Bereits zum dritten Mal bereichert der junge südafrikanische Regisseur Neill Bloomkamp das Science-Fiction-Genre. Nach District 9 und Elysium erzählt er in Chappie nun die Geschichte eines mit künstlicher Intelligenz versehenen ehemaligen Polizeiroboters in der Unterwelt des Molochs Johannesburg. Andreas Gniffke hat sich den sehenswerten Film im Trierer CinemaxX angesehen.
Ferne Galaxien und Zeitreisen sind Neill Blomkamps Sache nicht. Zwar spielen seine Filme in futuristischen Welten, doch seine düsteren Visionen spielen in einer nahen Zukunft und bieten eine deutlich greifbare Kritik an aktuellen Zuständen nicht nur in seiner Heimat. District 9 wurde so zu einem eindringlichen Anti-Apartheid-Film, Elysium beschreibt eine Zweiklassengesellschaft und den erbitterten Kampf der Armen um eine lebenswerte Zukunft. Seinen Themen bleibt Blomkamp auch in Chappie treu. Der Film spielt im Jahr 2016 und Johannesburg setzt im Kampf gegen Gewalt und Verbrechen auf Roboterpolizisten, die ohne Emotion streng nach Gesetz handeln und zur Not ihren menschlichen Kollegen Feuerschutz geben. Roboter Nr. 22 ist dabei ein echter Pechvogel und ist häufiger in Reparatur als im Einsatz. Als es ihn besonders schwer erwischt, droht die Schrottpresse. Deon Wilson (Dev Patel, Slumdog Millionaire), genialer Erfinder der Roboter, schnappt sich die Überreste, um seine neue Software zu erproben und die Maschine mit künstlicher Intelligenz auszustatten. Zwar gelingt ihm der Durchbruch, doch bevor das System aktiviert werden kann, wird er samt seinem Roboter vom Gangsterpärchen Ninja und Yolandi (die südafrikanischen Kultrapper Die Antwoord) entführt, um mit einem Kampfroboter einen Geldtransporter zu überfallen. Als Kämpfer ist dieser jedoch denkbar ungeeignet. Einmal aktiviert, befindet sich Chappie, wie er schließlich genannt wurde, im Zustand eines Kleinkinds, ist allerdings mit einer enorm schnellen Auffassungsgabe gesegnet. Während Deon ihm versucht moralische Werte zu vermitteln und Yolandi ihre mütterliche Seite entdeckt, versucht Ninja ihn zu einem echten Gangster zu erziehen.
Deons Erfindung bleibt nicht unbemerkt. Sein Konkurrent Vincent Moore (Hugh Jackman, Wolverine, mit einer gewöhnungsbedürftigen Frisur), der ein eigenes Waffensystem am Start hat, kommt Chappie auf die Schliche und das Leben in der Unterwelt wird für den Roboter immer gefährlicher. Er wird verprügelt, in Brand gesetzt, verliert entführt von Moore einen Arm und lernt auf selbst für einen Roboter schmerzhafte Art und Weise, wie hart das Leben auf den Straßen Johannesburgs ist. Als er erkennt, dass seine eigene Lebensuhr in Form einer defekten Batterie abläuft, beginnt er sich mit seiner Identität und existenziellen Fragen des Lebens auseinanderzusetzen.
Optisch knüpft Chappie wieder mehr an Blomkamps Erstling District 9 an, mit Freude bedient er sich aber ebenso an bekannten Motiven des Genres. So erinnert vor allem der kindliche Chappie an den naiven Roboter ‘Nummer 5’ aus den 80er-Jahren. Schnell schließt man die eigentlich zu Pazifismus erzogene Kampfmaschine in sein Herz und die Grenzen zwischen Mensch und Konstrukt verschwimmen, was zunehmend auch Chappie und seinen Erfinder vor Probleme stellt. So werden bei aller Action und Unterhaltung zentrale Daseinsfragen gestellt und die Frage, wo Leben und Bewusstsein endet, ist alles andere als Zukunftsmusik. Der von Sharlto Copley verkörperte Chappie steht seinen menschlichen Schauspielerkollegen in nichts nach und vermag echte Emotionen zu transportieren. Mit Hugh Jackman und Sigourney Weaver als kalte Chefin eines Waffenkonzerns steht echte Hollywoodprominenz bereit, die jedoch von den Filmneulingen von Die Antwoord an die Wand gespielt werden. Auch wenn man aus Produktionskreisen hörte, dass die Gangsterattitüde vor allem Ninjas auch am Set für Probleme sorgte, überzeugen er und Yolandi auf ganzer Linie. Trotz aller Liebenswürdigkeit des Roboters ist Chappie dabei kein Film für jüngere Zuschauer, gerade am Ende geht es doch recht blutig zu.
Dem Science-Fiction Genre wird Neill Blomkamp weiter treu bleiben, denn wie kürzlich bekannt wurde, soll er der Alien-Reihe neuen Schwung verleihen. Eine gute Wahl, wie auch Chappie wieder beweist. Für Fans des Genres sicher ein Kino-Pflichtbesuch.
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