Trier. An einem warmen Maiabend trafen sich Menschen aus der Region, um über das zu sprechen, worüber oft geschwiegen wird. Bei „Kaffee, Tee und Tod“, einer offenen Gesprächsrunde in Hannah’s Kreativcafé, wurde zugehört, erzählt und nachgedacht. Im Anschluss an die Veranstaltung sprachen die vier Initiatorinnen in einem exklusiven Interview über ihre Eindrücke, ihre Motivation und warum es solche Räume öfter geben sollte.

Ruhige Musik in Hannah’s Kreativcafé, der feine Duft des Kräutertees, der vor einem steht – und Gespräche über den Tod. Was auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt, entpuppte sich bei der Veranstaltung „Kaffee, Tee und Tod“ als wohltuender und zutiefst menschlicher Austausch. Vier erfahrene Trauerbegleiterinnen luden am 16. Mai zum offenen Dialog ein, fernab von Tabus und Berührungsängsten. Sie schufen damit einen geschützten Raum für ehrliche Worte und offene Herzen. Ob aus Angst vor dem Tod, aus Neugier auf das Danach oder aus eigener Erfahrung mit Verlust: Am Tisch waren alle willkommen, die sich dem Thema öffnen wollen.
Im Anschluss an die Veranstaltung sprachen die Initiatorinnen Jennifer Otte, Ingrid Stork, Conny Scherer und Jennifer Schneider im Interview über ihre Eindrücke, die Bedeutung des offenen Dialogs und darüber, wie es mit „Kaffee, Tee und Tod“ weitergeht.
Offenheit statt Schweigen
„Ich bin immer wieder überrascht, wie schnell Menschen in solchen Runden ins Gespräch kommen, wenn einmal klar ist, worum es geht“, so Jennifer Otte, kreative Trauerbegleiterin und Autorin. Es sei bemerkenswert, wie wenig Scheu in diesen Begegnungen spürbar sei, sobald die Atmosphäre des Vertrauens geschaffen ist. Auch Ingrid Stork, Familientrauerbegleiterin und Coach, betont, wie dankbar sie dafür sei, „dass Menschen sich zeigen, obwohl sie sich untereinander meist gar nicht kennen.“
Das offene Format sei dabei bewusst gewählt: „Trauer ist so individuell. Sie betrifft uns alle, in ganz verschiedenen Formen. Genau das wird in einer offenen Runde sichtbar“, erklärt Conny Scherer, Trauerbegleiterin und Mutmacherin. Für Jennifer Schneider, ebenfalls in der kreativen Trauerarbeit tätig, ist es vor allem eines: „Ein Raum, in dem Menschen sich gesehen fühlen.“
Trauer muss nicht akut sein, um darüber sprechen zu dürfen
Nicht alle Teilnehmenden waren akut betroffen und das war ganz im Sinne der Veranstalterinnen. „Wir möchten, dass man auch dann kommt, wenn man nicht gerade trauert“, so Jennifer Otte. „Denn im akuten Fall fehlt oft die Kraft. Diese Themen sollten früher ins Bewusstsein rücken. Sie gehören mitten ins Leben.“
Dass Trauer kein abgeschlossenes Kapitel ist, sondern auch nach Jahren noch Raum braucht, wurde bei der Veranstaltung deutlich. „Es waren heute auch Menschen dabei, bei denen der Verlust schon länger her ist“, sagte Ingrid Stork. „Trauergruppen werden oft als Akuthilfe angesehen, aber viele sind noch immer in Trauer, was vollkommen okay ist. Sie haben vielleicht aktuell keinen Raum dafür und sich das aber jetzt nochmal gewünscht“. So ist das Format als offener Dialog eben dafür da, „möglichst viele Menschen anzusprechen“, so Conny Scherer.
Was sollen die Teilnehmer*innen aus so einer Veranstaltung wie „Kaffee, Tee und Tod“ mitnehmen?
Jennifer Schneider: „Dass sie gesehen werden.“
Conny Scherer: „Dass ihnen wertfrei zugehört wird. Und dass daraus Verbindung entstehen kann. Nicht nur in unserem Raum, sondern hoffentlich auch im Alltag.“
Ingrid Stork: „Dass sie mutig sein dürfen. Und merken: Es gibt andere, die gerne über diese Themen sprechen würden, sich aber nicht trauen.“
Jennifer Otte: „Für mich ist es vor allem das Gefühl: „Es darf Platz haben im Leben.“ Vielleicht brennt sich ein Gedanke oder ein Satz ein, den man in einer schwierigen Situation mitnimmt.“
Für die Zukunft ist bereits einiges in Planung. Während über den Sommer eher Formate im Freien angedacht sind, etwa Spaziergänge mit Gesprächsimpulsen, wird „Kaffee, Tee und Tod“ im Herbst und Winter wieder in geschlossenen Räumen stattfinden. Außerdem startet Conny Scherer ab Juni einen offenen Stammtisch im Astarix, immer am zweiten Donnerstag im Monat.
Die Gesichter hinter dem Projekt
- Ingrid Stork berät Unternehmen und gestaltet gemeinsam mit Jennifer Otte Projekttage in Kitas und Schulen.
- Conny Scherer bietet Einzelbegleitung und Begegnungsformate an – mitten im Leben.
Ab Juni: Offener Stammtisch im Astarix an jedem zweiten Donnerstag im Monat. - Jennifer Schneider hält Vorträge und Workshops, wie z.B. am 10. Juni im Rahmen des Frauennetzwerks Merzig „Sternenmütter – Lass und drüber reden“.
- Jennifer Otte, Autorin des „Kreativbuchs für meine Trauer“, begleitet Menschen in Workshops, Spaziergängen und Online-Formaten.
Zum Ende hin möchte ich mich herzlich bei den Veranstalterinnen und Teilnehmenden bedanken, dass ich an diesem besonderen Abend teilhaben durfte. Auch wenn ich im Rahmen meines Praktikums bei 5VIER vor Ort war, hat mich die Offenheit, mit der über Leben und Tod gesprochen wurde, tief beeindruckt. Der Abend wirkte nach und hat mir gezeigt, wie wertvoll Räume für ehrlichen Austausch über Trauer und Vergänglichkeit sind.
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