Seit drei Jahren haben Ivan Ivanovich & The Kreml Krauts mit ihrer ungewöhnlichen Mischung aus russischer Folklore, Ska und Polka bleibende Eindrücke hinterlassen. Die „Kapelle von der Mosel“ feiert am 4. Dezember im Mergener Hof den Release ihres neuen Albums, das nächstes Jahr erscheinen wird – Grund genug für ein Interview mit den Botschaftern einer Art von Musik, die man nicht häufig zu hören bekommt. Ivan Ivanovich und Yannick Thesen über Schnitzel-Beat, schlechte Gigs, das neue Album und den Spaß an der eigenen Musik.
Hand aufs Herz: Was war die dümmste Frage, die man euch bei einem Interview gestellt hat?
(lacht) so viele Interviews hatten wir eigentlich noch nicht. Kann mich da jedenfalls an nichts dergleichen erinnern.
Na dann: Wann habt ihr euch gegründet, und wie habt ihr zusammengefunden? Immerhin seid ihr mindestens zu siebt.
Yannick: Das war 2007. Einige von uns haben vorher schon zusammen Musik gemacht oder zusammen studiert, wie wir beide zum Beispiel. Erst wollten wir das spielen, was wir schon vorher gemacht haben, so in Richtung Ska, aber dann haben wir doch noch mal ganz von vorne angefangen, uns neue Instrumente und einen Sänger gesucht wie Ivan – dass es so gut funktioniert, war dann eher Zufall.
Wer euch und eure Musik beschreibt, redet entweder von Folk, Ska, Punk oder Polka. Ihr selbst bezeichnet eure Musik als „Schnitzel-Beat“. Was soll das bitte sein?
Ivan: Schnitzelbeat mit Black Tea Flavour, genauer gesagt. Schnitzel und Tee, das steht einfach für die Verbindung von Deutsch und Russisch. Ansonsten kann man uns schwer einordnen, andere Bands sind da vielleicht ein bisschen klarer ausgerichtet. Es ist sicherlich ne bunte Mischung aus all dem.
Wie soll sich jemand, der euch noch nie gehört und gesehen hat, Ivan Ivanovich und die Kreml Krauts live vorstellen?
Yannick: Möglichst schnell und einfach „in die Fresse“! Jeder soll sofort in Versuchung geraten, das Tanzbein zu schwingen. Klappt auch ganz gut. Es kamen nach Konzerten schon Leute zu uns, die meinten: Nach dem zweiten Lied konnte ich nicht mehr stillstehen! Es scheint übrigens einfach ein Feature dieser Musik zu sein, dass sie vielen Leuten leicht zugänglich ist, die das sonst nicht hören würden.
Was kommt bei euch eigentlich zuerst: Text, Musik oder Wodka?
Ivan: (lacht) Also in der Regel läuft es so, dass die Jungs ein Instrumental mitbringen, ich nehme es dann mit nach Hause und überleg mir, was ich dazu singen kann. Zuerst kommt also die Musik und dann der Text. Wodka gibt es die ganze Zeit.
Euer Bekanntheitsgrad wächst im Moment enorm. Habt ihr Bock, irgendwann mal auf der großen Bühne zu stehen? Oder gehören die Krauts da nicht hin?
Kommt drauf an, wie groß…
Naja, sagen wir mal: Kategorie Center Stage bei Rock am Ring.
Ivan: (lacht) Naja, schwierig zu sagen. Was uns da sicher fehlen würde, ist der Kontakt zu den Leuten. Den brauchen wir, normalerweise springt ja auch immer einer von uns ins Publikum. Aber da stehen ja erst mal drei Absperrungen im Weg. Außerdem ist in Clubs oder auf kleinen Festivals die Atmosphäre einfach besser. Andererseits… wir stehen mit sieben Mann auf der Bühne, da geht einem auf einer kleinen Bühne schon mal der Platz aus.
Ivan, du singst hauptsächlich auf Russisch. Die Leute verstehen also nicht gerade viel…
Yannick: Das ist natürlich so eine Sache… außer ihm spricht fast keiner Russisch, ich hab mir gerade erst ein paar Wörter angeeignet. Aber ich glaub ihm einfach, dass der das singt, wovon er erzählt (lacht).
Ivan: Du musst die Texte ja auch gar nicht verstehen. Die Leute fühlen das einfach, darauf kommt es an. Früher haben die Leute ja auch bei den Beatles mitgesungen, obwohl sie vielleicht kein Wort Englisch konnten, fanden die Musik aber trotzdem geil.
Mal angenommen, ihr würdet stattdessen vor einem russischen Publikum auftreten. Wie käme das an?
Ivan: Also, auf dem ein oder anderen Festival kamen nach den Konzerten schon Leute zu uns, die Russisch sprechen, und absolut begeistert waren. Unser neuer Gitarrist Dima, der auch Russisch kann, hatte zu der Musik erst keinen Bezug, fand sie aber dann doch so geil, dass er unbedingt mitmachen wollte. Und als bei Jamendo oder Youtube die ersten russischen Kommentare zu unseren Tracks kamen, meinte einer, „Ich glaube, außer Ivan ist bei euch keiner Russe, aber die anderen haben eine russische Seele“.
Was sind eure wichtigsten Einflüsse? Gibt es irgendwas Vergleichbares?
Yannick: Also was uns beide betrifft, vielleicht Gruppen wie Leningrad oder Gogol Bordello. Aber wirklich vergleichen kann man das nicht.
Ivan: Außerdem kommt jeder in der Band aus einer anderen Musikrichtung. Daniel hat vorher zum Beispiel viel Jazz gespielt, unser erster Bassist dagegen vorwiegend Metal, unser E-Gitarrist dagegen eher Punksachen.
Ihr habt schon eine Menge Konzerte hinter euch. Sicher habt ihr so etwas wie den schlechtesten/ besten Gig…
Ivan: Hm… ich denke, auf den schlechtesten können wir uns einigen… Anfang des Jahres sind wir in Freiburg aufgetreten, wo kaum Publikum war… das ist natürlich schlecht, denn wir leben einfach von den Leuten und der Stimmung. So kann man sich unmöglich in Rage singen.
Yannick: Oder der Auftritt in Hermeskeil, bei einem Band-Contest, das war aber noch ganz am Anfang.
Angeblich war der Sound nicht so optimal…
Yannick: Ja, es war grausig. Mein Akkordeon war nicht richtig ausgesteuert. Das Finale auch, da kam unser Gitarrist nicht rechtzeitig aus Berlin zurück und wir standen richtig dumm da.
Super Gigs hatten wir z.B. auf der A/B Foyer Party an der Uni, oder bei „La Marabunta“ im Exhaus – die Leute sind da so abgegangen, haben am Schluss die Bühne gestürmt. „Bochum Total“ war auch genial, oder am Chiemsee dieses Jahr… Du merkst schon, es gibt zu viele gute Konzerte um sich eines rauszusuchen.
Das beste am Musiker sein, ist…
Yannick: … zu sehen, wie die Leute auf deine Musik abgehen und Spaß haben. Der Austausch mit anderen Bands hinter der Bühne. Und zu sehen, wie sich viel Übung irgendwann auszahlt.
… und das schlimmste?
Voll-Playback und Musik, die nicht handgemacht ist!
Euer neues Album heißt „Peregar“ und erscheint Anfang 2011. Was erwartet uns da?
Ivan: Also, zunächst mal ist es unser erster echter Longplayer. Bis jetzt haben wir ja nur ein Demo und eine EP rausgebracht. Es wird tanzbar sein, es wird neu sein, auch für die Leute, die uns schon live gesehen haben. Die CD erscheint übrigens in einem Digipak, das gewissermaßen eine Geschichte erzählt – echte Kunst – mehr verrate ich noch nicht.
Habt ihr schon Pläne für das nächste Jahr?
Ivan: Nein, nicht wirklich. Wir haben ein paar Ideen, aber noch keine bestätigten Termine. Wir waren das letzte halbe Jahr mit dem Album beschäftigt, haben eine Woche am Stück aufgenommen. Das ist zeitaufwendiger als man denkt, von daher haben wir uns erst mal nicht groß um Konzerte gekümmert.
Zumal ihr solche Dinge noch komplett in Eigenregie organisieren müsst…
Yannick: Ja, noch! Genau das ist die Schwierigkeit, wir müssen das alles unter einen Hut kriegen. Und es hat ja auch noch jeder ein Privatleben oder Hobbies. Ein paar von uns studieren – zumindest manchmal – ein anderer macht Sport… das übliche halt. Unser Geiger zum Beispiel ist Kunstschmied, arbeitet auf Mittelaltermärkten und sowas.
Unternehmt ihr auch abseits der Bühne mal was zusammen, oder macht da jeder sein eigenes Ding?
Nein, wir machen relativ viel zusammen. Es ist eigentlich so, dass wir gute Freunde geworden sind, nachdem sich alle kennen gelernt haben. Mal was essen, zusammen kochen, auf Konzerte gehen, das kommt schon vor. Abgesehen davon haben ein paar von uns zusammen studiert.
Nach drei Jahren Konzerterfahrung habt ihr bestimmt einige denkwürdige Anekdoten gesammelt. Könnt ihr ein paar davon zum besten geben?
Ivan: In Belfast haben wir mal in drei Tagen vier Konzerte gespielt. Nach dem zweiten Konzert haben wir uns am backstage am Kühlschrank bedient und das ganze Bier getrunken, das drin war, und wollten noch mehr. Kurz darauf kamen die Veranstalter und meinten, „was habt ihr da gemacht, das Bier war für zwei Bands!“. Die andere Band kam aus Holland und ging leer aus. Die waren ganz schön angepisst. Bei dem Festival dort haben übrigens alle Bands im selben Hotel gewohnt und sich abends in der Lobby getroffen. Da wurde dann eine einzige Jamsession draus, die Schlagzeuger haben zum Beispiel auf der Inneneinrichtung rumgetrommelt, Lampen, Vasen, was auch immer. Es war eine Wahnsinnsatmosphäre und sehr cool, dabei gewesen zu sein.
Am 3. Dezember in Köln steht ihr das nächste mal auf der Bühne. Gleich am nächsten Tag spielt ihr hier in Trier – ein ganz schön enger Zeitplan…
Yannick: Stimmt, aber wir hatten schon Auftritte mit größeren Entfernungen zwischen beiden Auftrittsorten und haben den Umzug auch an einem Tag geschafft. Das klappt schon.
Ivan, Kreml Krauts, wir danken euch für das Gespräch.
So klingen Ivan Ivanovich & The Kremls Krauts: Die EP Begi Suka zum Anhören…
- [audio:https://5vier.de/wp-content/uploads/2010/11/01-Ivan-Ivanovich-The-Kreml-Krauts-Deutsches-Essen-In-Russland.mp3|titles=01 – Ivan Ivanovich & The Kreml Krauts – Deutsches Essen In Russland]
- [audio:https://5vier.de/wp-content/uploads/2010/11/02-Ivan-Ivanovich-The-Kreml-Krauts-Velosiped.mp3|titles=02 – Ivan Ivanovich & The Kreml Krauts – Velosiped]
- [audio:https://5vier.de/wp-content/uploads/2010/11/03-Ivan-Ivanovich-The-Kreml-Krauts-Na-Voksale.mp3|titles=03 – Ivan Ivanovich & The Kreml Krauts – Na Voksale]
- [audio:https://5vier.de/wp-content/uploads/2010/11/04-Ivan-Ivanovich-The-Kreml-Krauts-Begi-Suka.mp3|titles=04 – Ivan Ivanovich & The Kreml Krauts – Begi Suka]
- [audio:https://5vier.de/wp-content/uploads/2010/11/05-Ivan-Ivanovich-The-Kreml-Krauts-Tschernyj-Tschaj.mp3|titles=05 – Ivan Ivanovich & The Kreml Krauts – Tschernyj Tschaj]
Chrissi meint
… und ich wär‘ sooo gerne dabei gewesen. War aber nüscht, mit so einer Erkältung wollte ich dann meine Mittänzer nicht anstecken.
Naja, nächstes mal bin ich hoffentlich wieder dabei.
matze meint
q.e.d. – sie sind tatsächlich voll abgegangen 😀
Chrissi meint
Die Jungs gehen voll ab – ich hoffe sehr dass ich am 4. diese sch*** Grippe weit genug los bin um mitzufeiern!
Super Interview übrigens!