In „Melancholia“ werden zwei Schwestern mit dem Ende der Menschheit konfrontiert. 5vier.de-Redakteurin Silke Meyer hat sich den Film angesehen.
„Melancholia“ – Das ist nicht nur der Titel von Lars von Triers neustem Film, sondern auch der Name eines Planeten der zu Beginn des Dramas mit der Erde kollidiert und somit jedes Leben von selbiger tilgt. Was folgt ist eine Rückblende, ein Blick auf das Leben der Schwestern Justine und Claire, verkörpert von Kirsten Dunst („Spider Man“) und Charlotte Gainsbourg („21 Gramm“).
Erstere feiert ihre Hochzeit mit Michael, scheint aber nicht wirklich glücklich dabei. Mit jeder verstreichenden Minute wird deutlicher, dass etwas mit Justine nicht stimmt. Visionen und Stimmungsschwankungen, die sich im Verlauf des Films zu einer manischen Depression steigern werden, quälen die junge Braut und stehen ihrem Glück mit Michael im Wege.
Zwei Schwestern und ein fremder Planet
Der seltsame Stern, den sie am Himmel entdeckt hat, irritiert sie. Zudem lässt ihr ihr Boss keine Ruhe, will sogar an diesem wichtigen Tag von ihrer Kreativität profitieren. Ihr Vater ist ein unzuverlässiger Schwerenöter, ihre Mutter kaltherzig und verbittert. Lediglich ihre Schwester Claire scheint dem Wahnsinn entronnen zu sein und lebt mit Mann John und Sohn Leo ein relativ normales Leben.
Obwohl es deutlich ist, dass Claire ihre Schwester liebt, wird doch schnell klar, dass zwischen den beiden etwas im Argen liegt. Ihr Gatte John, der die Hochzeit finanziert hat, zeigt sich von Justines seltsamen Verhalten genervt. Claire versucht Verständnis für ihre Schwester zu haben, wird dabei aber auf eine harte Probe gestellt. Warum, fragt sie sich, kann Justine nicht glücklich sein?
Das Ende der Menschheit
„Melancholia“ machte allein deshalb schon Schlagzeilen, weil Regisseur Lars von Trier auf den Filmfestspielen in Cannes wegen unpassender Aussagen ausgeschlossen wurde. Trotzdem zeigte sich das Publikum vom Film begeistert und Kirsten Dunst erhielt einen Preis als beste Schauspielerin. Zu recht. „Melancholia“ wartet mit fantastischen Leistungen von Dunst und Gainsbourg auf.
Nicht nur die beiden Hauptdarstellerinnen glänzen, auch die anderen Schauspieler, u.a. Kiefer Sutherland („24“), Stellan Skarsgaard („Mamma Mia!“) und John Hurt („Hellboy 2“), überzeugen auf ganzer Linie. Hinzu kommen wunderbare Kameraeinstellungen, symbolträchtige Bilder und ein passendes Erzähltempo, das den Figuren Gelegenheit gibt, sich zu entfalten.
„Melancholia“ präsentiert sich als Familiendrama und psychologische Charakterstudie: Die Schwester Justine und Claire erleben Höhen und (weit mehr) Tiefen und stehen letztendlich dem Ende gegenüber. Während die Erde sich ihrem Untergang nähert, fügt sich die eine Schwester in ihr Schicksal, die andere hadert damit. Dem Zuschauer steht ein emotional intensiver Trip bevor, der zur Reflexion über Leben und Lebenssinn animiert.
Mein Fazit: Ein außergewöhnlicher, tiefsinniger Film mit wunderbaren Darstellern. „Melancholia“ ist ein Erlebnis der besonderen Art.
Andreas Gniffke meint
Wahrlich ein beeindruckendes Kunstwerk mit phantastischen Schauspielern. Vor allem Kirsten Dunst liefert eine Meisterleistung ab, zunächst noch als strahlende aber tief verletzte Schönheit, später als totaler Trümmerhaufen. Und wenigstens gibt es ein Happy End, am Ende ist Schmerz und Leid für alle Beteiligten vorbei.
Es ist schade, dass Lars von Trier durch seine dummen Provokationen in Cannes einen Schatten über den Film gelegt hat. Man kann nur hoffen, dass sich mancher dadurch nicht vom Kinobesuch abhalten lässt.