Komisch – wenn ich das Wort „Penne“ mit den basilikumgereizten Augen der Foodstagram – Millenials sehe,ist der erste Gedanke natürlich Pasta. Dabei ist meine Generation die wohl letzte Generation, in deren Lebenswirklichkeit dieses Wort noch „Schule“ bedeutete. Boomer-Humor, ich weiß. Pünktlich zum Schulbeginn ein paar Gedanken über die eigene Schulzeit.
Wir hatten ja nix damals
Keine Sorge, Opa erzählt jetzt nicht vom Krieg. In der Tat kann sich mein 13jähriger Nachwuchs jedoch nicht vorstellen, wie wir ohne Handy kommunizierten. Anyway, zu dem Thema gibt es in den sozialen Medien ja genug Kalendersprüche a la Bleistift und Musikkassette, ich spare mir diese Oliver Geissen Nostalgie jetzt. Aber irgend wie hats geklappt. Ich weiß zum Teil gar nicht mehr genau wie, aber es ging. Ein Beispiel fällt mir ein: Das Zettelchen schreiben war die WhatsApp der 90er – natürlich immer Ehrensache, dass man die Zettelchen auch weiter gegeben hat, und zwar ohne zu lesen was da stand. Lief!
Früher war alles besser?
Je dümmer die Menschen desto früher war alles besser. Steile These. Ich nehme mal meine Grundschulzeit als Beispiel. Eine kleine Dorfschule mit 48 Schülern in 4 Jahrgängen und meist 3 Lehrer*innen. Willkommen in Bullerbü – mag man meinen. Aber solch kleine Schulen sind gern auch mal Nährboden für – sagen wir mal wohlwollend – „informelle Problemlösungen“. Und die wollen wir unseren Kindern heute nicht antun. Wenn nur 2 Lehrer*innen gleichzeitig im Dienst sind und die sich nicht gegenseitig kontrollieren sondern decken, fliegt die gesunde Pädagogik mit der Zeit genau in den Mülleimer in dem wir als Strafe stehen mussten. Kids mit tendenziell weniger akademischem Wesen wurden gern mal zum örtlichen Tante Emma Laden geschickt, Kaffeesahne kaufen fürs Lehrerzimmer – bringt ja eh nix, denen den Stoff zum dritten Mal zu erklären – die raffen es sowieso nicht, dann können die sich wenigstens nützlich machen.
Auf die Plätze, fertig, schämen!
Wenn ich an das Sportfest denke, auf dem ein Klassenkamerad einen Anschiss bekam, weil er beim Wettlauf auf mich wartete, ist das nicht schön. Der Gute hat ein Maximum an Empathie bewiesen und konnte schlichtweg nicht mehr mit ansehen wie ich Lappen gedemütigt wurde (das war bevor es mir egal war und ich es mit Humor nehmen konnte…). Dafür gäbe es heute mit Sicherheit den Sonderpreis für den/die kollegialste(n) Teilnehmer*in. Ich habe ihm den innerlich an diesem Tag auf ewig verliehen. Und ich muss sagen, dass aus meiner heutigen Sicht meine Grundschulzeit ziemlicher Bullshit war. Ein Paradebeispiel an Häme, Härte, Vetternwirtschaft bis hin zur Ohrfeige vom alten senilen Pastor in einer Religionsstunde (…das dieses Fach noch an Schulen unterrichtet wird, halte ich für einen Skandal – aber anderes Thema).
Good Will Hunting
Tatsächlich erinnere ich mich jedoch an einen einzigen inspirierenden, fairen, nicht vom Mobbing der Stammkolleg*innen und der Schüler*innen zerfressenen Lehrer, der mich nachhaltig geprägt hat. Ich habe bis heute einen Brief, den dieser Mann mir zum Zeugnis in der 3. Klasse geschrieben hat. Ein persönlicher, ehrlicher Brief, der zeigt, mit wie viel Herz dieser Mann seinen Job gemacht hat. Leider blieb er nicht lange und das Geweine war laut als wir erfuhren dass er geht. Ein großartiger Lehrer, der seinerzeit mit einer einzigen Buchempfehlung meine Weltanschauung bis heute nachhaltig prägte. Danke!
Nietnagel, nach vorne!
Das Gymnasium war eine echte Wohltat. Mit Ausnahme von sehr wenigen Individuen fühlte ich mich dort sehr wohlwollend behandelt. Eben genug Reibung um rebellieren zu können, aber auch ein gutes Gefühl gegenüber den Lehrer*innen. Aus heutiger Sicht hätte ich am besten 2-3x ein Schuljahr wiederholen sollen, damit ich mit der nötigen Reife ins Abitur gehe , dann wäre ich in der mündlichen Prüfung sicher auch nüchtern gewesen. Es gibt Tonnen toller Erinnerungen an diese Zeit, und ich denke gern an sie zurück – auch wenn ich sie nicht noch einmal durchleben möchte. Auch hier gab es natürlich Momente der Willkür genau so wie sehr prägende Beziehungen zu bestimmten Lehrer*innen. Ich muss derzeit oft daran denken, wie rau es stellenweise in Musik und um die Musik herum zu ging, und wie sehr mich das geprägt hat was absolute Hingabe und völlige Opferbereitschaft dem Gig gegenüber betrifft. Definitiv nichts aus dem Handbuch für mentale Gesundheit – aber durchaus etwas was dazu beitrug, schwierige Zeiten als Musikprofi zu überleben.
Klassenspiegel
Ehrlich gesagt standen hier eine Wagenladung lustiger Anekdoten, die ich in meiner Schulzeit erlebt habe. Ich war kein Kind von Traurigkeit und zu vielen Schandtaten bereit und es wäre sicherlich ein amüsanter Text geworden. Ich habe sie alle wieder gelöscht.
Es tut mir leid, aber wenn Ihnen nach so etwas der Sinn steht, schauen Sie sich noch schnell einen Hansi Kraus Film an, bevor irgend jemand versucht, diese Filme aus irgend einer moralischen Befindlichkeit heraus in die ewigen Jagdgründe zu schicken (no pun intended).
Ich behalte diese Anekdoten für mich – in schöner Erinnerung, aber is halt vorbei. So sehe ich das auch mit den Lehrer*innen, die mir nicht gut taten. Ich setze wohlwollend voraus, dass jede(r) sein bzw. Ihr Bestes gegeben hat, ging halt dann nicht besser. Kann man so machen, ist dann halt Scheisse. Viel wichtiger finde ich es, denen dankbar zu sein, die uns wirklich etwas beibrachten: Leidenschaft für ein Thema, Fairness, Sozialkompetenz, Teamwork – und das oft nicht einmal bewusst, durch simples Vorleben. Ich bin dankbar für meine Schulzeit und alle Lehrer*innen, die ihren Job und vor allem ihre Schüler*innen ernst nahmen. Viele lachen oft über Lehrer, wenn das Thema Arbeits- und Ferienzeiten kommt. Ich weiß aus eigener Erfahrung dass alle, die diesen Job ernst nehmen und irgend wann die zwangsläufigen Abnutzungserscheinungen zeigen, sich seelisch und geistig genau so hart abgearbeitet haben wie so mancher das körperlich z.B. auf dem Bau tut. Und ich persönlich hab ehrlich gesagt lieber gut gelaunt ´nen wehen Rücken – bei allem Respekt. Viele meiner Lehrer haben großes geleistet und ich bin sehr dankbar dafür, sowohl als ehemaliger Schüler, als auch als Vater.
Musste ich mal los werden.
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