Längst weit über die Grenzen von Trier hinaus bekannt, hat Berat Aliu sportlich alles erreicht. Mehrfacher Deutscher Meister sowie vierfacher K-1-Weltmeister. Der 36-Jährige in Konz Karthaus lebende und gebürtige Kosovo-Albaner ist Thaiboxer. Die großen Bühnen der Welt einst bereist, viele harte Kämpfe unter seinem Namen bestritten, hat er sich nun vorerst Mal aktiv zurückgezogen und seinen Schwerpunkt einzig und allein auf seine Kampfsportschule Chorakee gelegt. Sein Baby, seine Leidenschaft und zudem auch die größte Kampfsportschule in Trier und Region. Hier möchte er seine Werte weitergeben, kleine Talente formen und möglichst weit an seine eigenen und unvergesslichen Erfolge heranbringen.

Im Interview mit 5vier.de-Redakteur André Mergener stellte sich der Thaibox-Profi nun den Fragen rund um seinen sportlichen Werdegang, sein Erlebtes samt Erfolge und seine Ziele und Pläne für die Zukunft.
(Im Vorfeld des Interviews einigte man sich auf das DU)
Hallo Berat! Viele Kinder und Jugendliche wollen Fußballprofi werden. Bei dir hat der Sport jedoch nichts mit einem Ball zu tun gehabt. Du wurdest Thaiboxer und das ziemlich erfolgreich. Wieso gerade dieser Sport?
Berat Aliu: Ich habe praktisch mit 16 Jahren angefangen diesen Sport auszuüben. Er hat mich schon sehr früh in meinem damals noch jungen Leben inspiriert. Komplett verliebt in diesen Sport habe ich mich schließlich nach dem Film Karatetiger 3 -Der Kickboxer-, mit dem Schauspieler Jean-Claude Van Damme. Dieser Film hat mich so gefesselt und fasziniert – dass ich selbst diesen Sport ausüben wollte. Ich suchte mir schließlich eine Kampfsportschule in Trier und übte zunächst ein Jahr lang nur Kickboxen aus. Anschließend wechselte ich zum Thaiboxen.
Dieser Sport ist ja schon mit diversen Schmerzen und Blessuren verbunden. Was sagten deine Eltern damals dazu?
Beart Aliu: Mein Vater hat mich in all den Zeiten sehr unterstützt und war auch bei einigen Kämpfen live dabei. Meine Mutter jedoch – ich habe jetzt über neunzig Kämpfe hinter mir, war bei noch keinem Kampf dabei. Vor dem Fernseher hat sie natürlich auch geschaut, aber ein Live-Kampf war nichts für sie. Ich denke ihre Sorgen waren einfach zu groß gewesen.

Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen Kick- und Thaiboxen?
Berat Aliu: Im Unterschied zum Kickboxen, wo nur Beine und Fäuste zum kämpfen benutzt werden können, dürfen beim Muay Thai (thailändisch für Thaiboxen) zusätzlich Knie-, Ellbogen- und Clinchtechniken angewendet werden. Diese Vielfalt an Kampfbewegungen und Techniken finde ich sehr interessant und hat mich schließlich auch zum Thaiboxen gebracht.
Viele Erfolge ruhen auf deinen Schultern – unter anderem auch vierfacher K-1-Weltmeister. Wie blickst du auf all diese Triumphe zurück?
Berat Aliu: Es war schon ein hartes Stück Arbeit dies alles zu erreichen. Darauf bin ich auch mächtig stolz. Besonders weil es mich auch menschlich sehr geprägt hat. Zudem kommt man in der Welt viel herum. Tolle Länder – wie zum Beispiel Asien, wo ich bisher auch ein sehr spektakuläre Erfahrung erleben durfte. 2008 führte die Reise nach Bangkok wo es jedes Jahr zu Ehren des thailändischen Königs eine riesengroße Gala über die Bühne geht unter anderem auch ein Kampf. 2008 durfte ich daran teilnehmen und es war ein unvergessliches Erlebnis für mich gewesen, dort vor über 200.000 Menschen zu kämpfen. Es war ein mächtige Kulisse – einfach grandios und unvergessen.
Was für ein Gefühl hat man in solch einem Moment – zittern dann nicht auch ein wenig die Knie?
Berat Aliu: Sicherlich zittern die Knie vor so einem Kampf. Ich war total hibbelig und nervös. Es ist eine der größten Veranstaltungen weltweit dieser Art. Als erster Deutscher überhaupt durfte ich damals dort antreten. Eine richtig große Ehre für mich. Die Atmosphäre habe ich sehr genossen. Eine tolle Erinnerung.
Der Fight damals ging gegen einen richtigen thailändischen Champion. Hast du gewonnen?
Berat Aliu: Ja – der Gegner war schon sehr zäh. Ich habe mich gut verkauft und bin sportlich ans Limit gegangen. Leider musste ich aber am Ende nach Punkten eine Niederlage in Kauf nehmen. Trotzdem war es für mich ein unvergessliches Erlebnis – einmalig und spannend zugleich. Am Ende wurde mein Gegner schließlich Champion des kompletten Turniers. Demnach war ich mit meiner Leistung schon sehr zufrieden gewesen.
Du pflegst zudem einen sehr “gefährlichen“ Spitznamen. Man nennt dich The Crocodile (Das Krokodil). Wie kam es zu diesem Namen?
Berat Aliu: Das ist relativ einfach erklärt. Chorakee bedeutet aus dem thailändischen übersetzt Krokodil und auch das Logo meiner Kampfsportschule ist ein Krokodil. Daher hat mein damaliger Trainer Stefan Reiter, der maßgeblichen Anteil an meinen Erfolgen hat, mir diesen Kämpfernamen verpasst.

Wie sieht so eine Vorbereitung vor einem Kampf aus – was ist wichtig in puncto Training und Ernährung?
Berat Aliu: Also in der Regel geht der Plan sechs bis acht Wochen. Am Anfang steht der Aufbau einiger Grundlagen ganz oben – sprich längere Läufe, Ausdauer und Kondition. Nach zwei Wochen geht man dann schon ins Taktische über. Gegner studieren, Stärken und Schwächen erkennen und natürlich auch die eigene Stärke aufbauen, körperlich sowie auch mental. Neben Arbeit und Familie sind zwölf Trainingseinheiten pro Woche nicht selten. Das ist schon ein hartes Stück Arbeit.
Wo liegt der Schwerpunkt – mehr Kraft oder Ausdauer?
Berat Aliu: Eine gesunde Mischung gibt den Ton an. Eine lange Ausdauer ist genauso wichtig wie Kraft zu haben. Man muss diesbezüglich seine persönliche Balance finden. Es nützt nichts wenn man lange aushält, aber kräftemäßig nichts in den Fäusten hat. Der Boxsack hängt immer schön brav an der Decke – die Gegner hingegen wehren sich. Beides ist also enorm wichtig.
Und wie sieht es mit der Ernährung aus vor einem Kampf – was steht bei dir dann so auf dem Essensplan?
Berat Aliu: Die Ernährung habe ich damals, wo ich noch nicht auf solch einem Profilevel war, sehr unterschätzt. Sie ist enorm wichtig, nicht nur unmittelbar vor einem Kampf, sondern dauernd. Ernährt man sich falsch hat man halt eben wenig Kraft und Ausdauer. Die Muskeln wachsen nicht richtig und der Stoffwechsel selbst kommt auch nicht richtig in Fahrt. Wichtig ist das man eine ausgewogene Balance findet. Die Menge macht den Unterschied, Fett, Kohlenhydrate und natürlich auch Eiweiße. Aber nicht nur die Ernährung ist hier enorm wichtig, sondern auch sein eigener Trainingsplan.
Und der sieht wie folgt aus?
Berat Aliu: Ja wenn du jetzt jeden Tag – so wie ich damals, trainierst, darfst du dich nicht täglich völlig auspowern. Oft erreichst du damit nämlich dann das Gegenteil und verlierst Muskeln und Masse. Auch hier ist eine ausgewogene Mischung sehr wichtig. Der Körper braucht auch seine Ruhephasen – denn genau in diesen Phasen erholt er sich und baut Muskeln auf. Gerade im Bezug auf eine Vorbereitung Richtung Kampf ist ein richtiges Training, aber auch die Ernährung, sehr wichtig. Leider unterschätzen dies heutzutage sehr viele Sportler und das nicht nur im Kampfsport, sondern auch im Fußball, Basketball und in vielen anderen Bereichen. Ebenso wichtig ist der Schlaf. Er regeneriert und hält den Körper fit. Du merkst, viele Faktoren spielen für einen sportlichen Erfolg eine große Rolle.
Wie schwer ist dieser Sport denn für Einsteiger bzw. Anfänger – welche Tipps hast du auf Lager?
Berat Aliu: Eigentlich ist es sehr einfach. Man muss einfach diesen Sport kennenlernen und verstehen. Viele haben Vorurteile und denken man bekommt hier nur paar auf die Fresse. Aber dem ist nicht so. Auch im Thaiboxen steckt viel mehr drin, als nur kämpfen und Schmerzen. Körperliche Disziplin, sportlich und auch mental sowie auch reichlich Konzentration. Dieser Sport weckt sehr viele Sinne – die gerade im Kampf von sehr großer Bedeutung sind. Im Thaiboxen ist der komplette Körper gefragt. Schnelle Bewegungen, Ausdauer und vieles mehr. Gerade für junge Menschen ein sehr interessanter Sport.
Und die Schmerzen und Verletzungen – wie viel muss man einstecken können?
Berat Aliu: Wie in jedem Sport so gibt es auch im Thaiboxen Verletzungen. Aber schaut man zum Fußball oder sonst wohin, konnte man bisher auch dort schon sehr viele und schmerzhafte Verletzungen beobachten. Sicherlich muss man darauf gefasst sein das man auch mal Schläge oder Tritte abbekommt. Es ist halt ein Sport wieder jeder andere auch. Verletzungen gibt es quasi überall.

Welche Verletzungen musstest du schon einstecken?
Berat Aliu: Große Verletzungen oder Blessuren gab es in all den Jahren bei mir nicht. Ich glaube die schmerzhafteste Verletzung war eine gebrochene Nase.
Wenn man verletzt wird in einem Kampf – bekommt man dies überhaupt direkt mit?
Berat Aliu: Nein! Du bist so voll gepusht mit Adrenalin das du die größten Schmerzen erst einmal verdrängst. Die Schmerzen selbst kommen erst später, meist beim duschen. Dann merkt man erst, oh Gott – dass tut aber weh (lacht).
Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?
Berat Aliu: Ich habe großes Interesse am Breitensport – sodass unterschiedliche Gruppe hier zu mir ins Gym kommen werden. Mein Ziel ist es die Jugend zu fördern, denn mit denen kannst du noch richtig was erreichen. Ich will sie im frühesten Alter formen und begleiten. Ihnen Tricks und Tipp aufweisen und sie bestens in diesem Sport ausbilden. Genau das ist mein Ziel. Neben der Kinder- und Jugendförderung ist mein Gym aber auch für alle weiteren Menschen offen, ganz egal ob jung oder alt.
Ich gebe allen sehr gerne Tipps bezüglich der Fitness und des Sports. Aber mein großes und primäre Ziel ist es, ich möchte potenzielle Weltmeister formen. Ich selbst habe alles erreicht. Jetzt möchte ich diese Erfahrung den jungen Talenten mit auf den Weg geben. Ich persönlich möchte die besten Wettkämpfer hier bei mir haben. Dafür stehe und lebe ich. Ebenso plane ich ein richtig großes Kampfsportcenter hier in der Region. Darauf möchte ich aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genauer drauf eingehen.

Wo ruhen denn die Anfänge von deiner Kampfsportschule?
Berat Aliu: Also dieses Gym gibt es jetzt schon seit 19 Jahren. Stefan Reiter ist der Inhaber und mein damaliger Trainer gewesen. Seit Dezember letzten Jahres habe ich diese Location dann komplett selbst übernommen. Stefan leitet das andere Gym in Saarlouis. Wir agieren nicht als Konkurrenz, sondern helfen und unterstützen uns. Wir sind wie ein großes Team – jedoch nur an zwei verschiedenen Standorten. Das Leben ist ein Geben und Nehmen. Er hat mir viel gegeben und ich habe ihm auch sehr viel gegeben. Nur gemeinsam ist man stark. Für mich nicht nur ein Spruch – sondern ein Lebensmotto.
Wie ging es deinem Gym während der Coronazeit – und was ist aktuell wieder erlaubt?
Berat Aliu: Das war für mich schon ein richtig großes Risiko gewesen, als ich im Dezember 2020 dieses Studio übernommen habe. Doch ich bin froh diesen Schritt getätigt zu haben. Ich habe auch sehr viel Geld in die Hand genommen zwecks Renovierung. Hätte ich das alles nicht getan, hätte ich womöglich viele Kündigungen während des Corona-Lockdowns erhalten.
Und wie sieht es jetzt aus – welche Auflagen gibt es?
Berat Aliu: Ab Februar habe ich Online-Training angeboten und ab März war sogar Outdoor-Training wieder möglich. Aktuell darf ich eine Person pro 40 Quadratmeter trainieren lassen. Hinzu kommen dann halt die geltenden Hygieneregeln. Zudem ist ein negativer Coronatest erforderlich – ebenso ein kontaktloses Training.
Ein kontaktloses Thaiboxen – wie passt das zusammen?
Berat Aliu: Schwer ist es allemal – dass stimmt. Wir trainieren halt einzeln und auf Abstand mit Boxsäcken oder sonstigen Hilfsmitteln. Aber so ein richtiges Kampftraining “Mann gegen Mann“ ist aber leider nicht möglich. Dennoch gibt es auch andere Wege sich völlig auszupowern. Und glaube mir, hier kommt jeder und das auch kontaktlos, mächtig ins Schwitzen (lacht). Ebenso durchführen muss ich die Kontaktnachverfolgung. Es muss sich praktisch jeder namentlich registrieren. Trotz dieser ganzen Auflagen und Regeln – freut es mich aber sehr, dass meine Kurse trotz allem sehr zahlreich besucht werden.
Was machst du in der Freizeit – sonstige Hobbys außer Thaiboxen?
Berat Aliu: Ich bin ein richtiger Familienmensch. Ich versuche natürlich so viel Zeit mit meinen beiden Kindern und mit meiner Frau zu verbringen wie möglich. Gerne unternehme ich mit meiner Familie viel und versuche einfach für sie da zu sein. Mein Hobby selbst ist einzig und allein mein Sport. Hierfür stehe und lebe ich. Er macht mir Spaß, befreit und gibt mir den nötigen Ausgleich.

Du hast eigentlich alles erreicht – aber gibt es nicht doch noch einen großen Wunsch in deinem Leben?
Berat Aliu: Mein großer Wunsch ist das meine Familie und ich gesund bleiben. Zudem – wie eben auch schon erwähnt, möchte ich meine Sportschule weiter ausbauen und mich zudem in der Zukunft vergrößern. Bei mir sollen gute Talente geformt und ausgebildet werden.
Wann sehen wir dich wieder im Ring – wann gibt es ein Comeback?
Berat Aliu: Darüber mache ich mir erst einmal keine Gedanken. Wichtig ist das Hier und Jetzt und das ich meine gesteckten Ziele alle erreiche. Sicherlich schließe ich es aber auch nicht aus, in drei bis vier Jahren erneut in den Ring zu steigen. Die Lust und der Ehrgeiz könnten mich aufs Neue packen. Der Kampf würde aber dann auch hier in Trier stattfinden, sollte es mal soweit sein.
Beim Aufenthalt in deinem Gym ist mir ein Spruch, der bei dir an der Wand geschrieben steht, aufgefallen. „NEVER DREAM ABOUT SUCCESS, YOU HAVE TO WORK FOR IT“ – Was bedeutet dieser Spruch für dich?
Berat Aliu: Wörtlich übersetzt bedeutet er, träume nie über Erfolg, du muss ihn dir erarbeiten. Dieser Spruch ist mein Lebensmotto und hat mich über all die Jahre hinweg immer begleitet. Erfolg fällt nicht vom Himmel, harte Arbeit ist notwendig. Dieser Spruch musste einfach an diese Wand (lacht).
Okay Berat – ich danke dir für das Interview und wünsche dir weiterhin alles Gute und viel Gesundheit!
Berat Aliu: Danke ebenfalls!
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