Von Monika Pradelok (Text und Fotos)
Parolen wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut“ oder „Freiheit für Snowden“ schallten am Samstag, 27. Juli, zwischen 13.15 Uhr bis 15 Uhr durch Triers Innenstadt. Im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages äußerten an die 200 Demonstranten ihren Unmut über die aktuelle Überwachungsaffäre. Ausgerüstet mit Plakaten und Transparenten marschierten sie unter dem Motto „Stop watching us“ (dt.: Hört auf uns zu beobachten) gegen Datenmissbrauch.
Es ist eines der aktuellsten und brisantesten Themen, das momentan nicht nur Regierungen auf der ganzen Welt Kopfzerbrechen bereitet – die Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden über die Überwachungsprogramme PRISM und Tempora. Obgleich die Öffentlichkeit nach und nach erfuhr, dass die amerikanischen Geheimdienste CSI und NSA unter der Billigung des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Deutschland Telefonate, Emails, SMS und Chatbeiträge überwachen, ließ die Reaktion der Bevölkerung auf sich warten.
Dies änderte sich jedoch am Samstag mit dem bundesweiten Protest „Stop watching us“, der in vielen Großstädten zeitgleich anfing.
Zentrale Kundgebung für Rheinland Pfalz in Trier
Auch in Trier formierten sich verschiedene politische Gruppen sowie PRISM-Gegner, die vom Viehmarktplatz aus ihre Demonstration starteten. Mit seiner Ansprache gab Initiator Thomas Heinen (37), Erster Vorsitzender des Piraten-Kreisverbandes Trier/Trier-Saarburg, den Startschuss zur Eröffnung der Veranstaltung gegen den Kontrollwahn, der „gegen die Grundrechte der Bürger“ verstoße.
Zudem lud er die Anwesenden zu einem open mic (dt.: offenes Mikro) ein, bei dem sie ihre Meinungen sowie Kritik kundtun konnten.
„Wir haben vorher nichts geplant. Alle anderen Reden waren total spontan“, erzählt er. Und darauf kommt es ihm an – Stimmen aus dem Volk zu hören. Bei den Zwischenstopps am Korn- und Hauptmarkt sowie vor der Porta Nigra traten Studenten und „einfache Bürger“ an die Megafone. Sie äußerten ihre Besorgnis über die Überwachung sowie der Passivität der Regierung.
Die Regierung muss tätig werden
„(…) ich erwarte von ihr [der Regierung], wie von jeder demokratisch legitimierten Regierung, dass sie meine Rechte als Bürger dieses Staates schützt und mir diese nicht unter dem falschen Vorwand einer erst durch den Imperialismus der westlichen Welt und insbesondere der Vereinigten Staaten von Amerika ausgeuferten und auf tiefem Missverständnis basierenden Sicherheitspolitik entzieht!“, plädierte einer der Redner am Kornmarkt und bekam für seine Ansprache viel Applaus.
Die Enttäuschung und Wut über die Überwachung der Geheimdienste ist groß, denn viele sind der Ansicht, dass spätestens nach den tragischen Vorfällen des 11. September 2001 der Kampf gegen den Terrorismus als Legitimation für ein Eindringen in die Privatsphäre aller Bürger dient.
„Jeder von uns wird wie ein potenzieller Terrorist behandelt“, bemerkt Sarah B. (32). „Das kann es einfach nicht sein. Für mich stellt die flächendeckende Überwachung eine Vergewaltigung der Unschuldsvermutung dar, denn alle Menschen werden damit unter Generalverdacht gestellt – es ist also ein Versagen des Rechtsstaats.“
„Die Politik soll das Volk vertreten und nicht der Feind des Volkes werden“, sagt Basti (21). Er habe sich früher nie für Politik interessiert, doch dies habe sich mittlerweile geändert. Auch ein anderer Demonstrant teilt seine Meinung mit und erwidert, dass die Überwachung überhandnehmen würde. „Es ist völlig unkontrollierbar, was momentan an Daten mit PRISM und Tempora über uns verbreitet wird. Wir haben es lange nicht mehr in der Hand. Die Regierung muss tätig werden, das Ganze aufklären und vor allem beenden.“
Tatort Hauptmarkt
Bevor die Demonstranten ihr Ziel – die Porta Nigra – erreichen, wird am Hauptmarkt wieder ein Zwischenstopp eingelegt. Für Passanten bot sich hier ein etwas kurioser Anblick, als plötzlich Sirenen ertönen und sich viele der Demonstranten auf den Boden legen. Einige ihrer Mitstreiter sind direkt zur Stelle und umranden die Betroffenen mit Kreide – ein symbolischer Akt, der darauf hinweisen soll, dass sie alle „Opfer“ der Überwachung sind.
Keine Partei-Veranstaltung
Die Anwesenheit der Piraten-Partei ließ aufgrund der vielen Mitglieder und Piraten-Banner den Eindruck entstehen, dass es sich bei dieser Aktion um eine parteibezogene Veranstaltung handelte. Thomas Heinen stellte jedoch klar, dass er extra darauf geachtet habe, dass es eine offene Veranstaltung und kein Wahlkampf-Event sei.
Neben der Piratenpartei Trier/Trier-Saarburg haben auch der Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Trier sowie der Chaos Computer Club diese zentrale Großaktion unterstützt.
Die Abschlusskundgebung fand vor der Kulisse der Porta Nigra statt. Um ca. 15 Uhr löste sich die Veranstaltung auf.
[statistik] Weitere Informationen zu der Veranstaltung sowie den Kommentaren gibt es auf der Facebook-Seite „Stop watching us“. [/statistik]
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