Das Interview führte Florian Schlecht
Mit Euphorie geht Eintracht Trier nach der Hinrunde in die Winterpause der Regionalliga Südwest. Im Interview mit 5vier äußert sich Trainer Roland Seitz zu den Leistungen seiner Mannschaft, einer möglichen Vertragsverlängerung, erfolgreiche Lehren aus der vergangenen Saison und dazu, was er noch von seinen Spielern fordert.
5vier: Das erste Halbjahr der Saison 2013/14 ist vorüber. Mit welchen Gedanken gehen Sie in die Winterpause?
Roland Seitz: Mit sehr positiven. Wir haben in der Sommerpause mehr Spieler behalten als sonst und ein gutes Händchen bei den Neuzugängen gehabt, auch wenn das Geld wieder knapp war. Nach der Auftaktniederlage gegen Kassel haben wir ganz schnell die Kurve bekommen, waren danach 14 Mal in Folge ungeschlagen und haben oft zu Null gespielt. Dazu kommt, dass wir einen ganz ansehnlichen Fußball spielen.
5vier: Eintracht Trier hält Tuchfühlung zu den Relegationsplätzen zur 3. Liga. Was spricht dafür, dass Ihre Mannschaft am Ende der Saison einen der beiden begehrten Plätze belegt?
Roland Seitz: Die Situation ist noch zu früh, um dazu etwas sagen zu können. Das haben wir in den drei Spielen in Offenbach, gegen Homburg und in Freiburg gesehen, in denen wir nur einen Punkt geholt haben. Auch wenn die Umstände mit den Platzverweisen, Sperren und den Gegnern schwierig waren: Wenn du es schaffen willst, am Ende oben zu stehen, darfst du dir keinen Fehler leisten.
5vier: Das Feld in der Regionalliga Südwest ist von Platz eins bis acht dicht zusammen. Glauben Sie, dass das auch in der Rückrunde Bestand haben wird?
Roland Seitz: Das ist schwer zu sagen. Wir müssen erst mal sehen, ob Vereine wie Neckarelz und Zweibrücken es sich zur Aufgabe machen, Geld für eine Drittliga-Lizenz auszugeben. Wenn das der Fall ist, denke ich schon, dass viele Mannschaften ihre Chance haben.
5vier: Ist die Qualität in Ihrer Mannschaft höher als in den Jahren zuvor?
Roland Seitz: Ich glaube, dass wir auch mit dem alten Personal anständige Spiele gemacht haben. Wir bauen aber jetzt mit unserem neuen, offensiveren System anders auf und haben mit Matthias Cuntz einen sehr guten, zentralen Mittelfeldspieler dazubekommen, was die fußballerischen Belange angeht. Davon können andere natürlich profitieren.
5vier: Wo sehen Sie noch Steigerungspotenzial bei der Mannschaft?
Roland Seitz: Verbessern kann man sich ja immer. Zwei Sachen fallen mir besonders ein: Zum einen sind wir in vielen Spielen oft mit 1:0 in Führung gegangen und haben oft die Möglichkeit gehabt, das zweite Tor zu machen. So wie in Pfullendorf oder gegen Neckarelz. Wir hätten frühzeitig den Sack zumachen müssen, um nicht in die Bredouille zu kommen. Das haben wir versäumt. Da müssen wir kälter werden.
5vier: Und der zweite Einwand?
Roland Seitz: Das i-Tüpfelchen wäre es, wenn wir in Spielen wie Großaspach, Mainz und Worms noch härter und brutaler werden. Die Ergebnisse waren eigentlich okay, die Gegner haben gut gespielt. Aber am Ende hatten wir die Chancen, um sogar zu gewinnen. Da würde ich mir mal wünschen, dass wir die Augen zumachen, die Dinger reinhauen, den Mund abputzen – und die drei Punkte mitnehmen.
5vier: Sie haben immer gesagt, dass es Ihr Traum ist, Eintracht Trier in die 3. Liga zu führen. Gilt das nach wie vor?
Roland Seitz: Ganz klar ist das mein Wunsch. Nicht nur das Umfeld, die Fans, sondern auch die Leute, die seit vielen, vielen Jahren für dieses Ziel arbeiten und einfach dazugehören, hätten es einfach mal verdient. Es wäre schön, wenn ich als Trainer derjenige wäre, der seinen Teil dazu beitragen darf.
5vier: Viel Zeit bleibt Ihnen aber nicht mehr. Ihr Vertrag läuft ja am Ende der Saison aus.
Roland Seitz: Ich kann es ja nur so lange probieren, wie ich es darf. Momentan ist es so, wie Sie gesagt haben. Wir werden nach wie vor alles versuchen, oben dabei zu bleiben. Wie weit wir kommen, wird die Rückrunde zeigen.
5vier: Die Debatte um Ihre Zukunft bei Eintracht Trier wird nun im Fokus stehen. Sind Sie der Ansicht, gute Argumente für eine Vertragsverlängerung gesammelt zu haben?
Roland Seitz: Die Herrschaften im Verein kennen mich sehr, sehr gut. Sie wissen, wie ich arbeite und welche Mittel zur Verfügung stehen, um Ziele auszusprechen und Druck auf die Konkurrenz auszuüben. Deswegen glaube ich schon, dass sie mit meiner Arbeit zufrieden sind. Ich hoffe es zumindest.
5vier: Wird es ein Gespräch geben?
Roland Seitz: Wir wollen uns in der Winterpause zusammensetzen.
5vier: Dreieinhalb Jahre sind Sie jetzt bei Eintracht Trier. Im Fußball ist das eine lange Zeit. Haben Sie denn weiter die Motivation, für den Verein zu arbeiten?
Roland Seitz: Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich weiter heiß bin, die Akribie und das Engagement mitbringe. Ich brenne immer dafür, erfolgreich zu sein.
5vier: Wenn man die Entwicklung über das ganze Jahr betrifft: Müssen Sie sich manchmal zwicken bei dem Verlauf?
Roland Seitz: Nein.
5vier: Im März gab es eine 0:3-Niederlage gegen Idar-Oberstein. Danach standen Sie in der Kritik. Wie haben Sie die Situation empfunden?
Roland Seitz: Das ist nie schön und war auch überraschend für mich. Aber: Dafür, dass es hier um Profifußball geht und das Medieninteresse bei einem Traditionsverein immer recht groß ist, hatte ich in den Jahren in Trier nur wenige von diesen Situationen. Da ich schon ein paar Jahre dabei bin und das in höheren Klassen ein paar Mal mitgemacht habe, weiß ich, wie ich damit umgehen kann. Wer diese Momente übersteht, geht gestärkt daraus hervor.
5vier: Sie haben damals und auch danach mehrfach das Anspruchsdenken kritisiert. Warum?
Roland Seitz: Ich bleibe dabei, dass die Erwartungshaltung in Trier sehr groß ist. Wir wollen natürlich den Erfolg: Trainer, Verein, Spieler, Fans, einfach alle. Das ist nicht das Thema. Wir dürfen uns natürlich nicht zu schlecht verkaufen, was unser Ziel betrifft. Aber wir müssen auch sachlich und realistisch drüber nachdenken, was wir zur Verfügung haben – und was die Konkurrenz für Möglichkeiten hat. Und wenn man sieht, dass Baunatal und Zweibrücken in Offenbach siegen, kann auch mal Idar-Oberstein in Trier gewinnen. Daraus haben wir natürlich unsere Lehren gezogen.
5vier: Gehört zu den Lehren auch die fußballerische Neuausrichtung, da die Mannschaft seitdem deutlich offensiver auftritt?
Roland Seitz: Nein. Ich glaube, dass die Hauptlehren menschliche Einsichten waren – also das Personal.
5vier: Inwieweit?
Roland Seitz: Dass wir noch mehr auf Ziele der Spieler und auf den Charakter achten.
5vier: Wie kann das in der Praxis gelingen?
Roland Seitz: Man informiert sich noch mehr, man spricht mit einem Trainerkollegen, man spricht mit dem Spieler selber, man spricht mit dem Berater, man informiert sich über andere Wege. Man steckt natürlich nie drin, ob einer definitiv so charakterstark ist und für den Verein alles gibt, wie es behauptet wird. Aber wir haben viel, viel Zeit investiert, um den Kader zusammenzustellen. Ich denke, dass hat sich bezahlt gemacht.
5vier: Zwei Spieler wollen Sie im Winter noch verpflichten. Einen Flügelspieler, der im Idealfall auch im Angriff spielen kann, als Ersatz für Moussa Touré. Und einen kreativen Mittelfeldspieler. Warum sehen Sie Handlungsbedarf auf der Position?
Roland Seitz: Wir sind im zentralen Bereich, was das Fußballerische betrifft, in der Breite nicht so gut aufgestellt. Es wird noch viele Spiele geben in der Rückrunde mit der Liga und dem Pokal. Bei Matthias Cuntz hat man mit der Gelbsperre in Ulm und der Roten Karte in Offenbach gesehen, wie schnell es gehen kann und jemand fehlt. Wir wissen auch nicht, ob Alon Abelski alle Spiele bestreiten kann. Daher sehe ich noch die Hausaufgabe, dort was zu machen.
5vier: Ein Problem war in den letzten Jahren der schlechte Start aus der Winterpause. Wie kann diesem Phänomen entgegen gesteuert werden?
Roland Seitz: 2014 wird das ja nicht passieren, weil wir in ein Trainingslager fliegen und so gleich andere Gesetze für die Rückrunde gelten.
5vier: Das alleine reicht aus?
Roland Seitz (lacht): Das war eigentlich ein Spaß. Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Irgendwann werden wir auch unser erstes Spiel nach der Winterpause gewinnen. In dieser Saison haben wir das erste Mal zum Saisonauftakt verloren. Warum sollen wir also nicht am 22. Februar, wenn es gegen Zweibrücken wieder losgeht, als Sieger vom Feld gehen? Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt.
5vier: Vielen Dank für das Gespräch!
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