Terrence Malicks Drama „The Tree of Life“ gewann in Cannes die Goldene Palme und gilt für viele Kritiker als Filmjuwel. Viele Zuschauer können das nicht nachvollziehen. 5vier-Redakteurin Silke Meyer hat sich den Film angesehen.
Es war schon eine etwas befremdliche Erfahrung: Einige Zuschauer verließen vorzeitig das Kino. Man konnte hören, dass andere sich während des Films unterhielten und dabei sehr verwirrt klangen. Und als „The Tree of Life“ nach 138 Minuten zu Ende war hörte man Aussagen wie „Gott sei Dank ist es vorbei!“ Da fragt man sich doch, wieso die Besprechungen vieler Kritiker derart positiv ausgefallen sind. Aber langsam, fangen wir mal mit einer Zusammenfassung der Story an. Wobei, ganz so einfach wir das sicher nicht.
Mr und Mrs O’Brien (Brad Pitt und Jessica Chastain) erhalten zu Beginn die Nachricht, dass ihr 19-jähriger Sohn verstorben ist. Es folgt ein Zeitsprung: Jahre später ist ihr anderer Sohn Jack (gespielt von Sean Penn) immer noch nicht über den Tod seines kleinen Bruders hinweg. Während er seinen traurigen Gedanken nachhängt, macht der Film bereits den nächsten Sprung. Was nun gezeigt wird, ist der Urknall und die darauf folgenden Entwicklungen, untermalt von religiös-existenzialistischen Fragen. Von Weltallstürmen, reisen wir zu Unterwasserwelten und zu den Dinosauriern. Ein Grund für die ersten Zuschauer, das Kino zu verlassen.
Wo kommen denn die Dinosaurier her?
Wer die Zähne zusammenbiss und blieb, konnte daraufhin in Jacks Kindheit in den 60er Jahren eintauchen und miterleben, wie er und seine Brüder unter einem strengen Vater zu leiden hatten, der seine Söhne zwar sehr liebte, ihnen aber zweifelhafte Werte mitgab. Zu Kämpfern wollte er sie erziehen, denn die Schwachen, dass war ihm klar, haben in dieser Welt nichts zu lachen. Jacks Mutter hingegen war eine sanfte liebevolle Person. Beide legten viel Wert auf Religiosität und so stellt Jack während des ganzen Films immer wieder Fragen an Gott, sucht nach dem Sinn hinter all dem Leid.
„The Tree of Life“ zeichnet sich vor allem durch experimentelle Kamerafahrten und einen ungewohnt nonlinearen Erzählstil aus. Die menschliche Suche nach dem Sinn des Lebens a la Terrence Malick ist dabei vor allem eins: langatmig. Minutenlang beobachtet man Vogelschwärme oder sieht Vulkane beim Ausbrechen zu. Und fragt sich dabei schnell, was das ganze überhaupt soll. Gerade die erste halbe Stunde des Films mit der Rekonstruktion des Urknalls und den Dinosauriern sorgte bei vielen Zuschauern für Verwirrung.
Philosophische Fragen nach dem Sinn des Lebens – Wem’s gefällt…
Außerdem ist auch der religiöse Unterton des Films vielleicht nicht unbedingt etwas für jedermann. Zwar sind die philosophischen Fragen, die aufgeworfen werden, sicher für viele von existenzieller Bedeutung, aber irgendwie ist es hier schon wieder zu viel des Guten. Somit braucht man für „The Tree of Life“ vor allem eins: Geduld. Wer Gott und die Welt besser verstehen will, kann dem ganzen vielleicht etwas abgewinnen, mit Unterhalten hat es jedoch nur wenig zu tun.
Die Schauspieler sind durch die Bank top. Insbesondere Brad Pitt („Troja“) zeigt als strenger Vater eine beeindruckende Performance, aber auch die Darsteller der Söhne machen ihre Arbeit sehr gut. Und die ätherisch schöne Jessica Chastain („Jolene“) wird man hoffentlich noch öfter auf der großen Leinwand bestaunen dürfen. Als Familiendrama, befreit von all den pseudophilosophischen Reisen durchs Weltall, hätte der Film sicher mehr Zuschauer in seinen Bann schlagen können. Doch leider verblassen die guten schauspielerischen Leistungen schnell und was einem von dem Film in Erinnerung bleibt sind hauptsächlich galaktische Stürme und Dinosaurier. Schade.
Fazit: „The Tree of Life“ ist nicht unbedingt etwas für jedermann. Wer philosophisch-religiöse Lebensweisheiten sucht, mag hier vielleicht dennoch fündig werden. Gutes Sitzfleisch ist aber definitiv ein Muss.
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