Wo man früher häufig nur für Kinder ein großes Angebot fand, gibt es dieses heute für alle Altersklassen und Genres: Hörspiele haben sich als Buchersatz und -ergänzung durchgesetzt. Neben der kommerziellen hat sich auch eine große freie Hörspielszene entwickelt. So entstehen in privater Zusammenarbeit Produkte, die anderen Liebhabern und Interessierten kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Eine fantasievolle Geschichte ist dabei in Trier entstanden. Wir wollen euch hier die Macher der Abenteuer um Shaun McKenzie vorstellen…
Die Story
Protagonist Shaun McKenzie arbeitet als Systemintegrator am Kernforschungsinstitut Cern in Genf. Nach einem missglückten Experiment reist er wider Willen durch die Zeit. Bei dem Versuch, wieder in „seine“ Zeit zurückzukehren, erlebt er zahlreiche Abenteuer. Die Geschichte wird jedoch nicht nur aus Shauns Perspektive erzählt, sie beschreibt auch die Bemühungen der Arbeitskollegen am Cern-Institut, ihren Genossen aus dem Zeit-Chaos zu befreien. Die Episoden sind in sich geschlossen, stellen jedoch eine zusammenhängende Geschichte dar.
„Ich hab`n tolles Mikro!“
Lars Conrad, Bernhard Schlax, Katja Linß, Alexander Linß und Jens Ewald kennen sich durch ihren gemeinsamen Arbeitgeber. Am Anfang stand die Idee eines gemeinsamen Comics, jedoch kam Hobbyzeichner Lars schnell nicht mehr mit dem Zeichnen der Bilder hinterher. So beschlossen sie, die Geschichte einfach zu vertonen. Bernhards Beitrag war schnell klar: „Ich hab`n tolles Mikro!“ Denn tatsächlich besaß der leidenschaftliche Musiker schon seit längerer Zeit ein Equipment, das er eigentlich nicht wirklich nutzte, und dessen Einsatzzeit er hier gekommen sah.
Zuerst trafen sich die Freunde zu einem Brainstorming. Da alle Initiatoren Science-Fiction-Fans sind, war das grobe Thema schnell klar, es sollte etwas futuristisch sein, eine Zeitreise, gern aber auch mit historischen Fakten bestückt. Von Jens kam letztendlich der Vorschlag, den Protagonisten am Institut CERN, Europäische Organisation für Kernforschung, arbeiten zu lassen. Ein Unfall mit dort verwendeten, großen Teilchenbeschleunigern, mit denen der Aufbau von Materie erforscht wird, sollte für Shaun McKenzies unfreiwillige Zeitreise verantwortlich sein. Die Handlung der ersten Folge wurde besprochen, das Drehbuch geschrieben und die Aufnahmen konnten beginnen. Auch der grobe Plot stand von Anfang an, jedoch ohne genaue Vorstellung davon, wie viele Folgen es letztendlich werden würden und mit viel Spielraum für weitere Ideen und Handlungsstränge.
Die Sprecher
Von Anfang an stand fest, dass jeder Charakter seine eigene Stimme bekommen sollte. Vor allem Freunde, Bekannte und Kollegen der Initiatoren hielten bei den ersten Folgen für die übrigen Personen her. Im weiteren Verlauf war dies, häufig aus Zeitgründen, jedoch auch wegen der deutlich gestiegenen Figurenanzahl, nicht immer möglich. Über Communities im Netz suchte das Team nach weiteren Interessierten und wurde dank großer Interessenscommunity im Internet schnell fündig. Hier vernetzen sich Künstler aller Richtungen, Musiker, Drehbuchautoren und auch Schauspieler, suchen nach gemeinsamen Projekten, nach Produkten, bewerten und kritisieren einander. Der Vorteil an der Audioproduktion ist, dass jeder, der ein anständiges Mikro zu Hause hat, dort bequem die eigenen Parts aufnehmen und zur weiteren Produktion nur die Files wegschicken kann; ein Part entstand sogar in Italien. Die Audiofiles landen letztendlich wie Puzzleteile im Tonstudio. Anfangs schnitten die Organisatoren alle Teile selbst zusammen, jedoch wurde schnell klar, dass hier ein professioneller Tontechniker gefragt war. Ebenfalls über die Internetgemeinde gelangten sie an Erwin Spielvogel von den Eston-Studios, der bereitwillig seine Dienste in seinem Tonstudio zur Verfügung stellte und seit Folge Vier die fertigen Audiofiles nachbearbeitet. Auch haben bereits bekannte Persönlichkeiten hier vorgesprochen, wie etwa der ehemalige Radio Gong Moderator Peter Rupprecht.
„Mach das doch mal anders!“
Wenn auch keiner von ihnen sich beruflich der Produktion von Hörspielen widmet, so stecken doch alle eine Menge Zeit, Geld, Herzblut und auch Gedanken in das Projekt. Die Ansprüche steigen stetig. „Ich kann die erste Folge mittlerweile nicht mehr ohne Schmerzen hören“, sagt Lars Conrad, „am liebsten würden wir die ersten Folgen komplett neu produzieren.“ Denn die Aufnahme erfordert weit mehr, als lediglich das Einsprechen ins Mikro. Die Folgen erhielten in der Community viel Kritik, vor allem an den technischen Feinheiten. So hört man durchaus die Raumtiefe, in der gesprochen wurde oder erkennt, auf welcher Seite der Sprechende sich aufhält, ob die Stimmen von links, rechts, weiter weg oder aus der Nähe kommen. Um Störfaktoren auszuschalten, bauten sich die Freunde eine „Anti-Schall“- Aufnahmekabine. „Andere nehmen teilweise in ihren Kleiderschränken auf“, erzählt Bernhard Schlax. Auch in bessere Ausrüstung, wie Mikros und verschiedene Programme, hat das Team mittlerweile einiges investiert. Selten kam inhaltliche Kritik an den Stories bezüglich Logikfehler, Spannung oder Ähnlichem. Jedoch stand es nie zur Debatte, finanziellen Profit aus dem Projekt zu schlagen. Anfangs war die Produktion ohnehin nicht gut genug, um dafür etwas zu verlangen. Und jetzt damit anzufangen, sei auch nicht passend. Außerdem müsse man bedenken, dass bei einem Verkauf immerhin auch alle Sprecher bezahlt werden müssten und man schnell am Ende der Mittel und somit der kreativen Freiheit angelangt wäre. So steht der Spaß und die Leidenschaft bei TimeShift vollkommen im Vordergrund.
In wenigen Monaten wird die sechste der geplanten acht Folgen fertig gestellt sein. Die Fertigstellung der gesamten Produktion wird sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Doch danach soll nicht Schluss sein, denn die Lust am Projekt verloren hat keiner der Produzenten. Eine Vorstellung ist, Drehbücher zu einem Buch zu schreiben und dies zu vertonen. Und natürlich gibt es auch weitere Ideen für Geschichten. Jedoch eins nach dem anderen…
Alle Folgen als Download sowie weitere Infos findet ihr hier!
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