Vor etwa einer Woche hat sich 5vier.de mit Jonas Borschel in dessen Büro getroffen. Der Kasseler ist seit über anderthalb Jahren an der Mosel und seit wenigen Wochen in der Funktion als Co-Trainer bei den Gladiators aktiv. Wir wollten noch einmal genau erfahren wie sein persönlich Weg bis nach Trier verlief, was die Trainerausbildung in Oldenburg ausmacht und wie er das Training bei Real Madrid mit Luka Dončić erlebt hat.
5vier.de: Hallo Jonas, wir treffen uns kurz vor Silvester. Hattest du ein wenig Besinnlichkeit in den vergangenen Tagen?
Jonas Borschel: Zwischen den Jahren trainieren wir durch, weil der Spielplan es nicht anders zulässt. Aber an Weihnachten hatten wir schon noch einen Tag frei und Heiligabend nur morgens trainiert. So konnte ich noch etwas Zeit bei der Familie genießen, das war schön.

War das dann in deiner Heimat in Kassel, wo du auch deine Basketballkarriere begonnen hast?
Genau, an Weihnachten war ich dort. Der Basketballvirus hat mich aber woanders gepackt. Von 2005 bis 2007 war ich in Edmonton, Kanada an der Highschool, weil mein Vater im Konsulat gearbeitet hat. Übrigens die gleiche Stadt, wo Buck (Jermaine Bucknor, A. d. R.) die Highschool besuchte. Dort habe ich Blut geleckt und nach meiner Rückkehr nach Kassel direkt eine Mannschaft trainiert und noch selber gespielt. Zwischenzeitlich habe ich dann als Spieler den Verein gewechselt, um etwas höher in der Regionalliga zu spielen. Ich habe aber weiter gecoacht beim alten Verein, im Sinne einer Kooperation, wie wir es ja hier auch ähnlich machen.
Kanada – Hessen – Oldenburg – Trier
Du warst zudem aktiv als Schulbasketballkoordinator vom hessischen Basketball Verband (HBV). Mal ganz direkt gefragt: warum haben die dafür einen 24-Jährigen ausgewählt?
Ich habe schon zuvor ein wenig für den HBV gearbeitet. Ganz ordentlich und zuverlässig, denke ich. Sie kamen dann auf mich zu und haben gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Das war eine Minijobtätigkeit, die ich gut neben dem Lehramtsstudium für Politik und Englisch ausfüllen konnte. Da haben wir Grundschule AG’s und eine Grundschulliga betrieben.
Über das Thema Grundschulliga sprechen wir später noch (Teil 2 folgt). 2014 bist du dann nach Oldenburg gegangen. Ab wann war dir klar, dass du Basketball zum Hauptberuf machen möchtest?
Begonnen hat es wie gesagt eigentlich schon in Kanada klar. Die Highschool auf der ich war, die Harry Ainlay School, war sehr groß. Das war schon super professionell, die haben vor und nach der Schulzeit trainiert. Auch Kraft- und Athletiktraining gehörten dazu. Richtig gefestigt hat es sich dann während des Studiums. Das Studieren hat mir zwar auch viel Spaß gemacht, aber die Uni habe ich nach dem Grundstudium abgebrochen, um meine Trainerausbildung in Oldenburg zu beginnen. Die Arbeit in der Halle und das entwickeln der Kids hat mir einfach noch mehr Spaß gemacht. Ich selber hatte nicht so gut ausgebildete Trainer, als ich noch jung war. Mein Ziel war es, den nächsten Spielergenerationen eine gute Basketballausbildung anzubieten.
Jonas Borschel wusste schon früh wo er hin will
Damals war es nicht unüblich, für tausend Euro zwei Teams zu trainieren. Das wollte ich aber nicht machen. Als ich von der Basketballausbildung in Oldenburg erfuhr, die „ganzheitlich“ aufgebaut ist, habe ich dann entschieden das Studium abzubrechen. In Oldenburg konnte ich 40 Stunden die Woche im Verein arbeiten, dazu gehört aber auch noch ein Online-Campus der Liga, wo führende Basketballtrainer aus ganz Deutschland als Mentoren fungieren. Dort kann man sich theoretisches Wissen anschaffen, Aufgaben erfüllen und du hast die Möglichkeit, das Erlernte selber in der Praxis anzuwenden. Die Mentoren waren zum Beispiel Thomas Päch (defensive Grundtechniken, Headcoach Telekom Baskets Bonn, ehemals Co-Trainer TBB Trier) oder Thorsten Leibenath (Fachgesprächsleiter vor Ort, Sportdirektor ratiopharm ulm, zuvor dortiger Headcoach).
Ist denn diese Trainerausbildung nur in Oldenburg möglich?
Ursprünglich entstanden ist das an den Standorten Oldenburg und Bamberg. Das Modell wurde von Ralph Held entwickelt, dem Vater von Christian (Headcoach der Gladiators), als er Nachwuchskoordinator in Oldenburg war. Dieses Modell wurde später ligaweit etabliert. Pro Jahrgang können allerdings nur sechs bis acht Personen pro Jahrgang daran teilnehmen. Zur Ausbildung gehört auch, dass man In- und Auslandshospitationen macht, um andere Sportkulturen kennenzulernen.
Gibt es da bestimmte Trainer oder Standorte, die dich ganz besonders während der Hospitationen beeinflusst haben? Du warst zum Beispiel an der Gonzaga University.
Dorthin kam ich, weil es da super Kontakte nach Oldenburg gibt. Christian und einige andere waren schon dort gewesen. Und durch weitere Kontakte konnte ich zu Real Madrid. Das waren mit die aufregendsten Wochen meiner Ausbildung. Beide Teams waren in der Zeit in der ich da war in den jeweiligen Finals, Madrid hat sogar die Euroleague (höchste Liga Europas) gewonnen.
Schon viele Erfahrungen gesammelt
Das heißt du hast mit Luka Dončić (heute NBA-Superstar der Dallas Mavericks, zuvor Real Madrid) gearbeitet?
Ich durfte beim Training dabei sein, ein bisschen rebounden, ein bisschen rumlaufen und sowas. (lacht) Das war auf jeden Fall ein Highlight. Aber zurück zur eigentlichen Frage: Nein, ich würde da jetzt niemanden speziell rauspicken. Jeder Trainer hat andere Schwerpunkte. Es ist sehr bereichernd, so viele verschiedene Trainer erlebt zu haben. Oder auch die ganz unterschiedlichen Ansätze in den USA oder Spanien. Bei Christian lerne ich aktuell vor allem die detaillierte Spielvorbereitung, wo ich Prioritäten setze.
Lass uns zu deiner Zeit in Trier kommen. Du kamst im Mai 2018 hier hin. Vor dir haben schon einige einen ähnlichen Weg beschritten (Kevin Smit, Lucien Schmikale, Christian Held). Wie kommt das zustande?
Der persönliche Kontakt zu Christian hat natürlich maßgeblichen Einfluss darauf gehabt. Wir haben immer gut zusammengearbeitet und den Kontakt gehalten. Ich habe nach einem weiteren Jahr, wo ich unter anderem Co-Trainer in der ProB war, Ausschau nach etwas Neuem gehalten. Ich suchte nach einer Stelle, wo ich Verantwortung übernehmen kann, wo was aufgebaut und entwickelt wird. Vor allem wo der deutsche Nachwuchs gefördert wird und es das klare Ziel gibt, den eigenen Nachwuchs im Profibereich zu etablieren. Da hat sich Trier hervorgetan, wenn man zum Beispiel Seba Herrera (Crailsheim Merlins), Kilian Dietz oder die Hennen Brüder sieht.
Trier als Nachwuchsstätte
Nachwuchsförderung ist mittlerweile in so gut wie jedem Konzept der Basketballstandorte zu finden. Dafür hättest du also nicht extra an die Mosel wechseln müssen.
Das ist richtig, viele Standorte sagen das. Am Ende entscheidet aber dein Tun. Da gibt es häufig eine Diskrepanz. Das gibt es hier allerdings nicht. Das, was in Trier getan wird, wird nicht in vielen andere Vereinen geleistet. Hier wurde Geld in die Hand genommen, um gezielt im Nachwuchsbereich zu arbeiten. Und die Jungs bekommen hier Chancen. Rupi (Hennen) ist jetzt Starter und bekommt Spielzeit. Und das, obwohl er aus strukturellen Gründen kaum Nachwuchs Basketball Bundesliga (NBBL) spielen konnte. Auch weil ich sowas hier erlebe, macht das Arbeiten so Spaß.
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