Die Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden in der Region Trier befinden sich auf einem Rekordniveau. Dennoch erhöhen die Kommunen weiter die Hebesätze von Gewerbesteuer und Grundsteuer B. Laut der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammer gab es in den 556 Kommunen im IHK-Bezirk Trier in diesem Jahr 377 Anhebungen der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B. Der gleiche Trend zeige sich auf Landesebene.
Trier/Mainz. Mehr als die Hälfte aller rheinland-pfälzischen Kommunen haben zum Jahresbeginn 2014 die Realsteuern angehoben. Während zwischen 2008 und 2010 jeweils nur etwa zehn Erhöhungen der Hebesätze zu verzeichnen waren, gab es in diesem Jahr alleine bei der Gewerbesteuer 160 Anhebungen. Bei der Grundsteuer B für Betriebs- und andere Grundstücke wurden 217 Erhöhungen festgestellt. Von den insgesamt 2.318 Gemeinden in Rheinland-Pfalz haben 1.249 (54 %) die Gewerbesteuerhebesätze und 1.387 (60 %) die Hebesätze der Grundsteuer zum 1. Januar 2014 erhöht.
Gefahr für regionale Unternehmen
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) geht davon aus, dass sich die Steueranhebungen in Rheinland-Pfalz negativ auf eine wettbewerbsfähige Wirtschaft auswirken könnten. Damit entscheide der örtliche Hebesatz zu einem erheblichen Teil über die Standortqualität der Kommunen und die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen. Die Gewerbesteuer könne Betriebe zu Standortverlagerungen bewegen oder in ertragsschwachen Jahren sogar deren Existenz gefährden und kosten. Dazu Dr. Jan Glockauer, Trierer IHK-Hauptgeschäftsführer: „Das andauernde Drehen an der Steuerschraube ist eine enorme Belastung für die heimischen Unternehmen und die Attraktivität des Standortes. Wer im interkommunalen Standortwettbewerb mittel- bis langfristig punkten will, muss sich als Kommune bei Steuer- und Abgabenerhöhungen zurückhalten.“ Die Politik sei gefordert, sich für bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen, Haushaltskonsolidierung und gegen Steuererhöhungen auszusprechen.
Dies sieht Ralf Frühauf, Pressesprecher der Stadt Trier, etwas anders: „Der überwiegende Teil der rheinland-pfälzischen Kommunen schreibt in den kommunalen Haushalten seit Jahren hohe Defizite als Folge von Aufgabenverlagerungen vom Bund und Land auf die Kommunen, welche nicht einhergehen mit der Stärkung der Einnahmeausstattung.“ Das einzige Instrument, welches eine Kommune im größeren Maße bedingt selbst einsetzen könne, sei die kommunale Steuerpolitik über die Realsteuern (Grund- und Gewerbesteuer). „Es ist zwar richtig, dass auch im Haushalt der Stadt Trier im Vergleich zu den Vorjahren durchaus eine steigende Tendenz bei den Gewerbesteuererträgen zu verzeichnen ist. Die gestiegenen Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer von 2,6 Mio. Euro reichen jedoch bei weitem nicht aus, ein Haushaltsdefizit von 47,1 Mio. Euro aufzufangen.“
Landesregierung zeigt sich unbeeindruckt
Zum Teil gehen die Steuererhöhungen laut IHK auch auf die von der Landesregierung verabschiedeten Vorgaben zurück. So wurden die Nivellierungssätze beim kommunalen Finanzausgleich von 352 auf 365 Prozent für die Gewerbesteuer und von 338 auf 365 Prozent für die Grundsteuer B angehoben. Zwei Drittel der Anhebungen wurden exakt den Nivellierungssätzen angepasst. „Das ist kein Zufall, denn erhebt eine Kommune einen Hebesatz, der unter diesem Nivellierungssatz liegt, werden den Gemeinden bei der Berechnung der Zuweisungen und Umlagen automatisch die auf diesen Sätzen basierenden fiktiven höheren Einnahmen unterstellt“, erklärt Ursula Bartz, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der IHK Trier. Sie wird also reicher gerechnet, als sie tatsächlich ist und erhält niedrigere Zuweisungen beziehungsweise muss höhere Umlagen zahlen. „Wer also nicht anhebt, wird bestraft“, macht Bartz deutlich.
Das rheinland-pfälzische Finanzministerium um Minister Carsten Kühl zeigt sich unbeeindruckt von der Kritik. Horst Wenner, Pressesprecher des rheinland-pfälzischen Finanzministeriums, macht deutlich: „Die Hebesätze der Gewerbe- und der Grundsteuer werden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung von der jeweiligen Kommune selbst festgelegt. Das Verfassungsgericht des Landes hat festgestellt, dass im Bundesvergleich hier im Land unterdurchschnittliche Hebesätze Anwendung finden. Während das Land große Anstrengungen zur Verbesserung der Kommunalfinanzen unternimmt, kann man auch einen Beitrag von den Kommunen fordern, so das Verfassungsgericht. Die Nivellierungssätze dienen einer verzerrungsfreien Ermittlung der kommunalen Steuerkraft im Interesse eines fairen Umgangs der Kommunen untereinander.“ In den letzten 14 Jahren seien die Nivellierungssätze nur zwei Mal angepasst worden. „Außerdem wird durch die Erhöhung der Nivellierungssätze niemand bestraft, aber es gibt durchaus einen Anreiz für die Kommunen, auskömmliche Hebesätze festzulegen. Im Bundesvergleich liegen die Hebesätze in Rheinland-Pfalz weiterhin deutlich unter dem Durchschnitt.“
Von Nicholas Steinberg
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