Von Martin Köbler
Da hat es sie also nun doch erwischt, die Eintracht aus Trier. Fünf Wochen in Serie eilten die Kraus‘, Saccones, Mehas und Hollmanns von Sieg zu Sieg, stürmten die Tabellenspitze der Regionalliga West, hielten sie, siegten weiter – 1:0 gegen den FC Schalke 04 II, ein 3:0 in Bochum, 2:0 gegen Aufsteiger Wiedenbrück, 1:0 gegen die kleine Bayer-Elf aus Leverkusen, ein 3:1 gegen den alten Rivalen aus Homburg – und nun also Elversberg. Eben jene Mannschaft, die zuvor Wochen der Tristesse durchleben musste, bittere Pleiten wie das 0:7 gegen den 1. FC Köln II einsteckte und dem guten Saisonstart hinterhechelte. Was man als „verkehrte Welt“ bezeichnen könnte, war am gestrigen Nachmittag im benachbarten Saarland allerdings nicht mehr als eine sich selbst bewahrheitende Prophezeiung – denn Gastspiele der Eintracht im Saarland unweit der Bundesautobahn 8 sind selten von Erfolg gekrönt und noch viel seltener schön anzusehen. Dort, wo die tapferen weil zahlenmäßig fast in jeder Partie – egal, ob auswärts oder heim – unterlegenen Elversberger Anhänger einst den „Mythos Kaiserlinde“ auf Transparent herbeischwören wollten, haben unansehnliche, hart umkämpfte, „dreckige“ und im Ausgang meist unbefriedigende Partien fast schon Tradition. So wirken die jüngsten beiden 0:1-Auswärtserfolge der Eintracht anno 2008/2009 (als Josef Cinar im Frühjahr 2009 per Kopf nach einer desaströs anzuschauenden Begegnung kurz vor Schluss die Kugel im Anschluss an eine Ecke in die Maschen donnerte) und 2009/2010 (der mittlerweile beim ursapharm-Spielzeug gelandete Wilko Risser war es, der mehr per Zufall denn durch Können wenige Tage vor der DFB-Pokalsensation gegen Arminia Bielefeld zum Torerfolg genötigt wurde) schon fast als unwirklich wirkende Resultate, war es doch in der Vergangenheit – meist recht früh in der Saison – ein fester Termin im Kalender der Vereinsverantwortlichen: Auswärtsspiel in Elversberg – Hinfahrt – wenig bis nichts mitholen – Rückfahrt. So war es 2005/2006, nach dem Zweitliga-Abstieg am dritten Spieltag, als sich spätestens nach der 2:3-Niederlage der Kollaps andeutete. So war es 2001/2002, als am zweiten Spieltag Amaechi Ottiji zwanzig Minuten vor dem Ende die erste Saisonniederlage für die Mannen von der Mosel perfekt machte. So war es auch 1999/2000, am Spieltag Nummer vier. 0:0. Heuer ist es also ein 0:2. Die Eintracht an der Kaiserlinde – hilft nur eines: Mund abwischen, weitermachen – und die Ausfahrt Spiesen-Elversberg tunlichst aus dem Navigationsgerät des Mannschaftsbusses streichen.
Foto: „Da leg’st di nieda…!“ – die Kaiserlinde und die Eintracht, sie passen einfach nicht zusammen…
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Das beste kommt bekanntlich zum Schluss – nicht erst seit der Verfilmung der gleichnamigen Tragikomödie von Jack Nicholson und Morgan Freeman aus dem Jahre 2007. Und dass Auftritte der Eintracht an der Kaiserlinde gerne ebendiesem Genre von Film ähneln, dürfte in den obigen Ausführungen hinreichend erläutert worden sein. Kein Wunder also, dass das einzige Lächeln, welches über die Lippen des Verfassers dieser Zeilen am Elversberger Ortseingang nicht in den gerade erst abgepfiffenen neunzig Minuten, sondern beim Verlassen des kleinen Stadions huschte. Der aus fünfzehn wackeren Anhängern bestehende „Heimblock“ zu meiner Rechten hatte sich längst aufgelöst, kein Elversberger Spieler mehr auf dem Platz. Zu meiner Linken: keiner ist nach Hause gegangen – der Gästeblock besticht durch geschlossene Reihen. Alle harren sie aus, ehe sich die elf Mannen in Blau-Schwarz-Weiß vor ihnen präsentieren. Aufmunternder, donnernder Applaus – und dann geschieht einer jener Momente, die man trotz der bitter anzusehenden 0:2-Niederlage vorher wohl nie wieder vergessen wird. Langsam verbreitet sich unter den Ultras, den umherstehenden Fans und allen anderen diese eine Zeile, die Gänsehaut auf den Armen entstehen und kurz zweifeln lässt, ob der kalte Schauer, der gerade über den Rücken läuft, wirklich vom beginnenden Winterwind herrührt. „Mir senn daobei, ganz egaal, wat passeert. Heut ganz genausu wie friehjao! Mir senn daobei, mir bleiwen immer treu! Für uns geddet nur Eintracht Trier!“, donnert es aus dem Gästeblock über die Kaiserlinde, ehe sich das Echo an der verwaisten gegenüberliegenden Betonwand bricht.
Diese Niederlage, sie wird diese Mannschaft nicht umhauen. Und noch viel weniger wird es die gerade erst begonnene Liebesbeziehung der Anhängerschaft zu der neuen Eintracht ernsthaft gefährden. Alle, aus deren Kehlen sich diese magischen Wörter in die kalte, böige Luft unweit Neunkirchens bahnten, wissen: „Su e weide Wech senn mir zesamme gaang, manch‘ Törschie hammer uns gefaang“ – was aber viel, viel schöner ist: „Doch am End‘, weht die Faohn wie eh und je – ganz owen vom SVE!“
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