Im Windschatten der Traditionsvereine in der eigenen Umgebung enteilen die Sportfreunde Lotte in Richtung Profifußball. Auf dem Regionalliga-Gipfel erwarten die Westfalen nun Eintracht Trier (Samstag, 14 Uhr) zum Spitzenspiel. Wir sprachen vorher mit Trainer Maik Walpurgis.
Kleinere verbale Scharmützel gehören vor Spitzenspielen im Fußball gerne mal zum Geschäft. So sagt Roland Seitz, Trainer von Eintracht Trier, vor dem Gipfeltreffen bei den Sportfreunden Lotte: „Mein Kollege würde ein 0:0 bestimmt unterschreiben, wenn man es ihm in einem Vertrag versichern würde.“ Maik Walpurgis, Coach von Lotte, ist mit der Aussage hingegen nicht einverstanden und würde nach eigenen Angaben kein Autogramm unter ein solches Papier setzen. „Wir sind in einer guten Verfassung und in der Lage, Trier zu schlagen“, meint er. Seine Einschränkung: „Ich könnte mit einem 0:0 sicher besser leben als der Kollege.“
Es ist angerichtet zum „Spiel des Jahres“. Wenn am Samstag die Sportfreunde Lotte auf Eintracht Trier treffen (14 Uhr), ist es das Duell der beiden Mannschaften, die seit Saisonbeginn wie zwei pfeilschnelle Formel-1-Bolliden durch die Regionalliga rasen. Die Pole Position verbucht derzeit aber Lotte für sich, das mit seinem Tempo echte Spitzenwerte aufgestellt hat. Mit 39 Punkten führen sie die Tabelle mit sechs Zählern mehr als Trier an, mit 35 Toren stellen sie den besten Angriff, mit elf Gegentreffern auch die stärkste Defensive, sie haben noch kein Spiel in dieser Saison verloren und sind seit 25 Partien saisonübergreifend ungeschlagen. „Wir haben Top-Charaktere in unseren Reihen, die es geschafft haben, sich von Woche zu Woche professionell einzustellen“, nennt Walpurgis das Erfolgsrezept am rasenden Autobahnkreuz. Die Energie ging auf der Fahrt noch nicht aus. „Es gab Leute, die immer gesagt haben, wie schwer es ist, diesen Lauf beizubehalten. Aber die Serie hat unsere Motivation noch gesteigert.“
Verletzungen von Fischer und Görrissen wiegen schwer
Von einer reibungslosen Spielzeit spricht aber auch der Trainer nicht, der seit drei Jahren Lotte trainiert und auch für den Erfolg des kleinen Vereins steht. Als die Sportfreunde mit vier Unentschieden in die Saison starteten, schienen sie für viele Experten nicht stark genug für das Titelrennen zu sein. „Die Phase hat uns gezeigt, worauf es ankommt, um erfolgreich zu sein.“
Bedroht wird der Lauf nun allerdings von zwei bitteren Ausfällen von Stammkräften, die maßgeblich am Höhenflug beteiligt waren. Erst zog sich Torhüter Bastian Görrissen beim 3:2-Sieg gegen Kaiserslautern II eine schwere Schulterverletzung zu, die ihn bis April außer Gefecht setzen wird. Für ihn wurde bereits der vereinslose André Maczkowiak verpflichtet, der beim 0:0 in Leverkusen sein Debüt gab. Besonders schwer ins Gewicht fällt die Verletzung von Marcus Fischer, dem beim knappen Pokal-Ausscheiden bei Drittligist Arminia Bielefeld (1:1 nach Verlängerung, 8:9 im Elfmeterschießen) das Kreuzband riss. Der Stürmer war mit 14 Treffern die Torgarantie, die Medien schon von den „Sportfreunden Fischer“ schrieben ließ. „Beide haben an unseren Erfolgen großen Anteil. Uns sind in kurzer Zeit zwei Leistungsträger weggebrochen, die auch als Typen für die Mannschaft wichtig sind“, bedauert Walpurgis. Bis zur Winterpause sollen Ersatzkräfte wie Martin Hess oder Simon Engelmann die Lücke im Sturm schließen, im neuen Jahr will Walpurgis dort einen Neuzugang vermelden. „Wir haben einige Kandidaten aus dem Zettel und loten nun aus, in welche Richtung es gehen könnte.“
Ein Spitzenspiel im Windschatten
Immerhin wollen die Sportfreunde Lotte die Chance nutzen, den Sprung in die 3. Liga zu schaffen. Im Windschatten von Traditionsvereinen wie dem VfL Osnabrück, Preußen Münster und Arminia Bielefeld entwickelte sich am Autobahnkreuz in den letzten Jahren ein Schwergewicht, auch wenn die Zuschauermassen nicht ins Stadion strömen. 13.500 Einwohner hat die Gemeinde, 4.000 Einwohner der Ort Lotte, knapp 1.000 Fans haben die Sportfreunde bei Heimspielen. „Wir haben trotzdem den Ehrgeiz, uns auf ein höheres Niveau entwickeln zu wollen“, meint Walpurgis, der in die Einbettung der höherklassigen Konkurrenz auch Vorteile sieht. „Wir schaffen es mit sportlichem Know-How, Spieler für die Aufgabe bei uns zu begeistern, die bei den anderen Vereinen den Sprung nicht geschafft haben. So profitieren wir auch von den Klubs in unserem Umfeld.“
Den Höhenflug will Walpurgis aber nicht zum Anlass nehmen, das Spitzenspiel schon als sichere Gelegenheit abzuhaken. Auch nicht, dass Trier der Lieblingsgegner von Lotte ist, weil die Sportfreunde gegen die Eintracht noch nie verloren haben. Unabhängig von Statistiken reiste Walpurgis zuletzt an die Mosel und sah einen 1:0-Sieg des Verfolgers gegen Leverkusen II, das der letzte Meilenstein zu packenden 90 Minuten am Autobahnkreuz war. „Das war auch ein letztes Update für“, meint Walpurgis. „Trier hat eine erfahrene Mannschaft und eine gute Qualität in den Reihen. Es wird ein schweres Spiel. Aber wir freuen uns drauf.“
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