Es ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her seit ich begann, diese kleine aber feine Kolumne zu schreiben. Zeit für eine persönliche Bilanz. Ich zünde also meine Meerschaumpfeife an, lehne mich mit einem guten Glas vom Besten in meinem alten Ledersessel zurück, zünde die dicke Stumpenkerze an und tunke den Federkiel tief in die Tusche.

Reichweite
Reichweite ist ein gutes Thema. Ich meine: wer liest mich überhaupt? Ich habe keine Ahnung. Ob es Leute gibt, die das hier Freitags morgens regelmäßig lesen und sich drüber freuen? Oder ärgern? Ich weiß es nicht. Ich kann mich nach wie vor im öffentlichen Raum bewegen, ohne einen Heiratsantrag oder kräftig eine ins Fressbrett gepochert zu bekommen. Ist das ein gutes Zeichen oder ein schlechtes? Will ich das?
Sinn
Was will ich eigentlich – gute Frage. Provozieren? Vielleicht manchmal und vielleicht so Manchen. Erfreuen – am Liebsten Viele. Warum mach ich das hier und was bezwecke ich damit? Diese Fragen darf sich eigentlich auch kein Podcaster stellen, denn das ändert sich in meinen Podcasts ständig. Warum auch nicht, schließlich bin ich weder Hofnarr noch Zwerchfell-Dienstleister, Schamane, Seher, Politiker, Prediger oder Verkehrspsychologe. Und es ist cool ab und an so zu tun als ob. Verklagen Sie mich doch wenn Sie es nicht mögen.
Öffentlichkeit
Warum aber muss ich mich dann so circa einmal die Woche öffentlich produzieren, wenn es mir doch egal ist was die Leute denken (und wer mich besser kennt weiß, WIE egal es manchmal ist)? Warum suche ich sowohl als Musiker, als auch als Podcaster und als -was auch immer ich hier gerade tue – die Öffentlichkeit? Bin ich applausgeil? Ja! Nennen wir es reaktionsgeil. Ist das nicht jeder Künstler? Besteht Kommunikation nicht aus Aktion und Reaktion? Muss eine gute Reaktion immer Applaus sein? Wollte ich dass mich alle immer supi finden wär ich wohl Schlagersänger a la Tim Benzko geworden: tut keinem weh, findet jeder nett. Ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen dass der Typ aussieht wie der Typ aus „fantastische Tierwesen“? Ich drifte ab – reiss dich zusammen, Schier!
Reichtum
Well… , ein kluger Mensch sagte mal, dass der Unterschied zwischen Kabarettisten und Comediens der sei, dass Comediens es nur nur für Geld machen, der Kabarettist macht es hingegen des Geldes wegen. Ich schaue durch das Fenster meines Landsitzes, in dessen Ostflügel-Bibliothek ich gerade diese Zeilen auf aus alten Gutenberg-Bibeln recyceltes Pergament schreibe, und frage mich ob es einen reich macht, wenn man schreibt und Podcasts veröffentlicht, dazu ein wenig musiziert und unterrichtet. Der Butler sagt auf meine Nachfrage hin, dass der Rolls Royce auch schon 15 Jahre alt ist und mein Single Malt erst 15 Jahre alt. Was für ein Hundeleben. Ich erkenne, Schreiben macht mich nicht reich. Das kann also nicht der Grund sein weshalb ich das hier tue.
Bock
Es scheint tatsächlich so, als sei die Antwort auf all meine Fragen eine simple. Es bockt ungemein! Deshalb hab ich auch beschlossen, meine anderen Hobbies wie Hot Yoga, Pole Dance, Urban Knitting, Van Life, Self Care, Veganes Kochen, Plank Challenge usw. der TikTok und Insta Fraktion zu überlassen. Einfach weil es Bock macht, zu schreiben. Ein Hoch auf´s geschriebene Wort! Und ich bin so froh dass diese Senf-Ausgabe überhaupt nicht selbstreferenziell geworden ist. Selbstzufrieden ob der eigenen Bescheidenheit puste ich die Tusche trocken und verlasse den Ostflügel, um die Polo Pferde zu füttern. Wäre nur alles so einfach wie das Schreiben!
Ihr Senf hierzu interessiert mich natürlich sehr – also kommentieren Sie was das Senfglas hergibt! Mehr Senf von mir gibt es hier!
Mehr Sempf und weitere Themen von Johannes‘ bekommt ihr in seinem Podcast „Discöföx“, in dem er zusammen mit Philipp Godart das Weltgeschehen kommentiert. „Schier sein Podcast“ ist schier gut. Weitere Infos findet ihr zudem auf den Websites der Boys:
Jöhännes www.johanneschier.de
Philipps: www.philippgodart.de
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