Wir stehen in Staus und schimpfen über die Klimaaktivisten, die sie verursachen. Wir essen Zigeunerschnitzel und schimpfen über die Leute, die uns das Wort verbieten wollen. Wie schnell rutscht uns ein „nicht mal das darf man jetzt noch sagen“ raus… Wer hätte gedacht, dass wir die erste Generation sind, deren Kinder versucht, ihr mit harter Knute gutes Benehmen einzutrichtern.

Ist es schon so weit?
Und Zack- bist du alt. Unglaublich. Ich erinnere mich an meine Kindheit, in der ich den Eindruck hatte, ein Mittvierziger sei ein Spiessiger Typ mit nem grauen C-Ascona, der einen Mantel, einen Hut und eine Pfeife hat. Einer, der morgens Zeitung liest und im Haus Pantoffeln trägt. Der samstags den Rasen mäht, bevor er den Ascona putzt. Jegliche Anflüge von Jugend, Rebellion oder Wildheit sind verglüht, im Keller steht die große Märklin Eisenbahn. Und jetzt soll ich einer von denen sein?
Es ist so weit!
Wie konnte ich nur davon ausgehen, dass man mit 40 seine Rock-Platten verbrennt und auf Schlager umsattelt? Heute sehe ich auf so ziemlich jedem Konzert, das ich gebe, dass beides sehr wohl parallel geht. Unsere Generation hat es weitestgehend geschafft, ihre Werte in die heutige Zeit rüber zu retten. Ein paar davon haben sich an der gesammelten Lebenserfahrung zurechtgeschliffen – manche bis zum völligen Verschwinden – aber im Großen und Ganzen sind wir die Selben geblieben, wenn auch meist reicher als damals. Dennoch müssen wir uns einer Tatsache stellen, die wir vielleicht einfach nicht wahr haben wollen: Wir sind jetzt die Alten.
Verständnis
Und weil wir die Alten sind, ist es unser Job, uns über die Jungen aufzuregen. Das ist nunmal der gang der Natur, der Gang der Dinge. Kein Fortschritt ohne Generationskonflikt, kein Vorankommen ohne eine Jugend, die die Werte ihrer Eltern in Frage stellt. Die Natur hat für uns nun mal vorgesehen, verständnislos und von oben herab auf die jungen Leute herabzublicken, wenn diese versuchen, ihren Platz in ihrem Leben zu finden – oder ihren Fortbestand auf diesem Planeten zu sichern – oder ihren moralischen Kodex umzusetzen. Was haben wir uns als junge Leute anhören müssen? Dass Fernsehen dumm macht, dass man nicht „geil“ sagt, dass der Erwachsene, der einem grad die Schelle verpasst hat, sicher nen guten Grund hatte. Und wir haben uns Verständnis gewünscht.
Unverständnis
Ich geb´s zu: mit geht schon ab der Generation der Millenials so einiges kräftig auf den Senkel, je weiter weg die Generationen von meiner rutschen, desto mehr wird es. Ich für meinen teil versuche dennoch, das Verständnis aufzubringen, das ich mir damals auch wünschte – vor allem, weil die Ziele, Werte und vor allem die Konsequenz und Zielstrebigkeit in meiner Generation bei weitem nicht an die der heutigen Jugend herankommen. Und auch, wenn ich mehr Lebenserfahrung habe als die meisten der vielbescholtenen Klima-Kleber (, wie „Bild“ sie nennt), die mich übrigens davon abgehalten hätte, mich an ein entfernbares Gitter zu kleben und mitsamt dessen in den Keller gestellt zu werden, so muss ich doch gestehen, dass die Jugend meiner Generation wesentlich weniger Werte und mehr Oberflächlichkeit mit sich brachte. Is so – war trotzdem geil.
Fazit
Deshalb mahne ich, bei allem Unverständnis über zugemüllte Innenstädte nach einer FFF Demo oder Staus durch Pattex, zum Verständnis. Wenigstens geht es dieser Jugend um etwas. Wer in meiner Generation Werte hatte und diese konsequent verfolgte, der war definitiv keiner von den Coolen. Und ich finde, dass die Kids von heute uns das voraus haben. Was sie nicht haben ist Ahnung vom Leben. Woher auch? Bieten wir uns an, es ihnen zu zeigen und treten wir in den Dialog, wir können alle nur davon profitieren. Frei nach Brömme: Zukunft ist gut für uns alle.
Ihr Senf hierzu interessiert mich natürlich sehr – also kommentieren Sie was das Senfglas hergibt! Mehr Senf von mir gibt es hier !
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