Die Zahlen sind verheerend (ein Sieg in neun Spielen, schlechteste Abwehr, kein Heimsieg), der Tabellenplatz ebenfalls und auch die Liste der Verletzungen gibt momentan wenig Anlass zur Freude. Die Bundesliga-Handballerinnen der DJK/MJC Trier haben wahrlich schon besserer Zeiten hinter sich, allerdings ist die Situation auch kein Neuland. Und genau aus diesem Grund ist die Hoffnung groß, Hoffnung, dass die Miezen erneut ihrem Ruf als „unabsteigbar“ gerecht werden. Im ersten Saisondrittel konnte die Mannschaft von Cristina Cabeza und Jana Arnošová ihre Bundesligatauglichkeit allerdings nur selten unter Beweis stellen.
Trier. Es ist vom Prinzip her wie immer bei den Trierer Bundesliga-Handballerinnen: Die ersten neun Saisonspiele – mit Ausnahme der Partie in Koblenz – kann und sollte man einfach vergessen. Punkte unnötig liegen gelassen (Berlin, Bietigheim), zweistellige Niederlagen gegen die Top-Team der Liga und zum Jahresabschluss eine schallende 24:32-Ohrfeige vor heimischem Publikum von Aufsteiger Celle. Die Konsequenzen lassen sich in der Tabelle einfach ablesen – mit nur einem Sieg überwintern die Miezen zu recht auf dem letzten Tabellenplatz, der Abstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz beträgt derzeit drei Punkte.
„Klar ist die Situation frustrierend, wenn du da stehst, wo wir stehen. Aber ändern können wir es nicht. Also machen wir weiter und glauben an unsere Chance“, sagt Franziska Garcia. Die 30 Jahre alte Spielmacherin hofft dabei durch die siebenwöchige EM-Pause vor allem auf den Faktor Zeit. Zeit, die Trainerin Cristina Cabeza in der ersten Phase vor allem genutzt hat, um in den Bereichen Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit zu arbeiten. „Wir wollen schnell spielen, einfache Tore machen. Nur so können wir erfolgreich sein“, erklärt die Spanierin, die allerdings auch deutlich macht, dass handballerisch im ersten Saisondrittel vieles im Argen lag.
Im Angriff zu abhängig von Spielführerin Katrin Schneider, in der Defensive – vor allem auf der Torhüterposition – zu unkonstant, in der Besetzung des Kaders zu unausgeglichen und auch in Sachen Mentalität nicht in jeder Partie auf der Höhe. „Alles in allem stehen wir im Moment da, wo wir auch hingehören. Besser waren wir nicht, so bitter das auch klingen mag“, so Garcia deutlich. Und auch die Liste der angeschlagenen Spielerinnen ist nicht kleiner geworden: Garcia (Knie), Schneider und Esther Mohr (beide Schulter) können derzeit nur eingeschränkt trainieren, Celine Michielsen fällt nach ihrer Schulteroperation für den Rest der Saison aus und ob Marta Pilmayer nach ihrem Kreuzbandriss in dieser Saison noch mal aufs Parkett zurückkehrt, ist mehr als fraglich. Dennoch wird der Kader aufgrund der finanziellen Situation nicht nachgerüstet.
Ans Aufgeben denkt in der Moselstadt allerdings keiner. Warum auch, denn die Partien gegen die sogenannten direkten Konkurrenten Koblenz, Göppingen, Berlin und Bad Wildungen bestreiten die Miezen alle vor heimischer Kulisse. Ein Faktor, der wieder einer werden muss, so Schneider: „Die Mannschaften müssen wieder ungern in die Arena kommen. In solchen Spielen müssen wir brennen, die Halle brennen und muss jeder Millimeter Hallenboden bearbeitet werden.“ Und dann ist das große Ziel Klassenerhalt auch möglich. Hoffnung macht zudem das Comeback von Mégane Vallet, die nach ihrem Kreuzbandriss wieder voll im Training ist und sowohl in der Abwehr, als auch auf Linksaußen für Akzente sorgen wird.
Es wird sich zeigen, ob die Miezen ihren Worten auch endlich Taten und vor allem Punkte folgen lassen. Denn nur vom Reden hat noch kein Team seine Ziele erreicht, allerdings sollte man auch nicht den Fehler machen die Moselstädterinnen abzuschreiben. „Wir haben mehr als einmal bewiesen, dass wir in dieser Klasse bestehen können. Und das wird die Mannschaft hoffentlich wieder tun“, so MJC-Vorstand Jürgen Brech. Im ersten Saisondrittel zumindest tat sie es nicht.
Lage der Liga: Die Liga ist im unteren Drittel spannend wie nie. Die Aufsteiger aus Bad Wildungen und Celle haben bereits ordentlich gepunktet. Die mit hohen Erwartungen in die Saison gestarteten Teams aus Koblenz und Bietigheim dagegen befinden sich am Ende der Tabelle und haben mit Trainerentlassungen reagiert. Zwischen der HSG Blomberg-Lippe auf Platz sieben und Koblenz auf dem ersten Abstiegsplatz liegen gerade einmal vier Punkte. Neben den genannten Teams befinden sich auch Göppingen und Berlin im Abstiegskampf.
Die Zahlen: Ein Sieg aus neun Spielen, Tabellenletzter, aber der Rückstand auf den rettenden drittletzten Platz beträgt weiter nur drei Punkte. Mit 211 Treffern haben die Miezen den zweitschlechtesten Angriff. 284 Gegentreffer bedeuten die mit Abstand schwächste Defensive. Neben dem 29:27 in Koblenz war die MJC nur in den Partien gegen Bietigheim (20:25) und in Berlin (18:22) nahe dran an einem Punktgewinn. Mit 63 dieser 211 Treffer ist Katrin Schneider die mit Abstand beste Trierer Torschützin.
Die Tops: Nach einem schwachen Start hat Schneider wieder ihre existenzielle Bedeutung für die Miezen unter Beweis gestellt. Daneben gehört Franziska Garcia-Almendaris zu den Tops, genau wie anfangs Neuzugang Celine Michielsen, die aber nun wegen einer Schulteroperation bis ins Frühjahr ausfällt.
Die Flops: Von den Außenpositionen kommt viel zu wenig. Sieht man von den 24 Treffern von Judith Derbach ab, ist die Quote von Hanna Sattler und Sanne Backhed auf der linken Seite (zusammen 19 Treffer in neun Spielen) minimal. Ab Januar soll dort die Kapitänin Megane Vallet nach ihrem Kreuzbandriss für mehr Schwung und Tore sorgen. Auf rechts ist Derbach noch nicht konstant genug, dort wird Marta Pilmaier (ebenfalls Kreuzbandriss) im April zurück erwartet. Die beiden größten Problemzonen sind allerdings das Tor, wo mit Ausnahme der Partie gegen Koblenz keine Normalleistung erbracht wurde, egal, wer zwischen den Pfosten stand, sowie die rechte Angriffsseite. Die MJC ist der einzige Bundesligist ohne Linkshänderin. Egal, ob Schneider, Garcia oder Maxime Struijs, dort sind alle nur Lückenfüller – und dadurch hat es jeder Gegner leicht, sich auf den MJC-Angriff einzustellen.
Die Trainerfrage wird in Trier nicht gestellt. „Wir wussten alle, wie schwer es wird, und dass wir uns keinen anderen Kader leisten können. Also müssen auch die Trainerinnen mit den Miezen tanzen, die wir haben“, sagt Vorstand Jürgen Brech. Für einen Trainerwechsel ist kein Geld da.
Die personellen Perspektiven: „Wir bräuchten unbedingt eine Linkshänderin, aber das ist finanziell nicht möglich“, sagt Trainerin Cristina Cabeza. Während Eintracht und TBB trotz Mini-Etats Nachverpflichtungen tätigen können, ist dies ohne weitere Sponsoren bei der MJC absolut ausgeschlossen.
Die Chancen auf den Klassenerhalt: In der Vorsaison war der Modus der Trierer Rettungsanker. Erstens stieg nur eine Mannschaft ab, zweitens gab es eine Abstiegsrunde, in der vier Mannschaften von vorneherein nichts mit dem Abstieg zu tun hatten – und somit auch größtenteils frühzeitig die Zügel schleifen ließen, was den Miezen die nötigen Punkte brachte. Dieses Jahr gibt es keine Abstiegsrunde und zwei Teams müssen in die 2. Liga. „Wir brauchen mindestens zehn Punkte“, hat Schneider durchgerechnet. „Wir müssen mindestens beide Spiele gegen Aufsteiger Bad Wildungen sowie die Heimspiele gegen Berlin und Koblenz gewinnen“, sagt auch Cabeza. Zwei Matchbälle – gegen Celle und Bietigheim – haben die in der Arena weiter punktlosen Miezen bereits vergeben.
Der TV-Ausblick: Mit der Rückkehr von Vallet hat die MJC eine wichtige Alternative im nicht üppig besetzten Kader mehr. Will man die Klasse halten, müssen auch auswärts Überraschungen her. Die Miezen sind Abstiegskampf gewöhnt, aber diese Saison wird es so schwer wie nie, „unabsteigbar“ zu bleiben.
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Info:
Die erste Partie nach der EM-Pause bestreiten die Miezen am 10. Januar 2015 (18 Uhr) gegen den deutschen Meister Thüringer HC
Eine Woche später kommt es bereits zum richtungsweisenden Spiel gegen Bad Wildungen. Im Heimspiel (17. Januar / 19.30 Uhr) gegen den Aufsteiger müssen zwei Zähler her.
Die Zahlen der Vorrunde:
Neun Spiele / ein Sieg (29:27 gegen Koblenz) / 2:16 Punkte – Tabellenplatz 14
284 Gegentreffer bedeuten die schlechteste Defensive der Liga
211 Treffer bedeuten den zweitschlechtesten Angriff der Liga
Top-Torschützin: Katrin Schneider (63 Treffer)
Modus: Zwei Teams steigen am Ende der Saison ab / es gibt keine Abstiegs- oder Meisterschaftsrunde
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Von Franziska Garcia
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