Von Jan Kowalski
Die Regionalliga Südwest befindet sich im Winterschlaf und die Eintracht aus Trier ist gut im Rennen um einen der Spitzenplätze. 5vier schaut deswegen über den Tellerrand, und betrachtet die Lage in den anderen vier Regionalligen. Den Anfang macht im ersten Teil unserer Serie die Regionalliga aus Bayern.
Nicht wirklich ernst genommen
Während man selbst beim Fernsehsender Sport 1 schon die Qualitäten der Regionalligen erkannt hat, gilt die Regionalliga Bayern dabei als das hässliche Entlein unter den vierthöchsten Spielklassen. Neben vielen Zweitvertretungen von Bundesligateams finden sich auch etliche Amateurmannschaften in der Liga. Einige echte bayrische Traditionsvereine lassen sich zwischen den 19 Mannschaften allerdings auch entdecken. Kaum eine der Mannschaften hat allerdings das Ziel die Liga nach oben hin zu verlassen. Außer den zweiten Mannschaften von Bayern München, Nürnberg, 1860 München oder Augsburg, stellt fast keine andere Mannschaft einen Lizenzantrag für die dritte Liga.
Hierbei lässt sich sicher die größte Kritik an der Liga in Bayern anbringen, da die Strukturen der meisten Mannschaften kaum ausreichend für die vierte Liga oder für noch höhere Spielklassen sind. Der Zuschauerschnitt liegt bei nur rund 790 Besuchern pro Spiel, wobei der Aufsteiger aus Schweinfurt mit im Schnitt 2150 Besuchern die Tabelle anführt und die zweite Mannschaft aus Ingolstadt mit nur etwa 200 Zuschauern das Schlusslicht bildet. Bis auf die beiden großen Münchener Zweitvertretung schaden gerade die vielen zweiten Mannschaften dem Zuschauerschnitt, da diese im Schnitt kaum mehr als 500 Besucher anlocken.
Zweitvertretungen dominieren Spitze
Die Zuschauertabelle bildet aber nicht die Tabellenkonstellation nach 24. Spieltagen ab. Die Mannschaften haben vor der Winterpause unterschiedlich viele Spiele absolviert, der FC Memmingen hat erst 21. Spiele bestritten, einige andere Mannschaften bereits 24. Partien. Trotzdem lässt sich eine klare Dreiteilung der Liga feststellen. Auf den ersten vier Plätzen finden sich drei zweite Mannschaften von Erst- und Zweitligavereinen. Einzig der FV Illertissen auf Platz zwei trotzt der Übermacht der Zweitvertretungen an der Tabellenspitze. Die beiden Vereine aus München und der ersten Liga profitieren dabei von ihren Talentschmieden und zahlreichen Profis, die in die Mannschaften versetzt wurden.
Tabellenführer ist zur Winterpause die zweite Mannschaft des FC Bayern München, die den mit Abstand besten Angriff der Liga stellt (67 Tore) und mit Julian Green den Zweitplatzierten der Torjägerliste (15 Tore). Übertroffen wird der junge Münchener, der auch bei der Fifa Klub Wm dabei war, nur von Vitalij Lux vom zweitplatzierten FV Illertissen, der bereits 18 Tore erzielen konnte. Die beiden Mannschaften an der Tabellenspitze trennt im Moment nur ein Punkt. Dahinter liegen mit dem FC Augsburg II und dem Vorjahresmeister TSV 1860 München II zwei Mannschaften noch relativ aussichtsreich im Rennen um den Aufstiegsplatz.
Ab Platz fünf beginnt das breite Mittelfeld, das bis Platz 12 reicht. Hier finden sich weitere Zweitvertretungen aus Fürth, Ingolstadt und Nürnberg aber auch der erst 2010 neu gegründete FC Eintracht Bamberg und der Traditionsverein aus Memmingen.
Am Tabellenende, das ab Platz 13 beginnt, stehen sich die beiden Aufsteiger aus Schweinfurt und Schalding. Beide haben allerdings einen ordentlichen Abstand auf die direkten Abstiegsplätze. Die beiden letzten Plätze scheinen schon verteilt. Der TSV Rain/Lech konnte noch keins seiner 22 Spiele gewinnen und liegt mit nur achten Punkten abgeschlagen am Tabellenende. Auch Viktoria Aschaffenburg auf Platz 18. hat schon einen großen Abstand zum rettenden Ufer. Einzig der dritte direkte Abstiegsplatz ist noch umkämpft, der SV Heimstetten hat nur einen Punkt Rückstand auf die Plätze 15 und 16.
Immer wieder für eine Überraschung gut
Insgesamt ist die Liga trotzdem immer wieder für eine Überraschung gut. Selbst der Tabellenführer aus München musste, anders als der große Bruder in der ersten Liga, bereits fünfmal als Verlierer vom Platz gehen. Gerade gegen die Verfolgerteams aus Illertissen, Augsburg und 1860 München musste der klare Favorit für die Relegation Niederlagen hinnehmen. So kassierten die „kleinen“ Bayern in den letzten fünf Spielen vier Niederlagen und verspielten ihren komfortablen Vorsprung.
Bei den Transferbewegungen ist in der Regionalliga Bayern noch nicht viel passiert, einige Talente haben die Ausbildungsstätte gewechselt. Die Fluktuation im Kader der zweiten Mannschaften ist sowieso die ganze Saison relativ hoch, da immer wieder Spieler in die erste Mannschaft geholt werden oder in die Regionalligamannschaft verbannt werden, wie es erst vor einigen Wochen dem erfahrenden Bundesligaprofi Hanno Balitisch beim 1. FC Nürnberg passierte. Einzig beim abstiegsbedrohten Verein aus Rosenheim gibt’s es viel Veränderung, so wurde das Trainerteam ausgetauscht und zahlreiche Spieler (bis zu 13 Mann) sollen den Verein offenbar verlassen.
Die am meisten kritisierte vierte Liga ist gerade an der Spitze trotzdem wieder spannend und der Teilnehmer aus Bayern an der Relegation nicht zu unterschätzen. Man darf gespannt sein, ob sich der Favorit aus München durchsetzt oder der SV Illertissen die Überraschung schafft und die Lizenz bekommt.
[statistik]Nächste Woche geht es im zweiten Teil der Serie weiter mit der Regionalliga Nordost[/statistik]
Alex meint
Es mag ja richtig sein, dass die meisten Regionalliga Teams nicht aufsteigen wollen, nur passt einfach die Verteilung nicht: Im Westen und Südwesten wollen mindestens 50 % Aufsteigen, wohingegen man im Osten Norden und Bayern fast gar keine geeigneten Mannschaften findet, wodurch es für die dort spielenden viel einfacher ist, in die Relegation zu kommen
Thomas Müther, BFV meint
Liebe Fußballfreunde,
ich möchte gerne ein paar Anmerkungen zur Regionalliga allgemein und speziell zur Regionalliga Bayern machen:
In der Regionalliga muss man grundsätzlich drei verschiedene Gruppen von Klubs zusammenführen, die ziemlich unterschiedlich sind und so das Ganze nicht einfach machen. Das sind die Zweiten Mannschaften der Profiklubs, diese Teams gilt es zu integrieren, weil wir auch ein Interesse an der Elite-Nachwuchsförderung haben müssen. Dann gibt es einige (Amateur)vereine mit größeren Ambitionen, die sich auf der Durchreise in Richtung 3. Liga sehen. Für die größte Gruppe an Vereinen in der Regionalliga ist die Liga aber ihre ganz eigene „Champions League“. Diese Vereine können und wollen gar nicht noch weiter oben spielen. Jeder Verein muss doch für sich selbst entscheiden, welche Liga für ihn sportlich und wirtschaftlich machbar ist. Ziel der Regionalliga ist es, unterhalb der drei nationalen Profi-Ligen sportlich attraktiven und wirtschaftlich machbaren Amateurspitzenfußball zu organisieren.
Für die allermeisten bayerischen Regionalligisten kommt ein Aufstieg in die 3. Liga aufgrund ihrer wirtschaftlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten nicht in Betracht. Das ist aber kein Rückschlag für die Bedeutung der Regionalliga Bayern, sondern ein Sieg der Vernunft und eine realistische Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Damit die Regionalliga Bayern gerade für diese Vereine aber auch attraktiv bleibt, gibt es die Bayerische Amateurmeisterschaft. Der Bayerische Amateurmeister, also die beste bayerische Amateurmannschaft der Regionalliga Bayern, bekommt einen lukrativen DFB-Pokal-Startplatz.
Die Regionalliga Bayern ist auch eine Liga, bei der sich Spieler und Trainer ins Schaufenster stellen und für Profivereine empfehlen können. Mehrere Spieler und Trainer haben diese Plattform bereits in der 1. Regionalliga-Saison genutzt. Das spricht durchaus für die sportliche Qualität der Regionalliga Bayern.
Zu den Zuschauerzahlen: Natürlich wünschen wir uns trotz steigender Zahlen noch mehr Zuschauer in der Regionalliga Bayern. Aber die Zuschauerzahlen können nicht das alleinige Kriterium sein, ob eine Ligastruktur richtig ist. Man darf nicht vergessen, dass Bayerns Spitzenklubs und Zuschauermagneten fast sämtlich in den ersten drei Ligen spielen. Insofern hinkt ein Zuschauervergleich mit den anderen Regionalligen. In der Regionalliga Bayern herrscht deswegen aber noch lange keine „tote Hose“. Wer Lust hat, kann sich bei „BFV.TV – Das Bayerische Fußballmagazin“ einmal die Spielzusammenfassungen ansehen (www.bfv.tv). So „hässlich“ sieht das „Entlein“ doch gar nicht aus.
Thomas Müther, BFV