Traditionen sollten Bestand haben. Die Gladiators Trier schließen auch ihre 4. Saison auf Tabellenrang Sechs ab, wie all die Jahre seit ihrer Gründung zuvor. Dass die Nürnberg Falcons durch den 3. Platz ihre Playoffgegner werden, war indes nicht zu erwarten. 5vier.de versucht vor dem Viertelfinale der ProA eine Einordnung dieses Duells.
Trier/Nürnberg. Es gab nicht wenige Stimmen während der Saison, die das Jahr Eins nach Marco van den Berg schon abschreiben wollten. Das Potential sei nicht ausgeschöpft worden, Trainer Christian Held sei als Experiment gescheitert. Doch wie die Jahre zuvor schafften es die Gladiators die Formkurve – trotz Verletzungspech – wieder steigen zu lassen. Und die Vorfreude steigt im Umfeld immer mehr. Wer hat schon die letzten Playoffs vergessen? Vermutlich niemand.

Wir begutachten mit den Falcons aus Nürnberg den Gegner der Gladiators. Wie liefen die direkten Duelle? Wie schafften sie es aufs Treppchen? Wessen Form ist die bessere? Wie sehen die Match-Ups aus? Bei uns findet ihr die Antworten.
Direkte Duelle der Gladiators und Falcons
Es gab – logischerweise – zwei direkte Aufeinandertreffen. Mit einem 61:81 in Nürnberg und dem 70:86 in Trier sah man völlig unterschiedlich verlaufende Partien, die jeweils mit deutlichen Auswärtssiegen endeten. Beim Hinspiel im Frankenland standen die Hausherren womöglich noch unter dem Stress, das ihre schwierige Spielstättensituation einher brachte. Noch am Spieltag selbst gab es Bedenken, ob alle Bedingungen zum Absolvieren des Spieltags im Eventpalast erfüllt werden können.
Beim Rückspiel gelang die Revanche. Sowohl in Sachen Trefferquote als auch Rebounds dominierten die Falcons in Trier. Allerdings wirken beide Spiele nicht so, als könnten sie eine Playoffserie repräsentieren.
Saisonverläufe
Eine der am häufigsten gehörten Sätze im Basketball lautet: „Basketball ist ein Spiel der Läufe.“ Für die Gladiators galt das für die ganze Saison 18/19. Starker Saisonstart, schwache Auftritte zum Jahresende, Besserung im Januar, peinliches Auftreten gegen die späteren Absteiger, bis schließlich von den letzten sieben Partien sechs gewonnen wurden. Nach so manchem Blow-Out wurde die Playofftauglichkeit infrage gestellt. Jedoch scheint sich der Anspruch, am Saisonende den besten Basketball zu spielen, insgesamt zu erfüllen.
Bei den Falcons fangen wir von hinten an. Die letzte Niederlage (gegen Rostock, Tabellenfünfter) ist schon über zwei Monate her. Es gab in diesem Zeitraum solide sowie herausragende Auftritte von Nürnberg, fügten zum Beispiel der Spitzenmannschaft Chemnitz eines seiner sechs Saisonniederlagen zu. Somit ließen sie vergessen, dass zuvor fünf von sechs Spiele verloren gingen.
Der Trend ist bei beiden Teams also positiv, wobei die Franken eine außerordentliche Formkurve vorweisen. Wenn die Kontrahenten sich weiter entsprechend entwickeln, könnte es interessant werden.
Match-Ups Gladiators – Falcons
Jermaine Bucknor, der wohl wichtigste Spieler im Kader der Gladiatoren, erzählte uns von der Wichtigkeit der passenden Match-Ups. Die Trierer werden vor allem auf Topscorer Jackson Ross Kent Acht geben müssen. Beeindruckend bei ihm ist nicht in erster Linie sein Durchschnitt (15,5 Punkte pro Spiel), sondern dass der US-Amerikaner in nur drei der dreißig Spiele nicht zweistellig punktete. Gegen die Moselstädter gelangen ihm 13 beziehungsweise 16 Punkte. Auf ihn werden, je nach Verlauf, wohl Thomas Grün oder Stefan Ilzhöfer angesetzt werden.
Im direkten Duell könnte unter Umständen „Buck“ auf den ähnlich vielseitigen Ishmail Carzell Wainright treffen, wobei der Kanadier den größeren Einfluss auf sein Team hat. Auf der Spielmacherposition muss Trier nach Simon Schmitz auch auf Kyle Dranginis verzichten. Hier könnte die Waage in Richtung Nürnberg ausschlagen, wobei sich die Moselaner mit Kevin Smit, Rupert Hennen und Kelvin Lewis, unterstützt durch Bucknor, seit den Ausfällen gut schlugen. Sie müssen den jungen Marcell Pongo an der Penetration hindern, denn seine Gefahr von der Drei-Punkte-Linie ist gering (27 %).

Auf den großen Positionen stehen die Deutschen im Mittelpunkt. Robert Oehle kann mit seinen 209 Zentimetern dominieren. Gerade die Schwäche im Defensivrebound bei den Gladiators werden ihm viele neue Wurfversuche einbringen, sollte sich Trier in dem Bereich nicht signifikant verbessern. Wenn Johannes Joos und Till Gloger agil an der Zone agieren und somit Oehle Fouls anhängen können (was nicht selten vorkam), könnte Trier hier im Vorteil sein.
Trainer und Zuschauer mitentscheidend?
Auf den Trainerbänken sitzen zwei unterschiedliche Typen. Der „junge Wilde“ Christian Held ist in seiner ersten Saison bei einer ProA-Mannschaft als Cheftrainer verantwortlich. Ralph Junge hält schon seit 2014 die Zügel der Falken in der Hand. Könnte die Erfahrung ausschlaggebend werden? Held hat als Co-Trainer und in unteren Ligen selber viel Playofferfahrung gesammelt, daher sollte dieser Punkt eher weniger Gewicht haben.
Die Spielstätten könnten kaum unterschiedlicher sein. Die Arena Trier hat die mit Abstand höchsten Kapazitäten, der Zuschauerschnitt ist der dritthöchste. Davon ist Nürnberg meilenweit entfernt. Dafür kann die Stimmung im „Bierzelt“ aufgrund ihrer Nähe und Enge extrem feurig werden. Beide Mannschaften sammelten acht Siege zu Hause. Dadurch, dass Nürnberg zwei Siege mehr einfuhr, könnte man eine leicht größere Auswärtsstärke ausmachen. Jedoch ist dieser Wert ebenfalls wenig signifikant.
Fazit
Die Playoffs 2019 in der ProA könnten spannend wie nie werden. Das gilt ebenso für das Aufeinandertreffen der Gladiatoren auf die Falken. Die Trends beider Standorte zeigen nach oben, wobei Nürnberg mit einem 10:0-Lauf hier die Nase vorne hat. Die direkten Duelle scheinen nicht als Vorhersage geeignet, zu unterschiedlich waren die Auftritte. Zudem werden in den Playoffs die Karten völlig neu gemischt, der Gegner ausführlicher studiert als zuvor. Es gilt die Schwächen des Kontrahenten ausfindig zu machen und auszunutzen, die Stärken nicht zum Zug kommen zu lassen.
„Ich erwarte eine lange Serie.“
Christian Held
Der Heimvorteil liegt bei Nürnberg. Auch statistisch liegen sie in den meisten Bereichen vorne (Effektiviätswert 91:85 zu Gunsten Nürnbergs). Allerdings könnte die Erfahrung des Trierer Kaders das kompensieren, für einige Falcons sind das die ersten Playoffs auf diesem Niveau.
Wenn das Team von Christian Held sich gut vorbereitet und die Gladiators sich endlich im Rebounding stabil präsentieren, könnte eine Überraschung möglich sein. Als Favorit gehen allerdings die Falcons in die Serie.
In den nächsten Tagen könnt ihr bei uns ein ausführliches Interview mit Christian Held lesen. Er sprach mit uns über die Saison, die Nürnberg Falcons und was er im letzten Jahr alles gelernt hat.
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