Von Andreas Gniffke
Nach bis dahin vielversprechenden Verhandlungen zwischen der Faninitiative „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ und Vertretern von DFB und DFL wurden diese Anfang November von Verbandsseite urplötzlich abgebrochen (5vier.de berichtete). In der entsprechenden Pressemeldung des DFB wurde als Grund hierfür ein in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten angeführt. Dort heißt es: „Die Verwendung von Pyrotechnik in Fußballstadien durch Besucher/Fangruppen ist auf Grundlage des geltenden Rechts ausgeschlossen. Anträge auf Zulassung von Pyrotechnik durch Besucher/Fangruppen sind zwingend durch die für den Brandschutz zuständige Behörde abzulehnen.“ Das ist auch prinzipiell richtig, denn tatsächlich können Besucher und Fangruppen keinen entsprechenden Antrag stellen, das war aber auch nie vorgesehen. Anke Wiedenroth, eine der Sprecherinnen der Initiative macht klar: „Den Antrag muss immer der Veranstalter, in unserem Fall der Verein, gegebenenfalls mit Zustimmung des Stadionbetreibers stellen. So ist das in unserer Konzeption auch vorgesehen.“ Nach einer juristischen Prüfung des Gutachtens kommt die Initiative zu dem Ergebnis, dass auch hier, wie in den Gutachten zuvor, unter bestimmten Voraussetzungen (Beantragung im Vorfeld, Namenslisten, Pyrozonen usw.) der Einsatz von Pyrotechnik grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist. Dies wäre somit der zweite Fall, in dem der DFB bewusst Falschinformationen gestreut hat. Denn bis die Protokolle der ersten Verhandlungen öffentlich wurden, hatte man auf Seiten des Verbandes ebenso standhaft geleugnet, irgendwelche Zugeständnisse gemacht zu haben. In einem offenen Brief an Theo Zwanziger (DFB) und Reinhard Rauball (DFL), den die Initiative in dieser Woche veröffentlichte, heißt es hierzu: „Obwohl wir nun Kenntnis darüber erlangten, dass Sie nicht nur uns, sondern auch die Vereine und die Öffentlichkeit erneut bewusst getäuscht haben, geben wir Ihnen die Chance, mit uns an den Verhandlungstisch zurück zu kehren.“ Es fällt schwer zu glauben, dass der DFB dieses Angebot annehmen könnte…
5vier.de steht das Gutachten auch in Auszügen zur Zeit nicht zur Verfügung, eine eigenständige Bewertung ist also nicht möglich. Daher hier der offene Brief im originalen Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Zwanziger, sehr geehrter Herr Rauball!
Am 2.11.2011 teilten Sie mittels einer Pressemitteilung das Ende der Diskussion um Pyrotechnik mit. Zitat: „Weiterhin nicht in Frage kommt eine sogenannte `Legalisierung` von Pyrotechnik. Bestätigt wird das Verbot durch ein vom DFB-Präsidium in Auftrag gegebenes unabhängiges Rechtsgutachten.“
Wir hatten zuvor unsererseits ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, welches bestätigte, dass unter bestimmten Bedingungen der legale Einsatz von Pyrotechnik in Stadien durchaus möglich ist.
Eine gemeinsame seriöse Aufarbeitung der Rechtslage wäre nun durch weiteren Dialog und einen Abgleich der Gutachten möglich gewesen. Dieser Dialog war aber Ihrerseits nicht gewollt, denn trotz vorheriger Zusage blieb unsere Nachfrage bezüglich der Einsichtnahme in das Gutachten bis heute unbeantwortet. So mussten wir die einseitige Beendigung der Gespräche zwischen DFB/DFL und unserer Kampagne zunächst hinnehmen.
Danach war in der Presse u.a. von „Geisterdebatten“ die Rede – Sie versuchten, die Kampagne in der Öffentlichkeit zu diffamieren. Unsere Antwort auf Ihren Konfrontationskurs entnehmen Sie der entsprechenden Pressemitteilung unter http://www.pyrotechnik-legalisieren.de.
Es war uns inzwischen möglich, Einblick in das von Ihnen in Auftrag gegebene Gutachten zu nehmen und es rechtlich auswerten zu lassen. Es ist nun auch klar, warum man uns und auch der interessierten Öffentlichkeit die Einsichtnahme verwehrt: Denn auch Ihr Gutachten bestätigt, dass die legale Verwendung von Pyrotechnik unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist!
Obwohl wir nun Kenntnis darüber erlangten, dass Sie nicht nur uns, sondern auch die Vereine und die Öffentlichkeit erneut bewusst getäuscht haben, geben wir Ihnen die Chance, mit uns an den Verhandlungstisch zurück zu kehren.
Dabei erwarten wir eine ehrliche Aufarbeitung der Thematik unter Zuhilfenahme unserer Konzeption, die – wie wir nun durch 2 unabhängige Rechtsgutachten feststellen durften – rechtlich umsetzbar ist.
„Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“
Gutachten-Auszüge:
Im „Rechtsgutachten zu den Möglichkeiten eines begrenzten Einsatzes von Pyrotechnik in Fußballstadien“ (in Auftrag gegeben durch den DFB) wird bestätigt, dass der „begrenzte Einsatz von Pyrotechnik in Fußballstadien“ unter „einschränkenden Voraussetzungen möglich“ ist.
Diese Voraussetzungen enthalten, dass der Antrag durch den Verein gestellt, der Stadionbetreiber seine Zustimmung erteilt und das Einvernehmen und die Zustimmung „aller für die Sicherheit und Ordnung örtlich zuständigen Behörden“ bestehen.
Des Weiteren werden geeignete, namentlich bekannte Personen, Sicherheitsabstände, ausgewiesene Zonen, bestimmte Zeiten und geeignete Pyrotechnik als Einschränkungen genannt.
Über genau diese Einschränkungen hatten wir mit dem DFB und der DFL verhandelt und sie für eine gewisse Testphase akzeptiert, um z.B. zumindest bei Choreographien Pyrotechnik legal einsetzen zu können.Das Gutachten erwähnt: „auch bei Vorliegen aller gesetzlichen, behördlichen und vertraglichen Voraussetzungen steht der begrenzte Einsatz von Pyrotechnik in Fußballstadien zusätzlich unter DFB verbandsinternen Erlaubnisvorbehalt“.
Genau darüber hatten wir mit DFB/DFL gesprochen (wie auch in den offen gelegten Gesprächsprotokollen nachweisbar). Wären obenstehende Voraussetzungen erfüllt, hätte der DFB gemäß seinen Sicherheitsrichtlinien eine Genehmigung nach §34 (1) erteilt.
Das Entgegenkommen ging sogar noch weiter. Wie den Gesprächsprotokollen, die uns am 13.7.2011 vom DFB in dieser Form bestätigt wurden, zu entnehmen ist: „Wenn die Einzelfälle funktionieren, soll es in den Richtlinien eine neue Anlage geben, in der das Verfahren, welches für eine Genehmigung von Pyrotechnik in Stadien nötig ist, festgeschrieben wird.“Das Gutachten des DFB befasst sich mit dem Versammlungsstättenrecht, dem Sprengstoffrecht und europarechtlichen Vorschriften und begutachtet anschließend die Handlungsmöglichkeiten. Hier werden die Erlaubnis der Feuerwehr, die Zustimmung des Betreibers, das behördliche Einvernehmen der für die Sicherheit zuständigen Behörden und die Richtlinien des DFB genannt. All diese Faktoren sind in unserer Konzeption ebenfalls berücksichtigt.
Abschließend werden die haftungsrechtlichen Regelungen besprochen. Das zivilrechtliche Haftungsrisiko wird als versicherbar benannt, ein strafrechtliches Risiko sei nicht erkennbar.
Das Gutachten ist gezeichnet am 1.11.2011.
Die Pressemitteilung des DFB wurde am 2.11.2011., 14.30 Uhr online gesetzt. Selbst wenn das Gutachten per Email zugestellt sein sollte, muss jeder für sich bewerten, ob in dieser kurzen Zeitspanne tatsächlich eine Prüfung des Gutachtens durch den DFB vorgenommen werden konnte.
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