloys Hülskamp – beliebt und geschätzt
In Trier sind Sie stets bekannt und beliebt. Wie erklären Sie sich diese Beliebtheit bzw. was hebt Sie von anderen Pfarrern hervor?
Aloys Hülskamp: Ich versuche einfach normal zu sein und bin ein Mensch wie die anderen auch. Ich versuche meine Aufgabe gut auszufüllen und ich sage immer so, jeder muss seine Aufgabe an seinem Platz gut machen. Und meine Aufgabe ist es hier als Pfarrer und Seelsorger in diesem Stadtteil zu wirken und da gebe ich mir schon richtig Mühe.
Corona wirbelt die Welt durcheinander – auch die der Kirche. Viele Feste durften kaum gefeiert werden und viele Gläubige mussten selbst auf eine Präsenz in der Kirche verzichten. Was beschäftigt Sie mit Blick auf diese Pandemie besonders?
Aloys Hülskamp: Corona geht uns ja alle etwas an. Ein globales Problem und ich lerne sehr viele Menschen kennen, die unter dieser Krise leiden. Sei es Erfahrungen in der Trauerbegleitung, oder auch Kinderkarten und Schule. Corona berührt ja alle Lebensbereiche – jeden Menschen weltweit.
Die Seele leidet unter Corona
Welche seelischen Gefahren bringt diese Krise mit sich?
Aloys Hülskamp: Gefahren sehe ich in Ängsten und Sorgen und das viele Menschen um ihre Existenz bangen. Eine große Sorge sind gerade auch junge, kranke und alte Menschen. Gerade Kinder, die soziale Kontakte brauchen für die eigene Entwicklung, leiden in dieser Krise besonders.
Was kann man in solch einer Zeit als Pfarrer unternehmen bzw. wie kann man helfen?
Aloys Hülskamp: Also ich gehe anders vor als sonst. Ich versuche einfach ein offenes Ohr zu haben für die Menschen, versuche zu trösten und gebe Ratschläge, nehme Ängste und Sorgen und versuche einfach alles was mir als Pfarrer möglich ist auch zu tun.
Kirche digital
Während Corona wurde die Kirche einfallsreich. Online-Messen und vieles mehr wurden ins Leben gerufen. Eine Form des Glaubens auch für die Zukunft wenn Corona mal überwunden sein wird?
Aloys Hülskamp: Das ist schwer zu sagen. Ich selbst bin ja in den sozialen Netzwerken sehr aktiv. Facebook, Instagram und auch YouTube. Ich finde diese Art von Kommunikation sehr wichtig, um gerade auch mit jungen Menschen in Kontakt zu bleiben. Es wird angenommen und sehr geschätzt. Das freut mich und spornt mich an diesen Weg weiter mitzugehen.
Ich kenne keinen Pfarrer der YouTube und Co. verwendet. Wie sieht es bei Ihren Kollegen aus – ist man dort auch auf den modernen Kommunikationszug aufgesprungen?
Aloys Hülskamp: Ich weiß nicht wer es von von meinen Kollegen noch macht. Ich denke aber nicht viele. Die Art und Weise wie ich es mache, ist aber wohl dann schon ein wenig einmalig.
Stellenwert der Kirche
Schwenken wir mal den Blick rein auf die katholische Kirche. Welchen Stellenwert nimmt die Kirche 2021 ein?
Aloys Hülskamp: Ich lade immer ein einen Blick über Deutschland und Europa zu tätigen. Die katholische Kirche ist eine Weltkirche, eine große und junge Kirche. Und es geschieht unheimlich viel Gutes und Wertvolles. Leider gibt es aber auch schwarze Flecken, die gibt es überall. Aber ich versuche mit meinen Möglichkeiten mein Glauben zu leben und für Menschen da zu sein.
Aloys Hülskamp über katholische Streitthemen
Viele Streitthemen werden der Kirche oft zur Last gelegt. Wie zum Beispiel Homosexualität und Gleichberechtigung. Wie stehen Sie zu diesen Themen?
Aloys Hülskamp: Also ich versuche allen Menschen offen zu begegnen. Nicht zu verurteilen – denn das steht mir auch gar nicht zu. Ich versuche einfach für die Menschen in deren Lebenssituationen da zu sein und ich kann auch mit allen Menschen gleich umgehen, ganz egal welchen Glauben und welche Sexualität sie haben.
Der Austritt aus der Kirche nimmt zu – deutschlandweit. Wie erklären Sie sich diesen Abwärtstrend?
Aloys Hülskamp: Ich habe zu diesem Thema meine ganz persönliche Meinung. Wir leben heute ja in einer ganz anderen Zeit. Heute gibt es die Möglichkeit aus der Kirche auszutreten – früher gab es sie nicht. Die Kirche wird von vielen auch sehr einseitig gesehen. Ich sag mir immer, ich bin stolz Pfarrer in Trier-West zu sein, weil die Kirche großartiges leistet. In den Kindergärten und auch die Caritas macht in vielen verschiedenen Bereichen eine großartige Arbeit. Viele Ehrenamtliche tun hier sehr viel Gutes. Leider wird das aber nicht immer gesehen. Im Fokus der Kirche ist leider zu oft nur das Negative, aber es gibt auch sehr viel Schönes und darauf bin ich auch mächtig stolz.
Kirchenaustritte stoppen…
Wie könnte man den Abwärtstrend stoppen?
Aloys Hülskamp: Der Austritt ist eine freie Entscheidung jedes einzelnen Menschen. Solch eine Entscheidung dürfen und können wir auch nicht stoppen. Ich versuche halt mit meinen Aufgaben Menschen zu begleiten und diesen Trend zu stoppen. Ich glaube dies gelingt mir auch recht gut und ich freue mich auch sehr darüber wenn Menschen zu mir sagen, du bist der Grund, wieso ich noch in der Kirche bin. Solche Aussagen machen mich sehr stolz und glücklich und zeigen mir, dass ich schon vieles richtig mache.
Jugend und Kirche
Wie könnte man die Kirche gerade jüngeren Menschen wieder schmackhaft machen?
Aloys Hülskamp: Für mich ist wichtig allen Menschen – gerade auch Jüngeren, eine gute Erfahrung mit der Kirche zu bereiten. Das versuche ich mit meiner Person zu verwirklichen. Letztendlich muss mein Beispiel überzeugen.
Ihre Meinung über die Zusammenführung vieler Pfarreien?
Aloys Hülskamp: Es soll ja fusioniert und eine neue Struktur aufgestellt werden. Ich denke da kommen wir gar drumherum. Ich denke es muss eine Veränderungen geben. Für mich ist es aber viel wichtiger, dass man den Menschen weiterhin im Blick hat. Was braucht der Mensch, wie können wir ihm am besten helfen und zu Seite stehen. Die Kirche muss da sein, dienen und ein starker Ansprechpartner sein. Einfach ein offenes Herz haben für die Menschen.
Trierer Entwicklung
Wie hat sich Trier kirchlich in den letzten Jahren entwickelt?
Aloys Hülskamp: Ich erlebe Trier als eine sehr kunterbunte und weltoffene Stadt. Eine Stadt des blühenden Lebens und der Toleranz sowie der Gleichberechtigung. Die Entwicklung der letzten Jahren betrachte ich daher als sehr positiv. Ich lebe gerne hier in Trier und die Menschen hier sind mir sehr ans Herz gewachsen. Trier ist ein Teil meines Lebens geworden. Eine Stadt mit Perspektiven, Wertschätzung und sehr viel Kultur.
Aloys Hülskamp auch im Karneval…?
Neben der Kirche war für Sie auch Karneval mal ein Thema gewesen, als Sie 2016 mit dem Franz-Weissebach-Preis ausgezeichnet wurde. Wie kam es dazu und wie eng ist bei Ihnen die Verbindung zwischen Karneval und Kirche geschnürt?
Aloys Hülskamp: Also ich bin jetzt kein großer Jeck. Ich komme aus Norddeutschland, dass müsste als Erklärung reichen (lacht). Aber ich freue mich sehr wenn sich Menschen dort arrangieren, wenn sie feiern, Freude haben und einfach diese Zeit genießen. Ich bin hin und wieder auch mal dabei – aber so ganz gepackt hat mich der Karneval aber dann doch nicht. Deshalb war ich auch schon sehr überrascht, als ich 2016 für den Franz-Weissebach-Preis vorgeschlagen wurde und diesen dann auch feierlich überreicht bekommen habe. Ich habe mich allerdings sehr gefreut. Es war mir schon eine sehr große Ehre.
Großes Hobby – Fahrrad fahren
Sie fahren gerne und viel Fahrrad – wie fahrradfreundlich ist Trier?
Aloys Hülskamp: In Trier ist es nicht immer leicht Fahrrad zu fahren. Die Straßen sind sehr eng für Autos und Fahrräder – sodass es oftmals schon richtig gefährlich ist auf diesen Straßen mit zwei Rädern vorwärts zu kommen. Hier würde ich mir bessere und sichere Lösungen wünschen.
Sonstige Hobbys und Vorlieben – was macht Aloys Hülskamp privat?
Aloys Hülskamp: Ich kann schon gar keine Grenzern mehr ziehen. Was ist Arbeit und was ist Freizeit? Ich habe das große Glück, dass es eine Einheit für mich persönlich ist. Meine Aufgaben, meine Hobbys und mein Leben kann ich sehr gut verbinden. Ich fahre sehr gerne und oft Fahrrad, bin gerne mit Menschen zusammen und das alles kann ich perfekt mit meiner Arbeit als Pfarrer verbinden. Für mich ist dieses Leben ein ganz großes Geschenk.
Worte die Mut machen…
Was können Sie den Trierer*innen für die noch verbleibenden Corona-Monate mit auf den Weg geben?
Aloys Hülskamp: Wir müssen mit Corona leben und das auch auf Dauer. Und wir müssen auch damit klar kommen, dass es Grenzen gibt in unserem Leben mit den wir uns schwer tun. Aber ich hoffe und wünsche mir, dass Lösungen gefunden werden, dass Menschen wieder in Wohlstand, Gesundheit, Frieden und ohne Ängste und Sorgen wieder Leben können. Trotzdem – nicht zu vergessen, es gibt auch Grenzen. Krankheiten, Leid und vieles mehr. All das gehört auch zum Leben dazu. Aber ich versuche immer mit meinen Möglichkeiten dagegen zu steuern.
Okay Herr Hülskamp, ich danke Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und viel Gesundheit!
Aloys Hülskamp: Danke ebenfalls!
Links zum Thema
Instagram-Seite Aloys Hülskamp
André Mergener
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Motivation ist wichtiger als Erfahrung
Irmgard Hein, 54329 Konz, Blumenwiese 27 06501 180821 meint
Hallo, Herr Hülskamp — ich bin froh, daß es noch einen solch liebenswerten Priester gibt. Ich stamme aus einer tiefgläubigen katholischen Familie mit vielen Ordensleuten. Ich fand den Artikel zu Muttertag, einmalig toll.
Ich hatte auch vor —einen Artikel zu schreiben. Aber ich sage immer, es gäbe keine Menschen auf dieser Erde, denn alle brauchen Vater und Mutter. Ohne die Liebe eines Paares , also Mutter und Vater –gäbe es keine Kinder und entzückende Enkelkinder.
Es gehört beiden, die große Liebe und Anerkennung.
Das wertvollste, einmalige, edelste und schönste Geschenk ist, das Leben eines jeden Menschen. Egal: aus welchem Land auf dieser Erde.