Am Dienstag, 12. November, hatten Vanessa Daun, ehemalige Schauspielerin des Theaters Trier und Britta Benedetti, ehemalige Regisseurin des Theaters Trier, mit ihrem ersten gemeinsamen Projekt Premiere. Zu diesem besonderen Anlass kamen die beiden zurück in die alte Heimat, um ihr Dokumentarstück „Ich diene Deutschland – Das hast du doch gewusst“ im Studio erstmals vor Publikum zu präsentieren.
Im Krieg ist alles erlaubt. In der Liebe auch. Immerhin eine Gemeinsamkeit der beiden. Ansonsten müssten sie aber relativ weit voneinander entfernt sein. Außer man ist Soldat oder sogar die Frau eines Soldaten. Dann kann es im schlimmsten Fall vorkommen, dass man beide Aspekte in ihren Facetten zu spüren bekommt. Wie gestaltet sich das Leben von Soldatenfrauen? Wenn ihre Männer im Einsatz sind? Und wenn sie aus selbigem wiederkommen?
Diesen und anderen Fragen sind Vanessa Daun und Britta Benedetti in ihrem Dokumentarstück nachgegangen. Sie interviewten Soldatenfrauen und -freundinnen. Wie lernten sie ihre Männer kennen? War die Berufswahl des Partners ein Problem? Wie geht man mit monatelanger Trennung um? Und mit einem Wiedersehen? Und wie mit den Reaktionen von außen? Verstehen andere die Berufswahl des Mannes?
Krieg und Frieden…
Vanessa Daun singt und tanzt über die Bühne, auf der eine Leiter und ein Stahlgerüst aufgebaut sind. Bespannt mit Flexibändern, auf denen man die Projektionen der Interviews sehen kann. Es werden nur Antworten präsentiert, keine Fragen gestellt. Die versucht die Schauspielerin einzufangen. Sucht „beispielhaft“ nach ihrem Schoßhündchen, „Karriere“ wird es gerufen, als Antwort auf ihre Rufe bekommt sie ein Schlaflied. Von Knuddy, einer Soldatenpuppe für Kinder, deren Väter im Krieg sind. Sie versucht ihren Alltag zu strukturieren, zwischen Kind abholen und Karriere Gassi führen, geht der Brief an „Herrn Weber“ schon mal unter. Zwischendurch die Antworten der Interviewpartner. Da ist die Arbeitsteilung klar geregelt.
Wie geht man mit den Reaktionen von außen um? Vanessa Daun spannt Flexibänder über die Bühne, hängt daran die Dreckwäsche des Tages auf, Kurznachrichten: „1.ooo Tote bei Bombenanschlag.“ „Verletzte Soldaten in Afghanistan.“ Dabei hört man Soldatenwitze am laufenden Band: „Wie begrüßt ein Soldat einen Sohn?“ „Na, du Granate?“ „Wie nennt man das neue Scheidungsgesetz in Soldatenehen?“ „Ehegattensplitter.“ Vanessa Daun ist nicht zum Lachen zumute, dem Zuschauer bei der Salve an schlechten Kalauern auch nicht. Und allmählich dringt die Idee von Schauspielerin und Regisseurin zum Zuschauer durch.
Daun und Benedetti wagen sich mit ihrem Projekt auf ein gefährliches Terrain: Unverständnis. Nicht jeder wird es begrüßen, dass Soldatengattinnen ein Sprachrohr bekommen. Das Thema Bundeswehr ist ein sensibles, das selbst die größten Pazifisten auf die Barrikaden gehen lässt. Um wenig wird so heftig diskutiert, wie um Krieg und Frieden. Doch um diesen soll es hier gar nicht gehen. Benedetti und Daun beschäftigen sich mit etwas ganz anderem: mit dem Alltag. Dem Beziehungsalltag von Mann und Frau. Allerdings unter erschwerten Bedingungen. Fragen nach den Meinungen der Ehefrauen, nach ihren Erfahrungen, nach persönlichen Krisenzeiten. Zur politischen Lage will sich sowieso kaum eine äußern.
…und Liebe.
Sensibel gehen die beiden Frauen an das Thema heran, schauen aus verschiedenen Perspektiven auf das Leben der anderen, schaffen mit Schauspiel, Video- und Toneinblendungen ein funktionierendes Gesamtbild. Aber lassen auch Raum für die Meinung des Zuschauers. In einer straffen Inszenierung von gerade mal 45 Minuten führen die Beiden an die Grenze der eigenen Meinung heran. Wo hätte man selbst „Nein“ gesagt? Wo fängt das eigene Unverständnis an? Wo erwischt man sich bei welchem Gedanken?
Wo wird aus Liebe, eine Regelung und wo aus einer Entscheidung, ein Befehl? Auf die Frage, ob die Frauen ihre Männer wieder geheiratet hätten, antworten viele mit einer gespaltenen Meinung. Den Mann ja, aber vielleicht nicht den Soldaten? Nicht das Leben in Angst um den Partner.
Hauptdarsteller sind die Frauen in den Interviews, nicht Vanessa Daun, das wird schnell klar. Sie kommentiert mit ihrer Mimik, begleitet mit ihrem Spiel, spiegelt Fragen und Meinungen. Ist selbst Projektionsfläche. Britta Benedettis Inszenierung wird getragen von einer Ästhetik, die schwer von ihrer Schauspielerin zu trennen ist. Auch hier verschmelzen die Ebenen. Am Ende bleiben wenig Fragen, aber viele Eindrücke und eine innere Diskussion über die eigene Meinung.
Fazit: Ein gelungener Auftakt in Trier, der das Potential hat, weitreichende Bahnen zu ziehen. 5vier.de wünscht Britta Benedetti und Vanessa Daun auch für die Zukunft und für weitere Projekte alles Gute. Das Dokumentartheaterstück „Ich diene Deutschland“ kann man noch an weiteren Terminen im Studio des Theaters Trier sehen.
Fotos: Theater Trier
Kommentar verfassen