Seit 16 Jahren ist Günther Schartz (CDU) – Landrat des Landkreises Trier-Saarburg. Bei der Landratswahl am 26. September diesen Jahres strebt er eine erneute Amtszeit an. Im Interview mit 5vier.de-Redakteur André Mergener stand Günther Schartz nun Rede und Antwort. Lesen Sie hier den 2. Teil des Interviews:
ÖPNV wurde reformiert
ÖPNV – was muss hier besser werden?
Günther Schartz: Der ÖPNV wurde ja in den letzten Jahren umfassend reformiert. Mit der Linienbündelung und der Veränderung des Finanzierungssystems ist es gelungen jetzt auch einen angebotsorientierten ÖPNV zu gestalten. Es kommt also nicht mehr drauf an, wo die meisten Gäste Bus oder Bahn nutzen, sondern der ÖPNV nimmt jetzt eine allgemeine „Erschließungsfunktion“ wahr. Das kostet viel, ist aber gut investiertes Geld, das als Zuschüsse in die Verkehre fließt.
Kostenlosen ÖPNV wie in Luxemburg können wir uns aber nicht leisten. Schon allein die Fläche der Region Trier ist doppelt so groß wie Luxemburg, die Besiedlungsdichte ist aber viel geringer, ebenso ist die Wirtschaftskraft Luxemburgs um ein Mehrfaches stärker. Das allein erklärt schon, dass man die Region Trier und Luxemburg nicht vergleichen kann. Dennoch müssen wir handeln.
Jetzt steht es an die Rufbussysteme aufzubauen und die digitalen Systeme für den ÖPNV besser nutzbar zu machen. Dazu läuft auch ein Projektantrag des Verkehrsverbundes Region Trier an den Bund.
Wenn jetzt die Eifelstrecke der Bahn nach dem Hochwasser wieder aufgebaut wird, muss es zu einer umfassenden Erneuerung der Strecke kommen. Ich werde mich für eine Elektrifizierung einsetzen. Was in Nordrhein-Westfalen von Köln bis Gerolstein geht, muss auch bei uns möglich sein!
Streitthema – Moselaufstieg
Thema Moselaufstieg: Ist er wichtig für die Region, wenn ja, wieso?
Günther Schartz: Der Moselaufstieg schließt den Saar-Obermosel-Raum mit seinen rund 60.000 Einwohnern an die A 64 und damit an das deutsche und das europäische Autobahnnetz an. Da hiermit die Umwege für LKW erheblich reduziert werden, ist das aktiver Klimaschutz und ein Segen für durch Lärm und Abgase belasteten Anwohner. Und – die Hochwasserlage hat es gezeigt – wir brauchen südlich von Trier eine leistungsfähige Moselüberquerung, denn Trier wird immer ein Engpass bleiben. Kommt es auch dort zur Blockade von Verkehrswegen, dann sind die Rettungs- und Hilfsmöglichkeiten massiv eingeschränkt.
Natürlich entlastet der Moselaufstieg die Stadt Trier massiv von Verkehr. Und eines ist klar, im ländlichen Raum bleibt der Individualverkehr unverzichtbar. Er wird in Zukunft weiter die zentrale Rolle spielen und bei einer klimaschützenden Antriebsart sogar eher weiter zunehmen.
Digital geht es voran
Wie weit ist Ihr Landkreis im Bezug auf die Digitalisierung – und was ist in der Zukunft hier noch geplant?
Günther Schartz: Im Bereich der Verwaltung ist bereits einiges umgesetzt. Wir arbeiten in zahlreichen Bereichen bereits mit einer komplett digitalen Aktenführung. Über 120 Fachverfahren sind im Einsatz, denn jeder Aufgabenbereich hat in der öffentlichen Verwaltung eigene Verfahren. Das macht die Digitalisierung aber zugleich sehr kompliziert. Die Umsetzung des Online-Zugangs-Gesetzes, bei dem 575 verschiedene Aufgaben digital abgebildet werden müssen, ist eine Kraftanstrengung, neben dem Datenschutz.
Der Landkreis hat sehr früh mit der Einrichtung des Bürgerbüros eine „Front-Backoffice-Struktur“ eingeführt und bei der Einführung der Behördennummer 115 waren wir gemeinsam mit der Stadt Trier zusammen bundesweit vorne. Das hat z.B. in der Corona-Pandemie den Bürgerservice umfassend gesichert.
Mit demnächst 4 Co-Working-Spaces bieten wir für unsere Mitarbeiterschaft, aber auch für die gesamte Bevölkerung und die Wirtschaft dezentrale Arbeitsplätze in der Fläche an. Gleichzeitig ist das ein Weg für eine „digitale Dorferneuerung“, der in Rheinland-Pfalz einzigartig ist.
In den Schulen gibt es seit Jahren umfassende Digitalisierungsprojekte, die natürlich mit den Digitalpakten I-IV des Bundes massiv ausgeweitet wurden. Dabei geht es uns aber nicht nur ums Material. Die IT-Betreuung in den Schulen wurde umfassend personalisiert. Und wir kümmern uns um MINT-Schulprojekte, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Denn das gehört alles zum „digitalen Lernen“. Beispielhaft ist das seit einem Jahr laufende „EduHub“- Projekt im Balthasar-Neumann-Technikum, in dem Schule und Wirtschaft über die Digitalisierung eng vernetzt werden und so neue Fachkräfte gewonnen werden.
Gut vorbereitet auf Katastrophen..?
Thema Katastrophenschutz: Die jüngste Flut-Katastrophe machte deutlich, dass in RLP und somit auch in Ihrem Landkreis, noch nicht alles ganz gut läuft. Was hätte in der Vergangenheit besser laufen müssen und wie möchte man dieses Thema für die Zukunft stärken und sicherer machen?
Günther Schartz: Wie bereits erwähnt, hat unser Katastrophenschutz in dieser Situation gut funktioniert. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer haben eine riesige Leistung vollbracht, wofür ich ihnen sehr dankbar bin! Aber auch als Landrat muss man in dieser Situation viele schwierige Entscheidungen treffen. Allerdings läuft bei einer solchen Lage, die urplötzlich über uns hereingebrochen ist, nicht immer alles rund. Und das werden wir jetzt ebenso gewissenhaft analysieren.
Es hat sich gezeigt, dass uns geländegängige und wassertaugliche Fahrzeuge fehlen. Ebenso fehlt dem Kreis ein eigenes Lagezentrum. Zum Glück haben wir dazu bereits vor der Katastrophe einen Plan erstellt und mit den Zuschussbehörden besprochen. Jetzt geht es zügig in die Umsetzung. Genauso haben wir unser Logistikkonzept mit 4 Standorten im Kreis (Konz, Hermeskeil, Föhren und Newel) bereits zu großen Teilen umgesetzt. Damit können in solch schwierigen Lagen Hilfsmaterialien für verschiedene Großschadenslagen im Kreis kurzfristig herbei geschafft werden, seien es Pumpen, Sandsäcke oder Räum- bzw. Bergungsmaterial. Das hat sich aktuell schon sehr bewährt!
Wohnraum…
Wohnungen werden immer teurer, wie stehen Sie zu einem bezahlbaren Wohnraum?
Günther Schartz: Die Schaffung von Wohnraum ist in den letzten Jahren in unserem stark wachsenden Kreis, der z.T. auch erhebliche Immobilienpreissprünge erlebt hat, ein großes Thema. Ich habe schon vorhin die Rolle der Sparkasse und der Volksbanken geschildert. Es muss möglich sein, dass man mit diesen zusammen oder anderen Privaten alte Bausubstanz in Ortskernen aufkauft, diese saniert bzw. durch Umbau oder Abriss Möglichkeiten für günstigeres Wohnen schafft.
Das „Reihenhaus im Dorf“ ist eine gute Option gerade für junge Familien. Ich bezweifele, dass es immer gut ist, wenn selbst in den kleinsten Ortsteilen größere Eigentumswohnanlagen gebaut werden. Denn auch das soziale Leben und der gemeindliche Zusammenhalt muss hier bedacht werden.
Genau das wird die zukünftige Aufgabe der Dorferneuerung und der Beratung durch die Kreisentwicklung zur Unterstützung der Gemeinden. Sicher wird es daneben Bebauungspläne in den Ortskernen geben müssen, um Art und Umfang der Bebauung besser steuern zu können. Hier entscheiden die Räte vor Ort und werden durch unsere Verwaltung unterstützt.
Folgt ein „WEITER SO“…?
Nach 16 Jahren Landrat haben Sie viel erlebt, verändert und geformt. Was glauben Sie, wollen die Wählerinnen und Wähler ein „Weiter so“ – oder sind politische Veränderungen unausweichlich?
Günther Schartz: Ich glaube die Mischung muss stimmen. Dass ich auch nach 16 Jahren neue und innovative Vorstellungen zur Entwicklung des Kreises habe, ist sicher in den verschiedenen Antworten deutlich geworden. Dass ich auf neue Herausforderungen reagiere und Impulse setzen kann, konnte man gerade in den aktuellen Krisen sehen.
Ich stehe für eine gute Mischung von Erfahrung und dem Willen Neues in meiner dritten Amtsperiode anzupacken. Ich mache meine Arbeit mit Leidenschaft, Fleiß und Begeisterung.
RWE-Vergangenheit
Ihre vergangene „Neben“-Tätigkeit als RWE-Aufsichtsratmitglied wurde jüngst von der ADD beendet und schließlich die Fortsetzung der Nebentätigkeit als Aufsichtsratsmitglied beim Energieversorger untersagt. Viel Kritik kam auf – dass ein Landrat im Nebenjob mehr verdiene als in seinem Hauptberuf. In wie weit wird diese Geschichte bei der kommenden Landratswahl Ihrer Meinung nach noch eine (unschöne) Rolle spielen?
Günther Schartz: Die allermeisten Nebentätigkeiten sind mit dem Amt des Landrats eng verbunden, sei es bei der Sparkasse, beim Kreiskrankenhaus, bei den Abfall- und ÖPNV-Verbänden, dem Trierer Hafen. Aber auch bei der, von mir initiierten Zukunftsstiftung, die mir sehr am Herzen liegt. Also – egal wer Landrätin oder Landrat ist – das sind spannende Aufgaben, für unseren Kreis, aber auch im Verbund und im Zusammenwirken mit der Region und Stadt Trier. Sie gehören zum Amt.
Leider ist meine Arbeit im Aufsichtsrat der RWE allein unter dem Gesichtspunkt der Einkünfte, die im Rahmen der Aufsichtsratsarbeit aller Dax-Konzerne liegen, öffentlich diskutiert worden.
Über meinen Einfluss den ich im Aufsichtsrat in RWE als dem größten deutschen Erzeuger erneuerbarer Energien auch im Sinne unserer Region habe, wurde leider nie gesprochen. Klimaschutz ist kommunale Aufgabe und ich hätte dafür bei RWE noch einiges mit initiieren können.
Meine Mitgliedschaft existierte seit 5 Jahren und war bis jetzt kaum Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Ich habe meine Bezüge immer öffentlich und transparent gemacht. Mit der neuen Rechtslage war für mich klar, dass ich diese aus meiner Sicht auch für unseren Kreis wichtige Aufgabe bei RWE nicht weiter wahrnehme. Damit ist dieses Kapitel für mich beendet.
Günther Schartz ist optimistisch
Zum Abschluss: Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf den 26. September – wie stark sehen Sie Ihre Gegenkandidaten und wie groß ist Ihr Optimismus, erneut zum Landrat des Kreises Trier/Saarburg gewählt zu werden?
Günther Schartz: Eine Urwahl hat ihre eigenen Gesetze. Es kommt auf die fachlichen Fähigkeiten an und auf das Vertrauen, das die Bewerberinnen und Bewerber erwecken.
Natürlich spielt es eine Rolle, ob man die Gewähr dafür bietet das umzusetzen, was man zuvor versprochen hat. Das habe ich in den 16 Jahren Landrat und zuvor auch als Bürgermeister, aber auch im Ehrenamt nach bestem Wissen und Gewissen und mit vollem Engagement getan – und kann ich daher auch für die Zukunft versprechen.
Wenn das die Entscheidungsgrundlage der Wählerinnen und Wähler ist, dann bin ich sehr optimistisch.
Herr Schartz, ich bedanke mich bei Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen für den 26. September viel Erfolg und weiterhin alles Gute!
Günther Schartz: Vielen Dank!
André Mergener
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Motivation ist wichtiger als Erfahrung!
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