5vier besucht Ingo Popp, dessen Unternehmen „Poppconcerts“ seinen Namen trägt und vielen in Trier ein Begriff ist. Wir sprachen mit ihm über die regionale Musikwirtschaft und darüber was es heißt, Konzertveranstalter zu sein.
5vier: Herr Popp, beschreiben Sie unseren Lesern doch einmal bitte kurz ihren persönlichen Werdegang. Wie wird man Konzertveranstalter? Gibt es prägende Momente, oder vielleicht sogar Konzerte in ihrer Vergangenheit, die Sie dazu bewegt haben, das zu werden, was sie heute sind?
Popp: Prägende Momente gab es sicherlich viele. Gerne erinnere ich mich an einen Auftritt der Günter Noris Bundeswehr Big-Band in Konz zurück (Noris war zugleich Gründer der Big-Band, Ende 2007 verstorben, Anm. d. Red.). Die genaue Jahreszahl kann ich Ihnen leider nicht nennen, ich schätze es war zwischen 1972 und ’73. Ich habe damals als kleiner Junge den ganzen Tag und mit großem Interesse den Aufbau beobachtet. Es war ein beeindruckendes und sicher auch prägendes Erlebnis. Diese ganze Logistik hat mich also schon in jungen Jahren sehr fasziniert. Ich konnte den ganzen Aufwand, den man für ein Konzert betreibt von Anfang an miterleben. Ich finde es immer sehr gut, wenn man von seiner Arbeit auch etwas „sieht“, damals stand noch nicht einmal der musikalische Aspekt im Vordergrund, sondern es war eben das Nebenher, das mich so beeindruckt hat. Das ging dann sogar so weit, dass ich als junger Schüler auch immer Bilder von Orchestern gemalt habe (lacht).
5vier: Welche musikalischen Vorlieben haben Sie persönlich? Welche Platte haben Sie sich zuletzt gekauft und welches Konzert noch selbst besucht?
Popp: Zuletzt gekauft habe ich mir Bryan Ferrys „Olympia“, die „Best of“ der Thievery Corporation und für meine Freundin etwas von „Till Brönner“. Zuletzt privat besuchtes Konzert war das von „Pascow“ im Exil am 29. Oktober.
5vier: Gibt es eventuell Acts, von denen Sie meinen, dass sie viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätten?
Popp: Ach da gibt es wirklich so viele… es ist ja oftmals so, dass die kleinen Bands, wenn sie jung und frech sind, doch erfreulicher sind, als Bands, die schon tausende Touren bzw. Konzerte hinter sich haben. Da finde ich diese Bands doch wesentlich aufregender. Doch sie haben es in Trier leider sehr schwer, einem größerem Publikum bekannt zu werden Wir sind hier einfach „hinter’m Berg“.
5vier: Seit 1985 existiert ihr Unternehmen bereits, seit 2003, so kann man der Internetpräsenz entnehmen, beläuft sich die Anzahl der Konzerte bereits auf 475. Wie viele sind es denn mit denen davor ungefähr?
Popp, der nach einem kurzen Moment den ersten „Flyer“ von Poppconcerts findet: Um genau zu sein, gibt es uns seit dem 24. April 1985. Es war ein Metal-Konzert in der Eissporthalle zu Trier. Es sind auf jeden Fall deutlich mehr Konzerte als diese 475. Die genaue Zahl müsste sich mittlerweile schon deutlich über 2000 bewegen. Um ganz sicher zu gehen, müssten wir irgendwann eine Durchsicht unserer Archive vornehmen, was sicherlich mit einer Neugestaltung unserer Internetpräsenz einhergehen wird.
5vier: In welchem musikalischen Spektrum bewegt sich ihr Unternehmen denn? Wie sieht die konkrete Programmgestaltung aus? Sind dort Grenzen gesetzt?
Popp: Man kann sich in Trier leider nicht leisten, seine eigenen Rechnungen zu machen, sprich: Wunschprogramme zu gestalten. Hier hat – in Anbetracht der Tatsache, dass die Mitarbeiter auch bezahlt werden müssen – der Markt Vorrang und es zählt das, was sich am Ende am besten verkaufen lässt. Folglich sind wir eher dem Mainstream zugetan. Wir haben unsere Ausflüge in die Avantgarde über die Jahre aufgrund schlechter Erfahrungen zurückgesteckt. Nebenbei bemerkt: Wir erhalten keinerlei öffentliche Gelder, was die Programmgestaltung eben sehr einschränkt.
5vier: Sie haben 2007 in einem anderem Interview gesagt: „Keine Weltstars mehr!“ Die würden sich in unserer Region nicht rechnen. Sehen sie das heute anders?
Popp: Das ist und bleibt Fakt. Die Ansprüche eines „Weltstars“ sind in Trier genauso groß wie in Hamburg, oder Berlin. Ob es sich nun um ein spezielles Soundsystem, oder eine bestimmte Whiskey-Sorte handelt: Die Erfüllung bestimmter Wünsche fällt uns hier wesentlich schwerer als in einer größeren Metropole. Die Künstlergage ändert sich auch nicht dadurch, dass die Orte kleiner werden. Ein wesentlicher Faktor ist sicherlich auch die bessere Infrastruktur in den Großstädten. Ich war zum Beispiel letztes Jahr auf einem Coldplay-Konzert in Köln. Da fängt das Konzert-Feeling schon in der Straßenbahn und in der Kneipe an, wo sogar die Musik der Band stetig präsent ist. Dasselbe galt für „Depeche Mode“ in Düsseldorf. Überall hängt Werbung aus und es ist jedem möglich, zu dem Konzert und nach Hause zu gelangen. Hier in Trier muss man ja schon froh sein, wenn man nach einem Konzert um 23 Uhr noch den letzten Zug am Bahnhof erwischt. Das ist peinlich. Deshalb möchte ich das nicht mehr machen. Die Leute fahren meiner Meinung nach zu Recht in Großstädte, um sich dort solche Bands anzusehen.
5vier: Und dennoch findet sich hin und wieder der ein oder andere Stern auf dem Programm…
Popp: Schaut man genauer, so sind es eher nationale Stars, mit denen wir hier sehr gut fahren. Manchmal, wie jetzt kürzlich geschehen mit John Fogerty, erwischt man auch mal den ein oder anderen internationalen Act, der sich jedoch in finanzieller Hinsicht oft nicht lohnt. Außer 5-stellige Beträge zu verlieren passiert da nicht viel.
5vier: Sie sind also auch gegenüber Experimenten verschlossener geworden?
Popp: Definitiv. Ich werde bald 50, so langsam aber sicher muss ich an meine Rente denken und an ein Leben nach dem „Rock’n’Roll-Veranstalter“. Diese Experimente überlasse ich jetzt anderen und denjenigen, die nach mir kommen.
5vier: Wie war denn die Konzertsaison 2010 rückblickend betrachtet? Ein Erfolg?
Popp: 2010 war in Ordnung. Wobei man dort natürlich unseren katastrophalen (!) Zuschauerbesuch bei den Kaiserthermen Open-Airs erwähnen muss. Deshalb sagen wir jetzt: Nie mehr Kaiserthermen! Diese Tatsache hat uns eigentlich das Jahr vermasselt, aber ansonsten sind wir weitgehend zufrieden.
5vier: 2008 gab es ähnliche Reibungen in Bezug auf das Amphitheater…
Popp: Das ist eigentlich Schnee von gestern und Schnee von gestern soll man ruhen lassen. Eine gewisse Anzahl von Veranstaltungen durften damals im Amphitheater stattfinden, diese wurden natürlich ausgiebig mit „Brot und Spiele“ und den „Antikenfestspielen“ belegt und da muss ich wirklich sagen, dass ich mich in dieser Hinsicht sehr auf die Füße getreten gefühlt habe, da ich bereits lange vor diesen Spielen im Amphitheater Rockkonzerte veranstaltet habe. Dementsprechend äußerte ich mich dazu. Aber anhand aktueller Zeitungsberichte scheinen sich die Spiele sowieso nicht mehr lange halten zu können und es werden wieder genug Termine frei, was für uns wiederum gut ist.
5vier: Also entwickeln sich die Dinge aktuell eher hin zum „Indoor-Bereich“?
Popp: Der Großteil der Veranstaltung findet ohnehin in der Arena statt. Damit sind wir zufrieden und damit entfällt auch ein großes Risiko hinsichtlich der Wetterlage, die nicht nur in dieser Region, sondern in ganz Deutschland schwierig ist. Deshalb verlagern wir unser Gewicht mehr auf „Indoor“. Wir werden allerdings im kommenden Jahr wieder zwei bis drei Open-Air veranstalten.
5vier: Die Locations, die Sie mit Künstlern sozusagen „beliefern“, erstrecken sich über Koblenz, Trier, Saarbrücken, Pirmasens bis nach Kaiserslautern…
Popp: Das stimmt, wir haben uns aber im Großen und Ganzen davon zurückgezogen und konzentrieren uns hauptsächlich auf Trier. Ausnahmen bestätigen die Regel. Zu 90% zählen jedoch Trier und unser Open-Air in Losheim, was wir ja schon seit 1993 machen.
5vier: Geben Sie uns doch bitte mal eine kurze, persönliche Einschätzung der Konzertsituation in Trier und Umgebung.
Popp: Das Konzertangebot in Trier ist für knapp 100.000 Einwohner, denke ich, überragend und überhaupt: Das Kulturangebot ist einfach sehr gut.
5vier: Welche Veranstaltung in der langen Geschichte von Poppconcerts hat sie besonders mit Stolz erfüllt, beziehungsweise sich in irgendeiner Art besonders eingeprägt?
Popp: Im Gedächtnis wird mir mit Sicherheit immer „Prince“ im Moselstadion sein, was auch unser erstes großes Open-Air gewesen war. Sowohl negativ wie positiv hingegen war Peter Gabriel in Kaiserslautern. Er ist einer der größten Acts die man veranstalten kann, nachdem ich ihn jedoch persönlich kennen gelernt habe, habe ich mir keine Platte mehr von ihm angehört.
5vier: Wie sieht eigentlich ein Konzertveranstalter die aktuellen Entwicklungen in der Musikbranche, vor allem was die Piraterie betrifft? In gewisser Weise zahlen sich für Bands heutzutage nur noch Live-Auftritte aus. Platten will keiner mehr, CDs kauft keiner mehr…
Popp: Auf der einen Seite ist man als Veranstalter egoistisch und freut sich darüber. Die Leute gehen mehr auf Konzerte und geben dort ihr Geld aus, was sich für uns wirtschaftlich auszahlt. Für uns Veranstalter läuft diese Entwicklung also eher gut. Auf der anderen Seite aber haben die Künstler auch viel weniger Einnahmen im Verkauf von Tonträgern und dafür gehen die Gagen ins Unermessliche. Dadurch wiederum werden die Künstler für Trier und die Region uninteressant beziehungsweise nicht finanzierbar.
5vier: Was haben wir für 2011 zu erwarten und worauf freuen Sie sich besonders?
Popp: Zuerst einmal auf einen hoffentlich guten Sommer (lacht). Wir sind unter anderem gespannt auf das Open-Air-Konzert von Unheilig in Losheim und hoffen natürlich, noch das ein oder andere „Schmankerle“ dabei zu haben. Es sind bereits ein paar Dinge geplant, deren Nennung zu diesem Zeitpunkt jedoch noch zu früh wäre. Wir geben uns allgemein für 2011 ganz zuversichtlich.
Man darf also gespannt sein…
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