Mit „Grunge“ verbindet die Musikwelt vor allem die unsterblichen Nirvana, deren heutiger Legenden-Status sicherlich nicht unwesentlich mit dem spektakulären Selbstmord vom Frontmann Kurt Cobain zusammenhängt. Dabei war die Undergroundbewegung, die im Nordwesten der USA in Seattle startete, weit mehr als nur die rotzigen Punk-beeinflussten Riffs von Cobain & Co. Neben Pearl Jam und Alice in Chains taucht insbesondere der Name „Soundgarden“ immer wieder auf. Chris Cornell, der Sänger der Grunge-Band hat sich nun vollkommen unerwartet das Leben genommen und hinterlässt damit eine Lücke, die weit über das Genre hinaus klafft…
Trier / Seattle / Detroit. Als Scheidungskind mit fünf Geschwistern hatte das Ausnahmetalent schon im Jugendalter mit Depressionen zu kämpfen. Gleichzeitig sammelte er aber auch erste musikalische Erfahrungen am Schlagzeug und beim Gesang in einer Coverband. Es folgten mehrere Projekte, aus denen im Endeffekt „Soundgarden“ mit ihm als Sänger hervorging. Er verfügte über eine „four octave vocal range“, konnte seine Stimmen also über außergewöhnliche 4 Oktaven einsetzen. Entsprechend schnell wurde die kommerzielle Musikindustrie nach kleineren Veröffentlichungen schnell auf die Jungs aufmerksam und sorgte mit einem lukrativen Major-Deal auch kurz darauf für das erste Major-Album: „Louder Than Love“. Den größten Erfolg hatte die Band 1994 ironischerweise mit dem „Superunknown“-betitelten Album mit dem Superhit „Black Hole Sun“.
So richtig glücklich war man mit dem durchschlagenden Erfolg aber nicht, weswegen man bei der nächste Scheibe ein paar Gänge zurückschaltete. Zudem bekam Chris Cornell Probleme mit seiner Ausnahme-Stimme. Ein Jahr später löste sich die Band im gegenseitigen Einvernehmen auf. Cornell vertrieb sich die neu gewonnene Freiheit neben Solo-Platten mit dem Supergroup-Projekt „Audioslave“, dass neben ihm vor allem aus „Rage Against the Machine“-Mitgliedern bestand. Seit 2010 ist er wieder mit „Soundgarden“ aktiv, die in der Zeit unter anderem ein neues Album und den Titelsong für Marvel’s Comic-Klassentreffen „The Avengers“ veröffentlichten, sowie jede Menge große Touren spielten. Auf einer solchen waren sie auch in den letzten Wochen in den USA aktiv.
Vorgestern spielte Chris Cornell mit „Soundgarden“ das Fox Theatre in Detroit und schien laut Augenzeugen in einem Blabbermouth-Artikel gut gelaunt und sprach bereits über die nächste Show, die heute in Columbus stattgefunden hätte. Das Konzert endete mit dem Song „Slaves & Bulldozers“, dessen Ende laut einem musikexpress-Artikel in einem Jam mit den folgenden Zeilen endete:
„In my time of dying, I want nobody to mourn. All I want for you to do is take my body home.“
Seine letzten Wörter auf der Bühne sind zwar Zitate aus Led Zeppelins „In My Time Of Dying“, erscheinen heute aber in einem ganz anderen Kontext. Am Abend nach dem Konzert, so wurde es mittlerweile bestätigt, erhängte Chris Cornell sich im Bad seines Hotelzimmers. Sowohl vor der Show als auch im Anschluss daran hatte er laut Quellen von TMZ noch mit seiner Frau Vicky Karayiannis telefoniert und keinerlei Hinweise auf Depressionen oder Selbstmordgedanken gezeigt. Wenige Stunden später war er tot und hinterlässt damit nicht nur eine eine Frau sondern auch 3 Kinder, Toni, 12 und Christopher 11, sowie aus erster Ehe Lillian Jean, 16.
Heute wird das MAPFRE Stadium mitten in Ohio gespenstisch leer bleiben und die Musikwelt befindet sich in einem Schockzustand, weil nicht nur ein Ausnahme-Künstler, sondern auch ein Mensch, der eigentlich mitten im Leben stand, selbiges beendete.
#Seattle’s Space Needle has gone dark tonight in honor of #ChrisCornell – very touching & fitting tribute #SpaceNeedle pic.twitter.com/rcwgdRJVrE
— TrivWorks (@TrivWorks) 19. Mai 2017
Shocked and saddened by the sudden death of @chriscornell. A great singer, songwriter and the loveliest man. pic.twitter.com/Hwdgst8kmg
— Elton John (@eltonofficial) 18. Mai 2017
RIP Chris Cornell
Incredibly Talented
Incredibly Young
Incredibly Missed. pic.twitter.com/pKNI4tKiXz— Jimmy Page (@JimmyPage) 18. Mai 2017
Erst vor einer Woche berichteten wir hier über die fiktive Netflix-Serie „Tote Mädchen lügen nicht“, deren explizite Darstellung eines Selbstmordes ausgerechnet in den USA und Kanada hohe Wellen schlug. Der vollkommen unerwartet aus dem Rampenlicht getretene Chris Cornell zeigt stellvertretend für alle Menschen mit Depressionen, wie wichtig es ist, über derartige Tabu-Themen zu sprechen und sie nicht totzuschweigen. So bleiben der Welt jetzt nur Lieder für die Ewigkeit. Was er beziehungsweise seine Stimme anfasste, wurde zu unwiderstehlichem Gold, egal ob Michael Jackson, Prince oder seine eigenen Kreationen…
Auch hier wirken die düsteren Lyrics seiner akustisch vorgetragenen Single-Auskopplung „No Such Thing“ nach…
„I saw the world, it was beautiful / But the rain got in and ruined it all“
Rest in Peace, Chris Cornell!
Titel-Foto: ·S ; https://flic.kr/p/cC1AXE (Creative Commons-Lizenz)
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