Text: David Benke, Foto: Polizei Trier
Täglich werden Menschen Opfer von Straftaten. Die meisten bleiben nach der Tat aber mit ihren Gefühlen und Problemen allein. Das will Jennifer Schmidt, Opferschutzbeauftragte des Polizeipräsidiums Trier, ändern. Im Gespräch mit 5vier-Mitarbeiter David Benke erzählt die 38-Jährige über ihre Aufgaben, ihre Motivation und die Rolle des Opferschutzes in der heutigen Gesellschaft.
Frau Schmidt, seit wann arbeiten Sie jetzt als Opferschutzbeauftragte in Trier?
Ich bin jetzt seit dem 1. Juli hier tätig und somit zuständig für den Bereich des Polizeipräsidiums Trier. Der umfasst nicht nur Trier selbst, sondern auch Wittlich, Daun oder Prüm und Saarburg. Dieses komplette Gebiet decke ich ab.
Ist das Ihre erste Station im Bereich Opferschutz oder haben Sie bereits Erfahrung in dem Gebiet?
Speziell im Bereich Opferschutz noch nicht. Aber im Bereich Aufnahme in Richtung Asylbewerber. Da geht es ja dann auch oftmals um traumatisierte Personen, die nach Deutschland kommen. Von daher bin ich schon damit vertraut, Leuten mit Problemen und Sorgen zur Seite zu stehen.
Was genau muss man sich unter Opferschutz vorstellen?
Wenn eine Person durch eine Straftat , wie etwa einen Einbruch oder einen Unfall, in einer gewissen Art und Weise geschädigt wurde, kann es zu Einschränkungen im privaten Bereich kommen. Man zieht sich zum Beispiel zurück, trifft seine Freunde nicht mehr oder meidet bestimmte Orte.
Man ist dann viktimisiert, also durch diese Tat Opfer geworden. Viele Betroffene wissen dann meist gar nicht „Wo bekomme ich Hilfe her?“, „Was passiert hier gerade mit mir?“ oder „Wohin muss ich mich wenden?“. Und an dem Punkt kommt die Polizei ins Spiel. Die nimmt dann zum einen natürlich die Anzeige auf, geht zum anderen aber auch auf die Opfer zu und sagt: Ich nehme dich jetzt an die Hand und helfe dir mit deinem persönlichen Empfinden umzugehen. Darüber hinaus informieren wir die Betroffenen über die Abläufe des Strafverfahrens, machen klar was passiert und wie die weitere Vorgehensweise aussieht und erklären, welche Möglichkeiten es gibt.
Kurz gesagt: wir stehen mit Rat und Tat zur Seite, ob im Bezug auf die Polizei oder den privaten Bereich, und versuchen die bestmögliche Unterstützung anzubieten.
Wie sieht Ihre Tätigkeit konkret aus?
Ich hole mir die Leute ab dem Zeitpunkt, zu dem sie Opfer werden, ab dem Zeitpunkt der Tat. Das geschieht, indem ich die Vorgänge von den Kollegen bekomme oder Betroffene mich anrufen. Ich nehme mich der Leute dann an und erkläre, welche Optionen sie haben in Bezug auf das weitere Strafverfahren oder auf Hilfsorganisationen. Auch wenn Bedarf an psychologischer Hilfe oder einem Anwalt besteht, leiste ich Unterstützung. Insgesamt ist das ein sehr breites Aufgabenspektrum.
Warum haben Sie sich für eine Arbeit beim Opferschutz entschieden?
Den Wunsch zu helfen und sich für andere einzusetzen verspürte ich schon immer, aber erst die Einrichtung dieser neuen Stelle innerhalb des PP Trier hat mir die Möglichkeit gegeben, mich mit der Thematik Opferschutz noch intensiver auseinanderzusetzen. Aus diesem Grund habe ich mich für eine Arbeit in diesem Bereich entschieden.
Wie kommt man zum Opferschutz? Gibt es da einen besonderen Bildungsweg?
Eine spezielle Ausbildung gibt es dafür nicht. Es wird durch ein spezielles Auswahlverfahren ermittelt, wer am geeignetsten ist. Danach gibt es dann Seminare, Schulungen aber auch ganz viel Unterstützung durch Kollegen und auch umliegende Hilfszentren, die einem unter die Arme greifen und helfen, ein Netz aufzubauen.
Gibt es spezielle Eigenschaften oder Fähigkeiten, die man mitbringen muss?
Auf jeden Fall Empathie. Man muss auf eine Person eingehen können. Man muss sich in Andere hineinversetzen können. Aber auch gewisse Kenntnisse im polizeilichen Bereich sind wichtig. Am Ende ist es einfach dieses Gesamtpaket aus Wissen, Einfühlungsvermögen und Hilfsbereitschaft.
Welche Rolle spielt Opferschutz in der heutigen Gesellschaft?
In der Vergangenheit wurde der Opferschutz gar nicht so groß thematisiert. Es ging immer nur um Täterschutz, auf die Opfer-Seite wurde nicht so großes Augenmerk gelegt. Das ist jetzt aber am kommen. Die Zuständigen haben gesehen, dass man viel intensiver auch auf die Geschädigten eingehen muss, da durch Opferwerdung Langzeitschäden entstehen können, die es zu vermeiden gilt. Traumatisierung zum Beispiel möchte man schon im Vorfeld eindämmen.
Man will aber natürlich auch zeigen: wir sind nicht nur für den Täter da, sondern auch für das Opfer. Und weil das in der Vergangenheit nicht so publik war, versucht man das jetzt nachzuholen und das Bindeglied zwischen Tat und Hilfsorganisation zu sein.
Gibt es eine Veränderung bei der Inanspruchnahme?
Also große Erfahrungswerte von meiner Seite gibt es in diesem Bereich nicht, da Opferschutz in Trier bisher noch nicht in diesem Maße betrieben wurde. Ich kann nicht sagen, wie groß der Andrang vorher war. Ich merke aber, dass die Leute nicht so informiert sind, wie sie eigentlich sein sollten. Seit das ganze publik gemacht wurde, gab es eine große Resonanz. Es haben sich wirklich schon sehr viele Leute gemeldet. Man merkt schon: der Bedarf ist da.
An wen richtet sich das Programm?
Im Prinzip kann sich jeder melden, der Opfer einer Straftat geworden ist. Ich mache da jetzt auch keinen Strich. Es gilt der gesamte Straftatenkatalog, egal ob Einbruch oder Verkehrsunfall.
Mit welchen anderen Institutionen arbeiten Sie zusammen?
Wir sind momentan in Trier noch in der Anfangsphase, daher habe ich noch einige Organisationen vor mir. Es stehen uns aber bereits jetzt verschiedenste Hilfswerke zur Seite wie etwa der Weiße Ring, der Frauennotruf oder der Kinderschutzbund. Und ich bin mir sicher, es kommen noch einige andere dazu.
Was bedeutet Ihnen ihre Arbeit?
Es ist eine persönliche Befriedigung, den Menschen helfen und sie auf dem Weg zurück ins Leben begleiten zu können. Ich bin stolz auf das, was ich tue. Andernfalls hätte ich mich ja nicht für diesen Beruf entschieden.
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Weitere Informationen zum Thema Opferschutz finden Sie hier.
Die Opferschutzbeauftragte Jennifer Schmidt erreichen Sie unter:
0651 9779 1255 oder [email protected]
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Karl Heinrich meint
Es ist wirklich toll, dass es Menschen gibt, die sich für die Rechte und den Schutz von Opfern einsetzen. Viele Opfer können gart nicht darüber nachdenken, welche Rechte sie nun haben, sei es die psychologische Hilfe oder einen Fachanwalt zu finden. Mir war nicht bekannt, dass hier auch mit dem entsprechenden Hilfsorganisationen zusammengearbeitet wird.