Von Florian Schlecht
Wenn die TBB Trier am Mittwoch bei Alba Berlin spielt (20 Uhr), ist das nicht nur für Joshiko Saibou eine Reise in die Vergangenheit. Der 23-Jährige ist in der Hauptstadt aufgewachsen – und hat in der Basketball-Bundesliga einen großen Sprung nach vorne gemacht.
Joshiko Saibou saß am Dienstagmorgen in einem Bagel-Café in Trier, tunkte einen Teebeutel in eine Tasse mit heißem Wasser und erzählte munter drauf los. Wenige Stunden waren es noch bis zum Abflug nach Berlin. Die Augen funkelten, als der Basketballer mit dem japanischen Vornamen daran dachte. Denn wie Trainer Henrik Rödl, Andreas Seiferth und Dragan Dojcin hat auch Saibou eine lange Zeit in der Hauptstadt gelebt und gespielt. Das Spiel bei Alba Berlin am Mittwoch (20 Uhr) ist so für ihn und die TBB Trier kein normaler Arbeitstag.
„Ich bin zu 99 Prozent Berliner“, lachte der 23-Jährige, der in Köln geboren ist. Doch vom Dom zog es ihn schon als Kind in die Nähe des Brandenburger Tores. „Mit drei, vier Jahren bin ich nach Kreuzberg gezogen. In Schöneberg bin ich später in der Nähe vom Kudamm aufgewachsen.“ Was er mit Berlin besonders verbindet? „Viele Leute auf den Straßen, auch abends. Gutes und günstiges Essen. Lauter Studenten.“ Kurze Pause. „Und es geht rauer zur Sache“, legte er grinsend nach. Die Menschen in Trier erlebe er besonnener und freundlicher. „Wenn die Leute hier im Rathaus was erledigen müssen, haben sie beim Warten Geduld. In Berlin rasten sie vielleicht schon mal aus“, erzählte Saibou mit einem Lächeln im Gesicht.
Viele alte Bekannte beim Wiedersehen
Die Hauptstadt trägt er aber immer noch in seinem Herzen. Der Auftritt bei seinem alten Verein wird für ihn zum kleinen Heimspiel. „Acht bis zehn Tickets habe ich alleine für meine Familie gebucht. Die hätten mir ansonsten was erzählt. Einige Freunde haben sich auch angekündigt.“ Auch bei den Albatrossen warten einige Bekannte. Steven Monse, der im Bundesliga-Kader von Alba steht, kennt Saibou noch aus Jugendzeiten. „Ich habe gegen ihn in der U16 mit dem TuS Lichterfelde um die Deutsche Meisterschaft gespielt. Leider hatten wir keine Chance.“
Sportlich kann Saibou seine Sympathien für Berlin für die Dauer des Spiels verbergen. Der Antrieb, eine Überraschung zu schaffen, ist groß. „Im Hinspiel standen wir schon ganz dicht davor“, erinnerte er an die knappe 80:88-Niederlage in der Arena, bei der Trier lange führte und erst in der Verlängerung bitter verlor. „Wir können befreit aufspielen. Vielleicht wird uns das helfen. Und wenn wir gut spielen, können wir jeden Gegner schlagen“, sagte er vor dem Hintergrund des Klassenerhalts in Frankfurt.
Zum Sieg am Main trug auch Saibou seinen Teil bei, als er im letzten Viertel einen Dreier verwandelte und die Führung ausbaute. Trainer Rödl sprang in dem Moment vor Freude auf das Parkett und seinem Schützling fast in die Arme. „Es war schon klasse zu sehen, wie der Coach da ausgerastet ist“, so der Berliner. Saibou fiel mit der Schlusssirene ebenso ein Stein vom Herzen. „Mich hat es für die Fans gefreut, die uns das ganze Jahr unterstützt haben. Egal, ob wir gewonnen oder verloren haben. Für mich hat die TBB die besten Fans der Liga.“ Mit einem weinenden Auge denkt Saibou aber auch an die verpassten Playoffs. „Es gab schon Spiele, bei denen du zu Hause sitzt und drüber nachdenkst, was man alles hätte schaffen können.“ Der Abstiegskampf habe so noch einige Nerven gekostet. „Im Training gab es zwar die gleichen Witze wie immer. Aber wir sind wirklich froh, die Saison nun so gut beendet zu haben, weil es noch eng wurde.“
Ein Fernstudent mit Ehrgeiz
Einen Aufschwung erlebte auch der gelernte Spielmacher, der seine durchschnittliche Einsatzzeit im zweiten Jahr in Trier von 4:22 auf 9:16 Minuten aufstocken konnte. „Vorher bin ich oft kalt reingekommen und durfte mir kaum schlechte Aktionen erlauben. Jetzt weiß ich, dass der Ball noch ein zweites oder drittes Mal kommt. Das macht mich sicherer“, so Saibou, der auch mit seiner körperlichen Verfassung zufrieden ist. „Ich fühle mich geschmeidiger und fünf Kilo leichter, obwohl ich die noch nicht einmal weniger wiege“, lachte er. Bewährt hat sich der 1,88-Meter-Athlet zuletzt auf einer ungewohnten Position. Da im Aufbau Jarrett Howell und Bastian Doreth konkurrierten, kam er häufig auf dem Flügel zum Einsatz. „Die Erfahrung wird mir für die Zukunft helfen. Ich muss schneller Entscheidungen treffen. Als Point Guard kann ich eher noch mal ins Dribbling gehen oder gucken.“
Ein Etappenziel hat Saibou so erreicht. „Ich denke, ich bin ein besserer Spieler als in der letzten Saison. Jetzt arbeite ich darauf hin, in der nächsten Saison noch einmal besser zu werden. Nur mit der Einstellung komme ich weiter.“ Ob ihm dies auch weiterhin bei der TBB Trier gelingt, ist noch nicht geklärt. Der Vertrag des Berliners läuft aus. „Ich fühle mich wohl in Trier. Es ist aber zu früh, über die Zukunft zu reden.“
Zunächst steht die Reise in seine Heimatstadt an, dann das abschließende Spiel in Quakenbrück, das Fanfest am Sonntag – und mit dem Urlaubsbeginn wieder die Rückkehr nach Berlin. „Während der Saison bin ich ja kaum da“, sagte Saibou, der dann auch weiter hart an seinem Fernstudium in den Wirtschaftswissenschaften arbeiten will. Mit einem Schmunzeln nahm er den letzten Schluck Tee zu sich. „Das ist nicht zu unterschätzen und anspruchsvoller als gedacht.“
+++TBB in Kürze+++
Auch Rödl freut sich auf Rückkehr – Trainer Henrik Rödl, der mit Alba Berlin in seiner Spielerkarriere sieben Mal in Folge die deutsche Meisterschaft gewann, ist ebenso gespannt auf die Rückkehr.“Wir freuen uns natürlich, dass der ganz große Druck seit unserem Spiel gegen Frankfurt weg ist. Dennoch wollen wir natürlich immer noch jedes Spiel, das wir spielen, gewinnen. Ich gehe davon aus, dass meine Mannschaft dementsprechend auftritt.“ Alba Berlin ist derzeit Tabellenfünfter und bereits für die Playoffs qualifiziert.
Livestream startet ab 19.30 Uhr – Der Livestream mit Moderator Chris Schmidt startet ab 19.30 Uhr mit der Übertragung aus der O2-Arena. Der Stream ist auf der rechten Seitenleiste von 5vier abrufbar.
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