Von Florian Schlecht
Das Telefon am Ohr, Videoanalysen rund um die Uhr: Henrik Rödl beschäftigt sich auch in der Sommerpause intensiv mit Basketball. Mit 5vier sprach der Trainer der TBB Trier über…
…Urlaub und die “basketballfreie” Zeit: “Man ist in der Pause natürlich viel ruhiger, weil man am Wochenende nicht unter dem Druck steht, gewinnen zu wollen. Wir sind jetzt aber noch in einer Phase der Saison, in der die ein oder andere Analyse stattfindet. Wir arbeiten ständig daran, wie der Kader aussehen sollte, könnte und müsste. Das braucht aber noch etwas Zeit. Diese Unruhe muss man momentan ertragen. Ich telefoniere viel und schaue mir zu Hause Videos von Spielern an. Ich war schon in Bamberg beim BBL Top-4, habe mir das Finale angeguckt von der JBBL, NBBL und Playoffspiele in der Bundesliga. Zum Entspannen habe ich im Juli Zeit, wenn wir in den Urlaub in die USA an den Strand fahren. Meine Familie ist aber gewohnt, dass da immer das Telefon am Ohr ist.“
…die Saison 2012/13: “Insgesamt sind wir sehr zufrieden mit der Saison, weil wir viele große Höhepunkte gehabt haben. Wir haben eine überraschend starke Hinrunde gespielt. Wo einige Mannschaften in der Situation noch nicht so weit waren wie wir, haben wir schnell die richtige Chemie und einen tollen Kader gefunden. Die Qualifikation für die Pokalrunde war sicherlich ein unerwarteter und besonderer Erfolg. Auch die Stabilität, dass wir mit dem kompletten Kader durch die Saison gegangen sind, spricht für uns. Durch die Verletzung von Dragan Dojcin mussten wir nur einmal reagieren und haben mit Jermaine Bucknor einen hervorragenden Ersatz gefunden. Andere Teams haben später extrem aufgerüstet. In der Rückrunde gab es zum Ende hin Phasen, die wir uns besser vorgestellt haben. Aber die Mannschaft hat in den ganz entscheidenden Momenten in Frankfurt und beim i-Tüpfelchen in Berlin Charakter gezeigt, Ehrgeiz bewiesen und zusammengehalten.“
…die Entwicklung der Bundesliga: “Alle anderen Ligen in Europa kämpfen mit den Wirtschaftsverhältnissen in einer Art, wie sich sich jetzt erst auswirken. Die Bundesliga ist wahrscheinlich die einzige Liga, in der die Budgets, Zuschauerzahlen und die Fernsehpräsenz hochgehen. So eine unglaublich gleichwertig gestaltete Liga habe ich noch nie erlebt. Dass eine Mannschaft wie Ludwigsburg mit zwölf Siegen absteigt – ich weiß nicht, ob das schon mal passiert ist. Und wer hat alles Bamberg geschlagen? Das war schon ein Wahnsinn.“

„Jung, hungrig und für den Fan attraktiv.“ So will Henrik Rödl die TBB Trier sehen. Foto: Sebastian Schwarz
…die Zukunft des Trierer Weges: “Wir haben ein Programm, das sich gefestigt hat und bei dem wir den nächsten Schritt gemacht haben. Das sieht man an der unglaublichen Unterstützung. Der Anstieg der Zuschauerzahlen ist vielleicht der größte Erfolg für unser Programm, dass so angenommen wird, wie wir es repräsentieren wollen. Mit einer jungen, hungrigen Mannschaft, die sich entwickeln, Spiele gewinnen und für den Fan attraktiv sein will. Das sind die Hauptpfeiler, die wir behalten wollen und mit denen wir uns ganz bewusst bei der Zielvorgabe von Platzierungen lösen. Ich bin froh, dass ich daran weiterarbeiten kann und habe mich dafür in der Saison ja relativ früh entschieden. Die Reaktion der Zuschauer, als die Vertragsverlängerung beim Heimspiel gegen Bayreuth verkündet wurde, war ein ganz besonderer Moment für mich. Da die Bundesliga aber die wachsende Liga in Europa ist, muss man mitwachsen, wenn man mithalten will. Das ist die Crux, die für alle Vereine gilt: Wer nicht mitwächst, bleibt stehen. Ich habe aber einen guten Eindruck von der Entwicklung in Trier: Wir haben Stabilität im Management, Mitarbeiter, die mit ganzem Herzen und guten Ideen dabei sind. Die Zusammenarbeit macht riesigen Spaß.”
…den Vergleich mit dem SC Freiburg, der als Ausbildungsverein auch seine besten Spieler verliert: “Freiburg hat das Image als extrem sympathischer Verein. Das ist auch unser Ansatz. Ich glaube aber, dass Basketball mit dem Fußball in Deutschland schwer zu vergleichen ist, weil wir in einer anderen Situation sind. Wer in Trier gut spielt, geht nach Bamberg. Wer in Bamberg gut spielt, geht in die NBA, die immer die überdimensionale Liga ist, die über allem steht. Im Fußball ist Bayern München das Nonplusultra. Wer da spielt, kann nicht mehr weiter kommen. Daher müssen im Basketball alle Vereine damit leben, dass eine Konstanz in den Mannschaft schwer zu erreichen ist. Der Stellenwert der Liga steigt aber: Agenten platzieren ihre Spieler gerne dort, es gibt einen guten Wettbewerb und gute Coaches.”
…die Kaderplanungen bei der TBB Trier: “Ich kann momentan nicht beantworten, wer bleibt und wer geht. Das wären nur Spekulationen, an denen ich mich nicht beteiligen will. Wir wollen natürlich eine ähnlich spannende Mannschaft zusammensetzen wie zuletzt. Jermaine Bucknor, Vitalis Chikoko, Mathis Mönninghoff und Andreas Seiferth stehen schon als Spieler fest, die mit uns in die neue Saison gehen. Jetzt versuchen wir, Leute zu rekrutieren, die in unser Konzept passen. Spieler, die an sich arbeiten wollen, auch wenn sie älter sind. Die Leidenschaft verkörpern, ein gewisses Talent und die Lust mitbringen, was zu tun. Die Verteilung aus der abgelaufenen Saison fand ich sehr positiv. Dort hatten wir zehn Spieler, die regelmäßig Einsatzzeit gekriegt und ihre Qualität bewiesen haben. Ähnlich wollen wir das wieder umsetzen.”
…den Wechsel von Barry Stewart nach Antwerpen: „Wir haben Kontakt zueinander gehabt. Er hat die Entscheidung schon vor einiger Zeit gefällt. Wir wollten ihn gerne halten, aber es hat vertraglich nicht gepasst. Er hat letztes Jahr eine gute Saison gespielt, war einer unserer großen Leistungsträger. Ich wünsche ihm viel Glück. Ich bin zuversichtlich, dass wir für ihn einen guten Ersatz finden. Wir haben eine gute Situation in Trier, sind sehr stabil aufgestellt und ein sehr interessanter und besonderer Standort.“
…das Scouting in der Sommerpause: “Ich gucke Basketball tags und nachts. Gerne bin ich je nach Situation bei Agentencamps. Wenn ich als Zuschauer einen Spieler sehe, den ich spannend finde, frage ich: ‚Was ist mit dem?‘ Man muss sich ein Netzwerk aufbauen von Leuten, denen man vertraut. Ich habe Listen mit Spieler, Videos und DVDs. Bei manchen Spielern sehe ich nach fünf Minuten, dass sie uns nicht helfen können. Wenn ich einen Spieler interessant finde, gucke ich mir von ihm drei bis fünf Videos an. Da ich ein defensivorientierter Trainer bin, brauche ich in erster Linie Leute, die verteidigen. Zu mir passt es, wenn ich einen Spielertyp sehe, der durch die Gegend springt, begeistert ist und besonderen Einsatz zeigt. So bin ich auch auf Nate Linhart aufmerksam geworden.”
…den Deutschen Meister 2013: “So offen wie in diesem Jahr war die Liga noch nicht. Deswegen habe ich im Moment keinen Favoriten.”
…Heimat: “Ich bin in Offenbach aufgewachsen, habe fünf Jahre in den USA gelebt, lange Zeit in Berlin und nun drei Jahre in Trier. Im Freien bei uns in Kernscheid fühle ich mich wohl. Dort gehe ich mit unserem Hund gerne spazieren. Das Wort “Heimat” kann ich also nicht auf einen Ort beschränken.”
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