Ganze neun Jahre hat es gedauert, bis Robert Rodriguez und Frank Miller den Nachfolger zur bahnbrechenden Comicverfilmung Sin City in die Kinos bringen. Geändert hat sich im Moloch nicht viel, denn Sin City wird immer noch von Sex und Gewalt beherrscht. Andreas Gniffke hat sich den Film im Trierer CinemaxX angesehen.
Ein Ort zum Urlaub machen ist Basin City, die Namen gebende ‘Sin City’ sicher nicht. Es ist immer Nacht, das Wetter ist übel und die heruntergekommenen Bewohner machen sich gegenseitig das Leben zur Hölle. Die Polizei ist korrupt und traut sich in die von brutalen Prostituiertengangs beherrschte ‘Old Town’ gar nicht erst hinein. Schon im ersten Teil der Verfilmung von Frank Millers grandiosen Comics bestach vor allem die dreckige Atmosphäre, die auch im Nachfolger perfekt umgesetzt wurde und durch die verwendete 3-D-Technologie sogar noch schmutziger daherkommt.
Erzählt werden vier Einzelepisoden, die teilweise Geschehnisse aus Teil 1 aufgreifen, mehr oder weniger lose miteinander verwoben sind und durchaus unterschiedliche Qualität aufweisen. Zu Beginn begegnen wir erneut Marv, hinter dessen grobschlächtiger Maske man Mickey Rourke nur noch rudimentär erkennen kann. Die Zeitebenen zwischen den Teilen und den einzelnen Episoden verschwimmen hier bereits, denn Marv starb im Vorgänger bekanntlich den Tod auf dem elektrischen Stuhl. Der Hüne ist ein brutaler und gnadenloser Gerechtigkeitsfanatiker mit Erinnerungslücken. Hier jagt er erst einmal übermütige Collegekids, die sich einem Spaß daraus machten, Obdachlose anzuzünden, bevor Marv sie ihrer gerechten Strafe zuführt.
Die zweite Episode beschäftigt sich mit Johnny (Joseph Gordon-Levitt, 50/50, Don Jon), einem Spieler mit Gewinngarantie, der sich buchstäblich in die Höhle des Löwen wagt und den mächtigen Senator Roarke (Powers Boothe) zu einem Pokerduell herausfordert. Er gewinnt und sieht sich in der Folge der grausamen Rache des gedemütigten Roarke ausgesetzt.
Und dann folgt der Auftritt von Ava. Lange wurde über die Besetzung der Femme fatale spekuliert, am Ende ergatterte Eva Green (300 – Rise of an Empire) die Rolle. Ein echter Glücksgriff, ist sie doch der mit Abstand stärkste Charakter des Films. Sie verkörpert eine diabolische Verführerin, die mit giftgrünen Augen und meistens unbekleidet die Männer für ihre finsteren Machenschaften einspannt. So auch den Detektiv Dwight McCarthy (Josh Brolin), einen ehemaligen Liebhaber, der wider besseren Wissens der teuflischen Ava nicht widerstehen kann und zu ihrem blutbefleckten Werkzeug wird. Ava ist wahrlich eine ‘Dame to Kill For’, nicht umsonst trägt der Film diesen Untertitel.
Ereignisse aus dem ersten Teil werden in der Geschichte rund um die Stripperin Nancy (Jessica Alba) aufgegriffen, die immer noch nicht den Tod von John Hartigan (Bruce Willis) überwunden hat, der ihr regelmäßig als Geist erscheint. Sie stürzt sich in den Alkohol und scheitert immer wieder daran, Rache an Senator Roarke zu üben. Doch dann fasst sie einen Entschluss, für dessen Umsetzung sie auf die physische Kraft von Marv angewiesen ist.
Sin City erzeugt ein Bilderfeuerwerk, in dem es die Geschichten und Charaktere schwer haben sich zu entfalten. Wie unter Blitzlichtern erkennen wir in den Episoden die Verkommenheit der Stadt. Diese Bilder sind grandios und noch einen Tick schärfer und präziser als im Vorgänger, ohne jedoch den Überraschungseffekt der damals bahnbrechenden Umsetzung erreichen zu können. Dies ist sicher ein Grund für die teilweise vernichtenden Kritiken und das bislang magere Einspielergebnis. Doch A Dame to Kill For ist ein würdiger Nachfolger. Allerdings auch eine Orgie der Gewalt, die ohne die optische Verfremdung nur schwer erträglich wäre. Irgendwann ist man müde von all den zerfetzten Körpern und dem Geräusch zerberstender Knochen. Das ist definitiv nichts für zartbesaitete Gemüter. Schön anzusehen sind dagegen Eva Green und Jessica Alba, doch trotz aller erotischen Körperkunst will sich auch hier keine Wohlfühlatmosphäre einstellen. Ava ist einfach zu bösartig und die durchaus kunstvollen Tänze Nancys finden in einer derartig widerwärtigen Spelunke statt, um die man im echten Leben wohl besser einen ganz großen Bogen macht. Aber wer will schon nach Sin City?
Fazit: Wer Sin City schon nicht mochte, wird an A Dame to Kill For wenig Freude haben. Die Erwartungshaltung an den Film war groß, für viele Fans vielleicht zu groß, denn der Nachfolger ist sicher kein Quantensprung, vielmehr eine würdige Fortführung der Geschehnisse, ohne viel Neues zu bieten. Wer Wert auf ausgefeilte Storylines und tiefgründige Charakterzeichnungen legt, sollte vielleicht auch besser eine Alternative wählen. Allen anderen erwartet ein atmosphärisch dichter Kinoabend in herausragender Optik.
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