Im Vorfeld der anstehenden Europawahlen am Sonntag, den 26. Mai, haben wir uns mit der Bürgerinitiative Pulse of Europe Trier unterhalten. Auf ihren Kundgebungen sprechen sie sich für ein gemeinsames Europa und eine geeinte Europäische Union aus.
Frau Mommenthal-Aymanns, Frau Norta, Sie sind Repräsentantinnen der pro-eurpäischen Bürgerinitiative Pulse of Europe hier in Trier. Ihre Organisation ist bereits in vielen Ländern Europas tätig. Die Initiatoren aus Frankfurt, Daniel und Sabine Röder, wurden sogar vor einem Jahr mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Stellen Sie doch mal kurz die Arbeit von Pulse of Europe Trier vor.
M.-A.: Pulse of Europe Trier hat sich relativ früh schon nach der Gründung im November 2016 in Frankfurt hier in Trier gegründet. Wir treffen uns jetzt schon seit über zwei Jahren. Mittel, die wir nutzen, sind Kundgebungen auf Plätzen vor der Porta Nigra oder auf dem Hauptmarkt. Wenn wir keine Möglichkeiten haben nach draußen zu gehen, weil es zu kalt ist, gibt es auch ein Winterprogramm. In diesem Jahr war das Winterprogramm vor allem auf die Europawahlen ausgerichtet. Da hatten wir die Kandidaten verschiedener Parteien für das Europäische Parlament eingeladen. Sie konnten dann Auskunft geben zu ihrer Sicht zur Zukunft Europas.
N.: Uns geht es nicht nur darum, Fähnchen zu schwingen und ein bisschen zu tanzen. Sondern wir haben stets ein recht anspruchsvolles Programm. Wir haben immer Redner, die zu einem bestimmten Thema etwas sagen und musikalische Unterstützung. Alle Beteiligten engagieren sich ehrenamtlich.
M.-A.: Die Themen passen zur aktuellen politischen Entwicklung. Zum Beispiel geht es heute um Falschmeldungen in der EU, weil diese häufig genutzt werden, um die EU schlecht zu machen und eine europafeindliche und -skeptische Sicht zu verbreiten.
N.: … und leider auch auf sehr viel Unwissen beruhen.
Nun wird Pulse of Europe als Graswurzelbewegung bezeichnet. Also eine Bewegung, die aus der Basis heraus entsteht, und zwar den Bürgerinnen und Bürgern.
Wie wichtig ist dieser Grundgedanke für Ihr Engagement?
M.-A.: Pulse of Europe ist ja keine parteigebundene Bürgerinitiative. Also nicht nur von unten aufgebaut und getragen, sondern auch überparteilich. Und wir wollen natürlich, dass die EU, wie sie jetzt ist, mit kritischem Blick betrachtet wird. Die EU ist reformbedürftig. Aber wir wollen auch das Positive herausstellen.
N.: Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger direkt ansprechen. Es heißt ja immer die EU und Brüssel sind fern und realitätsfremd. Wir wollen auf den Kundgebungen jeden zu Wort kommen lassen mit dem Bürgermikrofon.
Haben Sie in den letzten Jahren gemerkt, dass die Menschen ein größeres Bedürfnis haben, sich für Europa auszusprechen?
M.-A.: Als wir angefangen haben im Jahr 2017, waren vier- bis sechshundert Personen auf dem Platz. Und die kamen tatsächlich zu uns und meinten: „Wunderbar, dass endlich mal was passiert!“ Unser Ziel ist es ja auch, zu zeigen, dass viel mehr Menschen Europa, und speziell die EU, befürworten, als man das generell so sieht. Die sind ja sonst nicht sichtbar. Aber auf diesen Plätzen werden sie sichtbar.
N.: Entsprechend zeigen auch die Umfragen, dass das Interesse vor allem in Deutschland gestiegen ist. Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen wird viel höher eingeschätzt, als sie das bisher war. Wir hoffen, dass es so ist.
Fakt ist, dass das Konzept von Pulse of Europe aufzugehen scheint. 2016 in Frankfurt gegründet und knapp acht Monate später gehen in insgesamt 19 Ländern Menschen für den Puls Europas auf die Straße. Darunter auch Länder, die keine EU-Mitgliedsstaaten sind, beispielsweise Albanien, der Kosovo und die Ukraine. Also man merkt, wie der europäische Grundgedanke der Solidarität anklingt.
Wie setzten Sie konkret die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen hier in Trier um?
M.-A.: Mit unserer Befürchtung, dass die Europafeinde und -skeptiker zu viele Stimmen im EU-Parlament bekommen, stehen wir zum Glück nicht alleine da. Es gibt noch andere Vereine oder Organisationen hier in Trier, die das gleiche Ziel haben: Nämlich den rechts-nationalen Populisten keinen Raum zu bieten. Und deshalb haben wir das Pro-Europäische Netzwerk Trier gebildet. Dazu gehören außer Pulse of Europe, die Deutsch-Französische Gesellschaft, der Verein für ein Buntes Trier, die Arbeitsgemeinschaft Frieden, die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) und der DGB-Region Trier. Das freut uns sehr, dass alle daran interessiert waren zu kooperieren.
N.: Und dass vor allem junge Leute da waren. Die Jungen Europäischen Föderalisten, das sind Studenten, die jetzt immer präsent waren. Sie machen auch eigene Aktionen jeden Samstag vor der Europawahl hier in der Stadt. Und ja, das haben wir auch immer auf unseren öffentlichen Kundgebungen feststellen müssen. Die jungen Leute haben gefehlt!
Gerade im Hinblick auf die kommenden Wahlen des Europarlamentes am 26. Mai wollen Sie ein „europäisches Bewusstsein [schaffen], das Menschen und Nationen miteinander verbindet“.
Warum kann ein solches Bewusstsein die Motivation steigern, wählen zu gehen?
N.: Also ich glaube, dass das Bewusstsein alleine nicht reicht. Man muss auch die entsprechenden Informationen liefern.
M.-A.: Indem man aufzeigt, was jeder einzelne Bürger von der EU hat. Denn das ist nicht immer so transparent. Also das ist schon mal ein wichtiger Schritt. Zum Beispiel, der Frieden kommt nicht von alleine. Ohne die Europäische Union hätte es möglicherweise nicht diesen langen Frieden gegeben und es wäre viel früher schon der Nationalismus durchgedrungen. Der andere Schritt ist weg zu kommen von den Gedanken, hier ist die EU und da sind die Bürger. Die Bürger sind die Mitglieder der EU. Es geht darum, dass Bewusstsein zu schärfen, dass sie die EU mitgestalten können.
N.: Und dass sie profitieren. Also es gibt auch eine Menge Projekte hier in der Region, die von der EU gefördert werden. Das ist den meisten Leuten gar nicht so bewusst.
Da bleibt nur noch eine Frage zum Schluss: Wie kann man bei Ihnen aktiv werden?
M.-A.: Indem man zum Beispiel sonntags zu unseren Kundgebungen kommt oder zum Winterprogramm und sich entsprechend informiert. Das ist ja auch eine Art von Beteiligung.
N.: Oder indem man uns anspricht, in welcher Weise man sich beteiligen kann.
Vielen Dank für das Interview. /JSCH
Nächste Termine
Die nächste Veranstaltung des Pro-Europäischen Netzwerkes findet am Donnerstag, dem 23. Mai von 19-22 Uhr, auf dem Trierer Hauptmarkt statt. Unter dem Motto „Bekenntnis für Demokratie“, gibt es Rede- und Musikbeiträge zum 70-jährigen Bestehen des Grundgesetzes.
Kommentar verfassen