Text, Interview und Fotos: Jan Kowalski
Die WM ist in vollem Gange und an der Universität Trier bot sich am Freitagabend ein echter Leckerbissen für alle Fußballverrückten. Bei der Übertragung der beiden Viertelfinalpartien war Deutschlands beliebtester Fußballkommentator Wolff-Christoph Fuss zu Gast und stellte sein Buch vor. 5vier traf den SKY-Reporter vorher zum Gespräch über die WM, sein Buch und seine Karriere.
Während die Kollegen der öffentlich-rechtlichen Sender in Brasilien quasi täglich Spiele kommentieren müssen und von der eigentlichen Sommerpause der Bundesliga nicht viel mitbekommen, hat Wolff-Christoph Fuss im Moment etwas mehr Zeit. Da er für SKY moderiert und der Sender dieses Jahr die Rechte für die Weltmeisterschaft in Brasilien nicht gekauft hat, kann der Kommentator sich anderen Projekten widmen und der Welt sein neues Buch „Diese verrückten 90 Minuten“ vorstellen. Zum Gespräch begrüßt mich der gut gelaunte Kommentator in einem Seminarraum der Uni Trier, ehe es später weiter zum Rudelgucken im Hörsaal und anschließend zu seiner Lesung geht.
„Ein wahnsinnig unterhaltsames Turnier“
5vier: Guten Tag Herr Fuss, haben Sie die taktische Aufstellung für das Deutschland-Spiel schon gesehen, was sagen Sie zu den Veränderungen?
Fuss: Ich glaube heute an einen deutschen Sieg. Es spricht für den Bundestrainer, dass er sich hinterfragt und nicht stoisch an seiner Linie festhält.
5vier: Wie gefällt Ihnen die Weltmeisterschaft bisher allgemein?
Fuss: Sehr gut. Es ist ein wahnsinnig unterhaltsames Turnier und auch toll anzuschauen. Selbst die kleinen Spiele, also Iran-Nigeria mal ausgenommen, waren nicht langweilig oder so. Ich habe bisher wirklich viel gesehen und finde es spannend, auch mal bei den Exoten reinzuschauen.
5vier: Bei der WM gibt es teilweise harsche Kritik für die Moderation. Leiden Sie mit Ihren Kollegen von den öffentlich-rechtlichen Sendern oder verstehen Sie diese Kritik teilweise?
Fuss: Ich denke, Kritik liegt dabei in der Natur der der Sache. Der Job des Kommentators ist da sehr undankbar, weil wir nicht gewinnen können. Die Leute wollen das Spiel sehen und nicht den Kommentator hören, und wenn man dann jemanden nicht mag, hat dieser keine Chance. Ich denke, man sollte diese ganze Hetze im Internet und in anderen Medien aber auch nicht zu hoch hängen. Es ist eben Risiko und Faszination gleichermaßen und man sollte immer versuchen, authentisch zu bleiben, das merkt der Zuschauer. Keiner ist ohne Fehler.
5vier: Bedauern Sie es, dass Sie bei der WM nicht dabei sind?
Fuss: Nein, kein Stück. Also natürlich ist das WM-Finale ein Traum, ja klar, aber ich kann das Turnier auch ganz gelassen vom Sofa oder heute aus dem Hörsaal verfolgen, das ist kein Problem. Die Rechte sind nun mal nicht da, bei anderen Turnieren war ich dabei, dieses Mal nicht. Der ARD-Kollege würde vielleicht auch mal gerne ein Champions League Finale kommentieren, da kann er sich aber auf den Kopf stellen, wenn die Rechte fehlen.
5vier: Kommen wir zu Ihrem Buch. 300 Seiten stark, was erwartet den Leser dabei? Tagebuch, Ereignisgeschichte oder eine Geschichte des Fußballs?
Fuss: Naja, im Grunde geht es um kleine Geschichten rund um Fußballspiele der letzten 10-15 Jahre die ich erlebt habe.
5vier: Wie kamen Sie auf die Idee mit dem Buch?
Fuss: Ganz ehrlich, das war gar nicht meine Idee. Eine Literaturagentur aus Berlin, ja so etwas gibt es, kam auf mich zu und hat mich gefragt ob ich nicht Lust hätte, ein paar Geschichten zu schreiben, so in dem Stil, wie ich auch kommentiere. Ich bin dann überredet worden und habe ein Manuskript geschrieben, habe aber gesagt, dass das kein Mensch lesen will oder kaufen wird. Aber in einem Bieterverfahren haben dann die Verlage um den Stoff geboten und Bertelsmann hat den Bock geschossen, also war anscheinend doch Interesse vorhanden.
„Eine ganze Portion Glück“
5vier: Es wird auch Ihre bisherige Karriere beschrieben. Wie wird man Sportkommentator? Wie sind Sie damals zu DSF und Premiere gekommen?
Fuss: Meine klassische Antwort darauf ist, dass es da keinen Königsweg gibt. Das ganze Geschäft ist voll mit Quereinsteigern, die einen der sehr begrenzten Plätze ergattert haben. Ich gebe mal ein Beispiel: Bei SKY haben wir ja in den letzten Monaten ein Kommentatorcasting durchgeführt und von über 7000 Kandidaten wird am Ende einer den Job bekommen. Ich bin damals über ein abgebrochenes Studium und ein bisschen Radio mit einem Praktikum bei DSF und bei DF1 gelandet. Das Wichtigste ist aber wirklich, dass du zur richtigen Zeit die richtigen Leute getroffen und eine ganze Portion Glück hast.
5vier: Aber es ist Ihr Traumberuf?
Fuss: Absolut! Wenn man sich für Fußball interessiert, hat man immer den besten Platz im Stadion und einen ordentlichen Kommentar auf den Ohren.
5vier: Ihr Stil ist bei vielen Fans und Zuschauern beliebt. Wie schwer ist es, das richtige Level der Emotionalität zu finden?
Fuss: Ich versuche, da nicht viel drüber nachzudenken, sondern einfach authentisch zu sein. Aber es gibt Situationen, da reißt es mich mit und treibt mich weg. Das kommt einfach sehr darauf an, aber manchmal kommt es einfach.
5vier: Wie finden Sie den vor einiger Zeit aufgekommenen Trend, mit Experten, also ehemaligen Fußballspielern, als Co-Kommentator zu arbeiten?
Fuss: Gut. Wir profitieren davon extrem. Sicherlich kann man als Kommentator bestimmte Situationen schon vorausahnen, aber die Ehemaligen sind da einfach nochmal schneller und sehen bereits im Voraus was passieren wird, anders als wir normalen Kassenpatienten. Zudem liegen sie in ihren Einschätzungen meist richtig und sehen nochmal ganz andere Situationen.
5vier: Ihr Buch heißt „Diese verrückten 90 Minuten“, können Sie auch abschalten oder ist der Fußball bei Ihnen omnipräsent?
Fuss: Total. Also gerade während der WM-Phase genieße ich das und freue mich für die deutsche Mannschaft, ohne ständig an die Arbeit zu denken. In der Saison ist das natürlich das tägliche Brot, also Zeitungsstudium und dauerhaftes Interesse. Aber ist das vorhanden, dann hat das ja auch nur am Rande mit Arbeit zu tun.
5vier: Sie haben neben dem Fußball auch Boxen kommentiert. Ist das ein Sport, der Sie ähnlich begeistert?
Fuss: Boxen ist extrem faszinierend. Klar es ist ein Stück Hollywood daraus gemacht worden, aber im Grunde ist es der ursprünglichste Zweikampf mit den von Gott gegebenen Waffen. Andere Sportarten sind nicht ganz so mein Fall. Ende der Neunziger habe ich mal Eishockey kommentiert, das habe ich dann ganz schnell wieder gelassen und diese Karriere war beendet. Das Boxen habe ich versucht, von der Pike auf zu lernen und war dafür auch in Boxcamps, damit man mal spürt, wie weh das tut, wenn jemand die Milz beim Ausatmen trifft.
5vier: Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person:
Wolff-Christoph Fuss ( Jahrgang 1976) ist einer von Deutschlands bekanntesten Fußballkommentatoren. Er arbeitete bereits für DSF, SAT 1, Sport 1, Premiere und seit 2012 für SKY. Er hat außerdem bereits zahlreiche Boxkämpfe kommentiert und das Videospiel PES besprochen.
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