Trier. Kinos sind zu teuer, die Filme oft schlecht und das Streaming wird die Kinos sowieso bald unnötig machen. Doch ist das wirklich so? Besonders für Programmkinos war die Pandemie eine harte Zeit. Doch wie nun die Zukunft des Kinos aussehen kann und warum das Kino ein wichtiger Kulturort ist, darüber habe ich mit Dirk Ziesenhenne, dem Betreiber des Broadway Filmtheaters in Trier, gesprochen.
Der Mann hinter dem Broadway
Dirk Ziesenhenne kam 1988 nach Trier, motiviert von seiner Leidenschaft fürs Kino. Damals begann er mit einem kleinen Kino in der Maximinstraße, dem Atrium. 1994 übernahm er dann das Broadway und 1997 das Royal. Nachdem im Jahr 2000 das Atrium und das Royal geschlossen wurden, ist das Broadway das einzige verbliebene Programmkino in Trier und kann sich dank innovativer Konzepte und einer treuen Zuschauerschaft auch in Krisenzeiten beweisen.
Krise während der Pandemie
Keine Einnahmen durch monatelange Schließungen, laufende Mietkosten und eine psychische Belastung für das ganze Team – die Pandemie hat auch die Kinobranche vor große Herausforderungen gestellt. So sagt Ziesenhenne, dass das Broadway ohne die staatlichen Corona-Hilfen wahrscheinlich für immer hätte schließen müssen. Dennoch haben er und sein Team nie die Köpfe in den Sand gesteckt, sondern versucht, auch während der Kinoschließungen weiter präsent zu sein. So konnte man sich über spezielle Newsletter auf dem Laufenden halten und sogar eigene Möglichkeiten zum Streaming von Filmen wurden ins Leben gerufen. Diese Bemühungen wurden vom Publikum wertgeschätzt. Viele Stammgäste schrieben E-Mails, um Mut zuzusprechen, haben das Team motiviert und teilweise sogar Geld gespendet, damit sich das Broadway über Wasser halten kann. Für Ziesenhenne waren das nicht nur nette Gesten, sondern es hat deutliche Wirkung gezeigt: ,,Das war schon wirklich herzerwärmend, das muss ich ganz ehrlich sagen. Und das hat uns über Wasser gehalten, weil auch für unsere Mitarbeiter die Zeit nicht einfach war.”
Das Kino muss sich neu erfinden
Kinos gelten für viele als zu teuer, die Filme oft als wenig ansprechend, und Streaming wird als Grund gesehen, warum Kinos bald überflüssig sein könnten. Besonders in der Pandemie hat die Streamingindustrie einen großen Boom erfahren und viele Menschen haben das Heimkino für sich entdeckt. Wahrscheinlich sind auch deshalb die Besucherzahlen im Broadway noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau angekommen. Als Kinobetreiber könnte man das Streaming jetzt verteufeln, doch Ziesenhenne hat eine andere Ansicht zu dem Thema: ,,Ich könnte mir vorstellen, dass man den sozialen Raum Kino auch nutzen kann für eine Streamingpremiere oder Binge-watching von einer Serie. Man muss Kino ein bisschen anders denken: Wir wollen veranstaltungslastiger werden, weil man merkt, die Leute haben Bock auf Veranstaltungen.” Auch wenn solche Vorhaben noch nicht möglich sind, bietet das Broadway jetzt schon die Möglichkeit, Kinosäle privat zu buchen. Besonders Kindergeburtstage seien sehr beliebt, aber auch Firmenveranstaltungen werden immer gefragter, sagt Ziesenhenne. Auch passend zur Weihnachtszeit veranstaltet das Broadway am 22.12.24 ein Adventskino für Kinder im Grundschulalter. Dort können sie im Kino weihnachtliche Filme sehen, zusammen basteln und spielen.
Gesellschaftliches Engagement
Neben den normalen Filmvorführungen nutzt das Broadway seine Räumlichkeiten auch für Bildungs- und Jugendangebote. So wird zusammen mit der Lokale Agenda 21 Trier e.V. ein Agenda Kino angeboten, bei dem mit bestimmten Filmen die ökologischen, sozialen und ökonomischen Fragen der heutigen Welt aufgezeigt und diskutiert werden. Ein weiterer Punkt sind die Projekte zur Gewaltprävention, die in Kooperation mit der Polizei und regionalen Schulen stattfinden. Dazu gehören beispielsweise die Vorführung und Diskussion von Filmen, die sich mit Themen wie Mobbing, häuslicher Gewalt oder Gruppenzwang befassen.
Ist ein Kinobesuch zu teuer?
Ein Kinobesuch mit Snacks und Getränken kann besonders für Familien teuer werden und ist nicht für jeden finanzierbar. Durch Mindestlohn, Miete und Energiekosten steigen allerdings auch für das Broadway die Kosten immer weiter an und für Ziesenhenne stellt die Preisgestaltung eine große Herausforderung dar. Er sehe das Kino als Kulturort für jedermann und würde es gerne jedem ermöglichen ins Kino zu gehen, egal wie es im Portemonnaie aussieht. Besonders Familien sind für Ziesenhenne auch ein persönliches Anliegen: ,,Wir sind der Überzeugung, dass Familien in der Gesellschaft zu kurz kommen.” Deshalb versucht das Broadway, Angebote zu schaffen, die jedem einen Kinobesuch ermöglichen sollen. So gibt es Kinotage, an denen der Eintrittspreis deutlich ermäßigt ist und am Wochenende kann man Familientickets kaufen, bei denen die ersten 3 Familienmitglieder jeweils acht Euro zahlen und jedes weitere Ticket nur sechs Euro kostet.
Optimistisch in die Zukunft
Trotz der Herausforderungen durch Corona, den Streamingdiensten oder den steigenden Kosten bleibt Dirk Ziesenhenne weiterhin optimistisch: ,,Wir versuchen nach vorne zu blicken. Wir haben zum dreißigjährigen Jubiläum einen sehr umfangreichen Umbau vorgenommen und wollen damit ein Zeichen setzen, dass wir an den Ort glauben und dass wir an Kino glauben und wir finden, dass Kino eine schöne Stelle ist, um gemeinschaftlich etwas zu erleben.” Für diese Haltung wurde das Broadway in diesem Jahr auch schon belohnt, indem es als Hauptpreisträger des Kinoprogrammpreises des Landes Rheinland-Pfalz für ein anspruchsvolles und kulturell wertvolles Programm ausgezeichnet wurde. Das Kino bleibt letztendlich eine einmalige Möglichkeit, zusammen mit anderen Leuten Filme zu genießen. Die Aktionen des Broadway zeigen, wie Kino als Ort für gemeinschaftliche Erlebnisse neu gedacht werden kann.
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