Das Interview führte Florian Schlecht
Seit November ist Svetislav Pesic Trainer beim FC Bayern München – und macht seinem Ruf als Erfolgsgarant alle Ehre. Rund um die Basketballer reifen schon die Titelträume an der Säbener Straße. Am Sonntag spielt das Pesic-Team bei der TBB Trier (17 Uhr). Im Interview mit 5vier warnt der Europameister-Coach von 1993 aber vor Vergleichen mit der Fußballabteilung, spricht über seine Freundschaft zu Henrik Rödl – und erklärt, warum er seinem ehemaligen Kapitän zu einem Wechsel nach Trier geraten hat.
5vier: Wenn die TBB Trier gegen den FC Bayern spielt, ist das zugleich ein Wiedersehen mit Henrik Rödl. Freuen Sie sich schon auf das Treffen mit ihrem früheren Schüler?
Svetislav Pesic: Selbstverständlich. Ich kenne Henrik schon, seit er damals bei der Jugend-Europameisterschaft als junger Spieler angetreten ist. Das muss 1984 oder 1985 gewesen sein. Ich war Juniorentrainer von Jugoslawien, als das Land noch existierte. 1987 bin ich als Bundestrainer nach Deutschland gegangen, weil ich in der Generation mit Rödl und Harnisch riesiges Potenzial gesehen habe. Wir sind zusammen Europameister geworden. Ich habe Henrik von North Carolina nach Berlin geholt. Wir haben einiges erlebt in den Jahren, er war mein Kapitän. Ich habe die Zeit miterlebt, als er und seine Frau Kinder bekommen haben. Uns verbindet eine sportliche und private Freundschaft.
5vier: Sie sollen Rödl 2010 auch zum Wechsel zur TBB Trier geraten haben.
Pesic: Ich habe zu ihm gesagt: ‚Wenn du mich fragst, ist das eine Herausforderung, wo du etwas Neues aufbauen kannst.‘ Trier hat nicht das Potenzial von Berlin, aber es ist eine begeisterte Basketball-Stadt mit langer Tradition. Wie man sieht, hat Henrik dort viel und gut gearbeitet. Ich freue mich immer, wenn er mit seiner Mannschaft gewinnt.
5vier: Mit welcher Aufgabe rechnen Sie am Sonntag?
Pesic: In Trier zu gewinnen, war immer ein hartes Stück Arbeit. Früher waren das in der kleinen Halle (Mäusheckerweg, die Red.) schon enge Spiele. Als ich im Sommer mit der Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation gegen Bulgarien wieder dort war, war ich von der Entwicklung positiv überrascht. Mich freut es, dass Henrik seinen Basketball mit jungen Spielern in einer großen Halle und mit einem fantastischen Publikum entwickeln kann.
5vier: Die Ausgangsposition ist klar: Der FC Bayern geht als Favorit ins Spiel.
Pesic: Es ist unser Recht, zu sagen, dass wir gewinnen wollen. Dafür betreiben wir Spitzensport, dafür trainieren wir eine ganze Woche. Aber die Mannschaften bereiten sich auf uns ganz anders vor. Sie sagen: Da kommt der FC Bayern. Die Hallen sind ausverkauft und voller Atmosphäre. Das ist für meine Spieler mit noch mehr Verantwortung und Druck verbunden. Den Umgang damit müssen wir erst lernen. Wir sind nicht schlecht, aber auch noch nicht am Ende unserer Entwicklung. Und so gut sind wir noch nicht, dass wir sagen, wir spielen in Trier, gewinnen mit links und fahren dann nach Hause.
5vier: Die Medien waren zuletzt schon euphorisch rund um München: Die beiden Siege gegen Bamberg im Pokal und der Bundesliga wurden bereits als “Machtwechsel” im deutschen Basketball interpretiert.
Pesic: Die Siege haben uns gezeigt, dass wir bestehen können und geben uns ein gutes Gefühl. Nicht mehr und nicht weniger. Viele vergleichen uns mit dem Fußballklub FC Bayern, was aber nicht realistisch ist.
5vier: Warum nicht?
Pesic: Die Fußballer haben eine lange Tradition. Hier haben wir eine andere Situation. Als wir in Tübingen verloren haben, hat deren Trainer Igor Perovic gesagt: ‚Das ist ein historischer Sieg!‘ Ich habe ihm geantwortet: ‚Entschuldigung, Igor. Wenn Tübingen gegen Bayern im Fußball gewonnen hätte, dann wäre es eine Sensation.‘ Mit dem Basketball entwickelt sich hier erst ein neuer Sport. In dieser Welt ist alles noch am Wachsen: Medien, Zuschauer, Sponsoren, Verein – und die Mannschaft.
5vier: Dennoch ist eine Entwicklung in München erkennbar. Seit Sie im November Trainer des FC Bayern sind, hat die Mannschaft einen rasanten Weg in die Spitzengruppe vollzogen. Wie haben Sie das geschafft?
Pesic: Ich mache eigentlich nichts anders als vorher. Vielleicht liegt es daran, dass ich schon mit vielen Mannschaften und Spielern gearbeitet habe. Die Erfahrung kann ich in Qualität umsetzen – und sie hat mir geholfen, mich schnell zu integrieren. Als wir die ersten Spiele gewonnen hatten, gab das der Mannschaft das Selbstvertrauen, sich weiter zu verbessern. Der gegenseitige Respekt hat sich entwickelt. Einen Automatismus gibt es aber nicht. Hier muss jeden Tag weiter hart gearbeitet werden.
5vier: 1993 sind Sie in München Europameister mit der deutschen Nationalmannschaft geworden. Spielte das eine Rolle, als Sie den Trainerposten beim FC Bayern übernommen hatten?
Pesic: Das kann man so sagen. Trainer leben von ihrer Motivation. Viele Leute fragen mich, warum ich nicht eine Mannschaft trainiere, die in der Euroleague spielt. München war aber immer eine Stadt, bei der ich mich gefragt habe: Mensch, wann bringen die endlich Profi-Basketball in der 1. Bundesliga? Schon als ich Bundestrainer war, habe ich versucht, das zu unterstützen. Irgendwie hat das aber nie geklappt.
5vier: Und dann hat Uli Hoeneß doch den Traum umgesetzt?
Pesic: Als hier die Entscheidung getroffen wurde, dass Basketball in die Familie des FC Bayern aufgenommen wird, habe ich mich gefreut. Das ist eine Anerkennung für unseren Sport. Als Uli Hoeneß mich gefragt hat, ob ich Trainer werden will, sind wir uns schnell einig geworden. Er ist unheimlich basketballverrückt. Und ich war immer ein Mensch, der die Herausforderung gesucht hat. Ob damals bei der deutschen Nationalmannschaft – oder jetzt in München.
5vier: Ein Steckenpferd Ihrer Karriere war auch immer die Förderung von jungen Talenten. Wie bewerten Sie den Weg von Andreas Seiferth, Bastian Doreth und Mathis Mönninghoff in Trier?
Pesic: Ich kenne die drei Spieler noch von der Nationalmannschaft im Sommer. Damals haben sie mit großen Augen trainiert. Ich habe einen sehr guten Eindruck von Ihnen gewonnen. Ihren Weg verfolge ich weiterhin. Wenn die deutschen Spieler regelmäßig spielen, wird auch die Bundesliga besser.
5vier: Vielen Dank für das Interview!
Zur Person
Svetislav Pesic wurde am 28. August 1949 im serbischen Pirot geboren. Als Spieler feierte er 1979 mit KK Bosna Sarajevo den Europapokal der Landesmeister. Besonders als Trainer machte er sich einen Namen als Erfolgsgarant, der dazu junge Talente entwickelte. Nach dem WM-Titel mit der U19 von Jugoslawien 1987 verpflichtete ihn der deutsche Basketball-Bund. 1993 feierte die Nationalmannschaft um Henrik Rödl mit Pesic den größten Erfolg ihrer Geschichte – den Europameistertitel im eigenen Land. Mit Alba Berlin gelang dem Trainer neben vier Meisterschaften und zwei Pokalsiegen mit dem Korac-Cup-Erfolg 1995 das Kunststück, die erste internationale Trophäe mit einem deutschen Verein zu gewinnen. Mit der Nationalmannschaft des ehemaligen Jugoslawiens feierte er 2001 die Europameisterschaft und 2002 die Weltmeisterschaft. Im Sommer 2012 übernahm Pesic erneut das deutsche Nationalteam und schaffte die EM-Qualifikation, ehe er im November vom FC Bayern verpflichtet wurde. Mit der Arbeit bei weltberühmten Adressen des Sports kennt sich Pesic übrigens aus: Von 2002 bis 2004 coachte er die Basketballer des FC Barcelona – natürlich mit Erfolg. Dort gewann der Serbe 2003 das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Euroleague.
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