„Wann ist ein Mann ein Mann“ – wer kennt ihn nicht, diesen Satz. An Bedeutung hat er wohl nie verloren, zumindest nicht für die Männerwelt. Und was ist dran? Der Kalauerkönig in mir ist jetzt gerade versucht, auf einem Poetry Slam möglichst bedeutungsschwer und emotional den Text von Herbert Grönemeyers „Männer“ zu zitieren – genau so, wie es einst (leider) Julia Engelmann mit „One Day“ tat.

Männer nehm´n in den Arm, Männer geben Geborgenheit
Müssen wir das denn noch? Ich tu´s gerne! Die Frage ist: wem ? Und wann? Wann ist es übergriffig? Wir Männer müssen manchmal vorsichtig sein, wen wir wann in den Arm nehmen – auch , um nicht missverstanden zu werden. Nicht nur, um nicht einen freundlichen Akt mit einer körperlichen Annäherung verwechselt zu bekommen, sondern auch, weil es mir (uns?) Oftmals schwer fällt, abzuschätzen, wann Frau Geborgenheit möchte, und wann es lieber Unabhängigkeit und Respekt sein sollte – und vor allem wie man die perfekte Mischung aus all dem herstellt.
Männer weinen heimlich, Männer brauchen viel Zärtlichkeit
Heimlich? Man(n) findet heute öffentlich nicht mehr statt, wenn man nicht mindestens ein Buch über die eigene Depression veröffentlicht hat. Diese Beobachtung ist keineswegs eine Abwertung, ganz im Gegenteil – ich finds gut. Das Losreißen vom alten Männerbild, in dem man höchstens mal ein paar traurige Augen in der ledrigen Visage haben durfte, erzeugt halt eine Gegenbewegung; muss sich erst einpendeln. Diese Gegenbewegung fühlt sich oft nicht natürlich an, gerade im Moment nicht. Und man weiß nicht, wer sich durch die Welle der depressiven Coming Outs veranlasst sieht, sein trauriges Geheimnis ebenfalls (zurecht) zu offenbaren, und wer hingegen so tut als ob, weil er sich dadurch Aufmerksamkeit und ggf. Medienpräsenz erhofft – natürlich ein Faustschlag ins Gesicht derer, die wirklich leiden. Der zynische Arsch in mir wartet auf das Depressions Buch von Mario Barth oder Bülent Ceylan, um dann laut zu denken `so, jetz isses soweit’.
Oh, Männer sind so verletzlich
Ich glaube in der Tat, wir sind das „schwache“ Geschlecht und waren es schon immer. Hab ich jetzt kein Problem mit, aber die Fassade aus vermeintlicher körperlicher Überlegenheit und Mansplaining und ähnlichem Gegockel ist ja genau so schnell eingerissen, wie es ein Leben lang dauert, sie aufzubauen und intakt zu halten.
Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich
Lasse ich mal für sich stehen.
Männer kaufen Frauen, Männer stehen ständig unter Strom
Ersteres mag für manchen Mann stimmen. Nicht nur im direkten Sinn, auch im indirekten. Solange es Frauen gibt, die man mit Geld beeindrucken und für sich gewinnen kann, so lange werden Männer das tun – auch wenn es mies ist. Mir bleibt zum Glück diese moralische Dilemma erspart, denn dazu müsste ich reich sein. Ich kann nur sagen dass die sogenannte Sapiosexualität (sich zu Intelligenz hingezogen fühlen) vielleicht oft als Modebegriff in der Frauenwelt benutzt wird, weil Männer mittlerweile den Spruch „Er muss in erster Linie Humor haben“ nicht mehr glauben. Hat mir zumindest ein Mann mit Humor und Intelligenz erzählt. Das mit dem Strom finde ich schon besser: Männer brauchen Projekte. Immer. Männer müssen sich beweisen, was leisten. Vielleicht ist das Teil der oben erwähnten Fassade? Männer kaufen keinen Schmuck, sie kaufen eine „tactical watch“, ein Auto, das den Ukrainekrieg alleine entscheiden könnte, oder andere Dinge, die einem hochspeziellen Zweck dienen – nur eben nicht bei einem Selbst. Ich hatte mich mal in eine russische Kampftaucher Uhr verliebt (vermutlich ein letzter Testosteron Schub Anfang der 2000er), die dann letztlich untragbar war, weil 600g schwer und so groß, dass ohne Probleme ein Helikopter drauf landen konnte. Klarer Fall: sinnvoll, nur nicht bei mir.
Männer baggern wie blöde, Männer lügen am Telefon
Baggern wie Blöde ? Hab ich schon viel erlebt, gerade auf Tanzveranstaltungen, die ich als Musiker begleiten durfte/musste. Hier gilt: je öller, je döller. Die Baby Boomer waren wohl die letzte Generation schuldfreien Anbandelns – da kann man echt neidisch werden. Meine Generationen, und vor allem jüngere Generationen scheinen diese Lebensart abgelegt zu haben, irgend wo zwischen WhatsApp und Me Too. Wenn ich also für die Generation „Tanzcafe-Discofox“ Musik gemacht habe kam ich meist mit einer Lehrstunde in „Baggern wie blöde“ nach Hause – allerdings nahmen sich da Männer und Frauen nichts. Gilt auch für´s Lügen am Telefon.
Oh, Männer sind allzeit bereit, Männer bestechen durch ihr Geld und ihre Lässigkeit
Ach was? Immer noch?
Männer haben´s schwer, nehmen´s leicht
Wäre es denn Gejammer, wenn ich diese Aussage bejahen würde? Manchmal würde ich mir wünschen, ich könnte meine Rolle einfach mal opportunistisch wechseln, zB. Wenn ich es trotz der eigenen Emanzipation doch mal charmant fände, wenn mir das andere Geschlecht etwas tragen helfen oder mir die Tür auf halten soll.
Anderes Beispiel: Was ist mir männlichen Opfern häuslicher Gewalt? Wer von seiner Frau geschlagen wird, darf in erster Linie mit (zumindest versteckter) Häme rechnen, von beiden Geschlechtern. Kommt trotzdem vor, das Zauberwort hier ist wohl „Dunkelziffer“. Nur ein Beispiel.
Aussen hart und innen ganz weich
Im Moment fürchte ich, dass es eher anders herum ist im Moment. Mann gibt sich soft, leise, dezent. Trägt knöchelfrei und weisse sneaker. Benutzt Cremes. Mann tut alles, um kein Prolet zu sein. Mann ernährt sich gesund gibt sich woke mit Lastenrad un Fahrradhelm. Gern dann aber online ,oder wo auch immer Mann nicht gleich erkannt wird, mit dem Recht des Stärkeren im Anschlag. Sei es durch entsprechende Kommentare in sozialen Medien, durch Bereicherung mittels „kluger“ Anlagen (was Rendite bringt ist klug – zumindest für einen selbst) oder durch Beschweren beim Vorgesetzten, anstatt Konflikte geradeaus und direkt zu klären. Innere Härte, oft im geblümten Deckmantel angeblicher Resilienz ist für mich ein Zeichen des aktuellen Zeitgeists.
Werd´n als Kind schon auf Mann geeicht
Ah Mann, es wäre jetzt so schön einfach, ein paar Stammtischwitze über die Genderdebatte abzulassen. Für die , die jetzt darauf warten : Bitte fügen Sie hier den passenden homophoben, misogynen oder auch latent rassistischen konservativen Kalauer ein:
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Zugeschaut und mitgebaut !
Wann ist ein Mann ein Mann?
Ist es gut, ein richtiger Mann zu sein? Und ja, wie wird man einer? Ist es das wert?
Ich weiss es nicht. Weiss Frau es ? Wissen Sie´s?
Ihr Senf hierzu interessiert mich natürlich sehr – also kommentieren Sie was das Senfglas hergibt! Mehr Senf von mir gibt es hier !
Mehr Sempf bekommt Ihr in Johannes´ Podcasts „Discöföx“ (zusammen mit Philipp Godart) und „Schier sein Podcast“ – überall wo es Podcasts gibt und auf den Websites der Boys:
Johannes: www.johannesschier.de
Philipp: www.philippgodart.de
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