Die Corona-Pandemie hält die Menschen nun schon fast zwei Jahre lang in Atem. Zahlreiche Lockdowns – harte Einschränkungen und Maßnahmen, kämpfen auch aktuell viele Branchen ums nackte Überleben. Gastro – Einzelhandel und auch die Hotelszene, stehen teilweise an der Klippe ihrer Existenz.
Auch Alexandra Sterzenbach ist in der Hotel-Branche tätig. 2018 übernahm die Trierer Unternehmerin das „Stadt-Hotel“ Aulmann. Sie investierte viel in ihren Traum – baute sich alles Schritt für Schritt auf und war stolz auf ihr Erreichtes. Doch dann kam Corona – inklusive das Handeln einer bisher unfähigen Politik. Aktuell gilt in Rheinland-Pfalz auch in der Hotel-Branche die 2G bzw. 2G+-Regel. Maßnahmen die einem Lockdown gleichkommen. Wieder hat man Angst und Sorgen – Mitarbeiter müssen in Kurzarbeit, etliche Stornos liegen auf dem Schreibtisch. Im Interview mit 5vier-Redakteur André Mergener stand Hotel-Chefin Alexandra Sterzenbach nun Rede und Antwort:
Hallo Frau Sterzenbach! Zahlreiche Lockdowns in der Vergangenheit und schon zwei Jahre Pandemie. Wie gut haben Sie die letzten Monate und Jahre überstanden bzw. gemeistert?
Alexandra Sterzenbach: Nach dem ersten Lockdown hätte ich noch gesagt, dass ich daran gewachsen bin. 2018 haben wir das Hotel Aulmann übernommen und selbstverständlich auch viel investiert. Weder mein Mann, noch ich hatten große Erfahrungen in der Hotellerie. Obwohl ich in einem Hotel groß geworden bin. Von damals zu heute kann man einfach keinen Vergleich mehr ziehen. Da kamen die Buchungen noch in Postkartenform. Nach dem ersten Lockdown verließ mich mein Hotelleiter und ich dachte mir, dass es kaum schlimmer kommen könnte. Weit gefehlt!
Ich persönlich hätte nie mehr über mich und dieses Gewerbe lernen können, durch diesen ersten Lockdown und die Situation in der ich mich befand. Der zweite Lockdown war unendlich lang und geprägt von vielen Ängsten und schlaflosen Nächten. Was ich jedoch auch hier lernte, dass mein Team zu 100% hinter mir stand und steht. Also haben wir gemeinsam alles wieder hochgezogen. Der Arbeitskräftemangel jedoch war der nächste Kraftakt, den wir überwältigen mussten. Not macht erfinderisch! Ich lernte auch hier wieder, wie flexibel der Mensch doch sein kann, wenn die Not groß ist. So putzt die Chefin gemeinsam mit der Rezeption und dem Housekeeping die Zimmer.
Dies ist keine Selbstverständlichkeit und ich kann nur sagen, dass ich sehr dankbar bin ein solch flexibles Team mein Team nennen zu dürfen. Im Moment fühle ich mich allerdings wie gelähmt. Diese zwei Jahre waren geprägt von großen Herausforderungen und Ängsten und so langsam reicht es mir an alledem. Wir führen dieses Unternehmen mit soviel Herzblut und Liebe und wenn man es stetig vor dem Ruin zu schützen versucht, dann kostet dies jede Menge Kraft. Die aktuelle Situation fühlt sich an, wie Don Quichotte gegen die Windmühlen.
Aktuell ist kein „offizieller Lockdown“ – jedoch gelten wieder härtere Maßnahmen, unter anderem auch die 2G und 2G+-Regel. Wie schwer sind diese Maßnahmen für die Hotel-Branche und wie schwer ist es wieder einmal für Ihr Hotel?
Alexandra Sterzenbach: Regeln sind das eine, aber hier hat sich meiner Meinung nach keiner Gedanken um die Umsetzung, oder die Folgen gemacht. Das Resultat aus 2G und 2G+ zeigt sich bei uns mit massenhaften Stornos. Und mal ehrlich! Möchten Sie verreisen, oder Essen gehen und erst einmal zwei Stunden an einer Teststation anstehen? Mal abgesehen von der Knappheit an Tests die man erwerben kann. Können Sie sich vorstellen, dass ein Gast dadurch verärgert ist, wenn er nach langer Autofahrt noch zum Test zwei Stunden in der Schlange steht? Höre ich da etwa ein Widerwort? Der Gast weiß das doch! Nein, dass weiß leider nicht jeder, denn die verschiedenen Regelungen der Bundesländer machen es uns auch hier auch nicht leichter. Im schlimmsten Fall bekommt der Hotelier noch eine schlechte Bewertung. Man fühlt sich einfach machtlos.
Welche Auswirkungen haben die Maßnahmen genau auf Ihr Hotel – besonders im finanziellen Aspekt und was passiert mit Mitarbeitern und Co.?
Alexandra Sterzenbach: Nun die Auswirkung dürfte klar sein. Leere Zimmer in der Hoch-Saison. Laufende Kosten, wie Miete, Strom und vieles mehr, müssen auch ohne Einnahmen bezahlt werden. Wir werden wieder in die Kurzarbeit gehen müssen und genau hierbei blutet mir das Herz.
Eine gewisse Existenzangst ist da – auch bei Ihnen?
Alexandra Sterzenbach: Ja, die habe ich. Ich versuche positiv zu sein und zu bleiben, aber es fällt immer schwerer.
Wie schwer wiegt die Wut in Richtung Politik – und was wäre Ihrer Meinung nach der richtige Weg, gerade auch für die Hotel-Branche?
Alexandra Sterzenbach: Die Wut gegen die Politik ist sehr groß. Zum Ersten sind die Maßnahmen unverhältnismäßig getroffen worden. Schon bei einer 2G-Regel gab es massenhaft Stornierungen. Bei der 2G+ Regelung ist ein Betrieb in der Hotelbranche schier unmöglich. Zudem kommt, dass eine Reise in eine Touristen-Stadt wie Trier durch Einschränkungen im Bereich Handel, Gastronomie und Kultur unattraktiv ist.
Alleine diese Einschränkungen gewährleisten keinen normalen Betrieb. Aus meiner Sicht wäre eine Einschränkung in der Hotellerie in diesem Maße nicht nötig gewesen. Zumal die Hotellerie keinen Hotspot darstellt. Es lässt den Eindruck erwecken, dass Hotellerie, Handel, Gastronomie und Kultur, als Sündenbock für die Pandemie vorgeschoben werden. Von der Politik hätte ich erwartet, dass frühzeitig Maßnahmen, wie Impfen und Testen vorbereitet gewesen wären.
Es ist ja nicht so, dass es überraschend kam. Dies ist leider nicht der Fall, wie man an den entsprechenden Test- und Impfstationen sehen kann. Darüber hinaus ist es unverständlich, dass eine Verordnung drei Stunden vor Inkrafttreten veröffentlicht wird. Eine vernünftige Vorlaufzeit von mehreren Tagen wäre meines Erachtens unerlässlich gewesen. Die jetzige Situation kommt einem kompletten Lockdown gleich und ich erwarte mir für die Branchen, Hotellerie, Gastronomie, Handel sowie der Kultur, 100% Hilfen.
Wie viele Monate geht so etwas gut – bzw. wie lange kann man sich bei diesen Maßnahmen über Wasser halten, gerade in einer um Weihnachten sehr wichtigen Ferien-Saison?
Alexandra Sterzenbach: Kurz und bündig, nicht mehr lange! Weder finanziell noch psychisch.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie in die Zukunft – wie groß ist Ihre Angst und wie groß ist die Hoffnung?
Alexandra Sterzenbach: Ich glaube viele von uns hatten die gleiche Hoffnung nach dem letzten Lockdown. Ein Ende der Pandemie durch das Impfen. Doch diese Hoffnung ist für dieses und auch bis weit ins nächste Jahr dahin. Mag sein das ich nicht gerade die stärkste Person im Verkraften dieser Umstände bin, aber ich schäme mich auch nicht offen und ehrlich zu sagen, dass ich müde bin. Müde die Hoffnung auf ein Neues zu verlieren.
Okay Frau Sterzenbach – ich danken Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen für die Zukunft viel Kraft und ein gutes und schnelles Ende dieser schlimmen Zeit.
Alexandra Sterzenbach: Danke!
André Mergener
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