Es ist schwer in Worte zu fassen, was so viele Worte in sich fasst. Welche vor allem. Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi lieferten am vergangenen Mittwoch einen – im besten Sinne – denkwürdigen Auftritt im Den Atelier ab. Diesen zu beschreiben ist dabei alles andere als einfach.
Atmosphärisch beginnt der Abend schon fast düster. WÆLDER machen Elektro, nicht auf Effekthascherei bedacht, sondern rund und stimmig, ohne dabei zu glatt zu wirken. Die DJs aus Berlin haben zwar musikalisch wenig mit den Hauptprotagonisten zu tun, dennoch erahnt man warum sie eine passende Einleitung darstellen. Die Reaktion des Publikums spiegelt das ebenfalls wider.
Düster ist dann auch der Einstieg von Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi. Kaum Bühnenbeleuchtung, dafür extrovertierte Stirnlampen. Und irgendwie kann man sich dem Eindruck nicht erwehren, dass die Symbolik an Tiefsee-Anglerfische angelehnt ist, schließlich handeln die Texte von Peng doch so häufig vom Über- und Unterirdischen.
Doch nicht nur das, der Rapper sieht das große Ganze, das Vernetzte, das Rätselhafte, das Verbindende. Verbinden möchte sich die Crew mit ihrem Publikum, jeder Einzelne soll zunächst auf Kommando seinen Namen rufen und anschließend sich die gesamte Crowd selber taufen. Nach einem interessanten Findungsprozess sprechen die Musiker ihre Komplizen, wie sie ihre Zuhörer bezeichnen, mit Bruce-Claudia an – man identifiziert sich erstaunlich schnell damit.
Die Tentakel von Delphi sagen von sich, dass sie sich auch abseits des HipHop-Gefildes betätigen, was sie an diesem Abend auch beweisen. Klassische Beats sind selten und von Rock bis Elektro hört man an diesem Abend so manches Genre, trennscharf sind sie dabei nicht immer. Egal durch welches Vehikel, es nimmt Bruce-Claudia mit und unterstützt das, was den Mittelpunkt darstellt: Die Macht des gesprochenen (und denkwürdigen) Wortes.
Die Texte von Käptn Peng sind einzigartig. Wobei, nein, das muss man nochmal relativieren. Denn gleich mehrfach kommt sein Bruder Shaban hinter seinem Schlaginstrument hervor und greift zum Mikro, um ihre gemeinsamen Kultkompositionen wie „Flotten von Mutanten“ oder „Sie mögen sich“ aus der Vergangenheit zum Besten zu geben. Es wäre nicht fair, die unverwechselbaren Raptexte nur auf einen der Zwei zu reduzieren.
Nachdem sich nach der Mitte des Konzertes etwas Ruhe breitmacht, greifen die Herren auf der Bühne, und die Wortwahl ist gut überlegt, zu einem Meisterwerk. Mit „Sockosophie“ wurde ein wortgewaltiges, einfallsreiches, absurdes, spirituelles (weitere unzählige Adjektive um eine würdige Beschreibung zu finden, sparen wir uns jetzt) Schauspiel geschaffen, das gewaltig gigantisch die Menschen in den Bann zieht. Live kommt das noch mehr zum Tragen, denn diese Lawine an sinnhaften Verrücktheiten muss erstmal unfallfrei dargeboten werden.
Nach dem Zenit folgen weitere Geniestreiche, die wohl auch dem unreflektiertesten Feierwütigen zum Nachdenken bringen müsste. Zwischendurch immer wieder die Ergüsse von Robert Gwisdek, wie der bürgerliche Name des Künstlers lautet, mal spontan, mal vorbereitet, was immer einen Hauch von Poetry Slam atmet.
Das Ende beginnt mit einem Anfang. Die Zugabe soll die Begrüßung von einer Handlung zu einem Zustand werden lassen, was mit „Der Anfang ist nah“ problemlos funktioniert. Verabschiedet wird sich aber nicht mit Urgewalt, sondern mit einem Gleichnis im Song „Tier“, das das Kleine mit dem Großen verbindet, das Runde mit dem Eckige, das Äußere und das Innere. Man verlässt Den Atelier und denkt, alles hat seinen Sinn, auch das Sinnlose.
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