Von Florian Schlecht
Was für ein wichtiger Erfolg für die TBB Trier in einem dramatischen Spiel: Mit 70:68 bezwang der Basketball-Bundesligist die Telekom Baskets Bonn vor 4.546 Zuschauern. Zum Mann des Abends avancierte Nate Linhart. Der US-Amerikaner erzielte 27 Punkte, überragte in der Defensive – und traf 1,4 Sekunden vor dem Ende zum Sieg.
Die Hand musste schon schmerzen bei den ganzen Autogrammen, die Nate Linhart auf dem Weg in die Kabine schreiben musste. Auch als Gesprächspartner war der US-Amerikaner gefragt, ein Interview jagte das nächste. Und natürlich konnte es an dem Abend keinen anderen Spieler als Linhart geben, der für die Fans den „Humba“-Tanz anstimmen durfte. Das Lächeln verschwand nicht mehr aus dem Gesicht des 26-Jährigen, der gerührt wirkte. Wenige Minuten nach dem dramatischen 70:68-Derbysieg der TBB Trier gegen die Telekom Baskets Bonn stand er auf dem Parkett und lobte seine Mannschaft für eine kämpferische Darbietung, die an Aggressivität und Herz kaum zu überbieten war. „Ich bin stolz auf die Jungs. Es war so ein wichtiges, so ein geiles Spiel, das wir mit einer intensiven Leistung für uns entschieden haben.“ Der wesentliche Faktor für den Erfolg war aber Linhart. Das Energiebündel erwischte einen grandiosen Tag. 27 Punkte zauberte er auf das Parkett. Neun Rebounds und drei Balleroberungen unterstrichen zugleich seine bestechende Leistung in der Defensive. Und nicht zuletzt war es dem Sympathieträger vorbehalten, für den größten Glücksmoment zu sorgen, als 1:20 Minuten vor Schluss ein vermeintlich sicherer 68:62-Vorsprung langsam zerbröselte und wenig später unbarmherzig ein 68:68 von der Anzeigetafel aufleuchtete.
Einen Angriff hatte Trier aber noch. Bastian Doreth zögerte lange, wollte die Uhr runter spielen, ehe er dann urplötzlich zum Korb zog und überhastet abschloss. Ein Fehlversuch, ein Aufstöhnen in der Halle, doch für Frust war keine Zeit, es ging nahtlos weiter. Vitalis Chikoko schnappte sich den Rebound, warf drauf, vom Ring prallte der Ball erneut ab. Dann tauchte Linhart auf. Wie aus dem Nichts sprintete er heran, krallte sich den Abpraller, warf mit letzter Kraft auf den Korb – und traf. 1,4 Sekunden vor dem Ende entschied die TBB den Derby-Krimi für sich. Der Rest war kollektiver Jubel vor 4.546 Zuschauern. „Ich kann gar nicht beschreiben, was ich in dem Moment gefühlt habe. Wir haben diesen Sieg unbedingt gebraucht“, atmete Linhart durch.
„Nate hat sehr viel Verantwortung übernommen“
Trainer Henrik Rödl hob den Matchwinner hervor. „Nate hat sehr, sehr viel Verantwortung übernommen, offensiv wie defensiv eine unglaubliche Leistung gezeigt – nicht nur an den Punkten gemessen.“ Auch Brian Harper überragte mit 18 Zählern und bedingungslosem Einsatz. „Von der Einstellung muss ich der Mannschaft ein Kompliment machen, wie sie den Kampf angenommen hat. Es ist schön, wenn so ein Ball dann am Ende in unsere Richtung reingeht. Das war ein Erfolg, der nötig war. Und ein Riesenschritt nach vorne“, freute sich Rödl.
Zumal die TBB die Tugenden demonstrierte, die sie erst in den Dunstkreis der Playoff-Plätze geführt hat. Unbändiger Wille, eine bissige Verteidigung und Entlastung von der Bank. In den ersten 35 Minuten lief beinahe alles wie am Schnürchen. „Da hat Trier das Spiel klar diktiert“, gestand Gästetrainer Michael Koch. Obwohl die TBB nach einer schnellen 4:0-Führung durch unnötige Ballverluste mit 4:7 im Hintertreffen war, suchte Bonn vergeblich nach einem Momentum, um den Derbyrivalen knacken zu können. Zunächst gestaltete sich das Duell offen – und hitzig. Jamel McLean zog durch einige Wortgefechte und Nickligkeiten schnell Pfiffe auf sich. Besonders mit Andreas Seiferth, der zum Ende die Foulgrenze erreichte und das Feld verlassen musste, wollte der Bonner möglichst oft und gerne beherzt diskutieren. Die Kreise von Jared Jordan wurden wirkungsvoll eingegrenzt. Der Aufbauspieler erwischte keinen guten Tag und konnte nicht an die 16 Assists aus dem Hinspiel anknüpfen. Als Jordan im ersten Viertel einen Pass ins Leere spielte, Jermaine Bucknor per Dunk traf und nach einem Foul noch den fälligen Freiwurf zum 15:11 verwandelte, setzte sich die TBB langsam ab. Bis zur Pause baute das Heimteam seinen Vorsprung auf 36:29 aus.
Linhart: „Ich liebe Trier“
„In den letzten Spielen haben wir eine schlechte erste Halbzeit gespielt“, so Linhart. Diesmal nicht: Vitalis Chikoko fügte sich mit zwei Blocks ein, Bonn schwächelte an der Freiwurflinie, Linhart antwortete immer in engen Situationen mit starken Würfen und kompensierte so den enttäuschenden Auftritt von Spielmacher Jarrett Howell, der ohne Punkt blieb. Mathis Mönninghoff sorgte im dritten Viertel für Entlastung, als er zwei wichtige Dreier verwandelte.
Im letzten Abschnitt stotterte der Motor dann, wodurch die Fans aus Bonn wieder Hoffnung schöpften. Trier überstand die Schwächephase, zog durch zwei Freiwürfe von Nate Linhart und einen Alley oop von Chikoko von 64:62 auf 68:62 davon. Dann kamen die Gäste auf bis zu vier Zähler heran, profitierten direkt im Anschluss von einem fahrlässigen Trierer Ballverlust am eigenen Korb und glichen durch Andrej Mangold noch aus. „Wir haben Fehler gemacht, die gegen eine Mannschaft wie Bonn tödlich sein können“, so Linhart. Doch sein Geniestreich krönte das Derby – wie Maik Zirbes in der letzten Saison traf er fast mit der Schlusssirene.
Linhart – der Mann für alle Fälle. Und sicherlich einer der Kandidaten, der bei den Verantwortlichen ganz oben auf der Wunschliste steht, wenn es um Vertragsverlängerungen geht. „Ich habe mich damit noch nicht beschäftigt, erst einmal zählt nur die Saison“, sagte der US-Amerikaner und ging langsam in Richtung Kabine. „Eins kann ich aber sagen“, lächelte er nach vielen Autogrammen, Applaus, Humba und Interviews. Und diese Worte durfte man ihm getrost abnehmen.„Ich liebe Trier.“
Hier geht es zur Video-Zusammenfassung von basketball-stream.de!
Statistik
Punkte für die TBB: Linhart (27), Harper (18), Seiferth (7), Bucknor, Mönninghoff (je 6), Stewart (4), Chikoko (2).
Punkte für Bonn: McLean (16), Jordan, Weems (je 11), Vaden (8), Veikalas (7), Ensminger (6), Mangold (5), McCray, Thülig (je 2).
Schreibe einen Kommentar