Von Niklas Stilz
Nach der gefühlten 1:1-Niederlage gegen Schlusslicht Pfullendorf ging der Blick in Reihen der Eintracht-Kicker schnell in Richtung kommenden Sonntag. Sie würden „sich jetzt auf Koblenz konzentrieren“ und wüssten,“wie wichtig das Derby für die Fans ist“. Auch in den Medien ist das Aufeinandertreffen mit der TuS längst mehr als ein normales Regionalligaspiel. Aber wie sieht die Stimmung im Fanlager aus? Und woher kommt die echte, oder eben erfundene, Rivalität zwischen den beiden Teams? 5vier ist der Sache auf den Grund gegangen.
Grundlegend stellt sich zu Beginn die Frage: Was ist eigentlich ein „Derby“? Einerseits gibt es da die ursprünglichen, historischen Derbys, die eine lange Tradition und oft eine regionale Komponente haben. Schaut man beispielsweise auf die Münchner Stadtderbys zwischen 1860 und den Bayern, oder Duelle zwischen Schalke und Dortmund, bei denen es um die Vorherrschaft im Ruhrpott geht. Die besondere Atmosphäre der geographischen Nähe, die Leidenschaft der beiden beteiligten Fangruppen und auch die gegenseitige Abneigung sind kennzeichnend und machen den entscheidenden Reiz der Derbys aus. Denkt man an die großen Derbys dieser Welt, oder an das große Derby des eigenen Vereins, dann bekommen die meisten Fußballfans wohl eine Gänsehaut. Das „Superclasico“ zwischen River Plate und Boca in Buenos Aires, oder aber auch das schottische „Old Firm“ zwischen Celtic und den Rangers sind zwei prominente Beispiele für große Derbys.
In den letzten Jahren hat sich, insbesondere durch die gesteigerte mediale Aufmerksamkeit und die stetige Kommerzialisierung des Fußballs, noch eine weitere Kategorie von Derbys herausgebildet. Plötzlich ist die geographische Nähe gar keine zwangsläufige Komponente mehr, oder es werden zwei Teams aus benachbarten Regionen von heute auf morgen zu erbitterten Feinden stilisiert. Es gibt dann in der Bundesliga ein Nord-Süd-Derby zwischen Hamburg und Bayern, oder ein Südderby zwischen den Münchnern und dem VFB Stuttgart. Das Marketingspotenzial einer Derby-Kategorisierung kennt natürlich sowohl für die beteiligten Vereine, als auch für die medialen Berichterstatter kaum Grenzen. Wo wir also beim Thema wären.
„Das Derby gegen Saarbrücken ist das Maß aller Dinge“
„Für mich ist das Spiel gegen Koblenz kein echtes Derby. Und wer schon etwas länger als Eintracht-Fan mit dabei ist, der sieht das genauso. Richtige Rivalität gibt es da nicht“, erzählt Eva Schneider, die zweite Vorsitzende des Supporters Club Trier (kurz: SCT). „Saarbrücken ist in der Hinsicht das Maß aller Dinge, das Derby schlechthin. Danach kommt lange nichts“, gibt sie Einblick in die Stimmung unter den SVE-Anhängern.
Woher kommt sie also, die so oft zitierte Rivalität? Wirft man einen Blick auf die Landkarte, so wird auf den ersten Blick schnell deutlich, wieso sich der Derby-Vergleich anbietet. Das Stadion Oberwerth in Koblenz und das Moselstadion Trier liegen zwar 130 Kilometer auseinander, außer dem 1.FC Kaiserslautern und dem 1.FSV Mainz 05 gibt es in Rheinland-Pfalz aber keine wirklich ernstzunehmende Konkurrenz mehr. Außerdem sind es auch nach Saarbrücken knapp 92 Kilometer und die Feindseligkeit zwischen dem SVE und dem FCS ist erwiesenermaßen groß, schon das erste Heimspiel in der Vereinsgeschichte der Eintracht bestritt man gegen die ungeliebten Nachbarn aus dem Saarland – und gewann mit 12:0 (Damals: Trierer Fußball-Club 1905 – FC „Germania“ Saarbrücken). Der geographische Aspekt scheint also nicht der entscheidende zu sein.
Schaut man auf die gemeinsame Historie der beiden Teams aus Trier und Koblenz, so wird aber schnell ein entscheidender Unterschied zur Saarbrücken-Rivalität deutlich. Es fehlen die großen Aufeinandertreffen. Hier und da standen sich die beiden Teams mal gegenüber, auch in durchaus entscheidenden Spielen, wie dem Finale um die Rheinlandmeisterschaft 1976. Inzwischen trifft man sowohl im Rheinlandpokal, als auch in der Liga häufiger aufeinander, was die Derby-Stimmung sicherlich befeuert. Eine dauerhafte Fehde, wie mit dem Rivalen von der französischen Grenze, resultierte für die Fans daraus jedoch nie.
Derby als mediale Inszenierung
Was dem Spiel also fehlt, um als richtiges, echtes, gelebtes Derby zu gelten, ist das Gefühl. Das Gefühl der Fans, des Vereins und des Umfelds, was ein Derby so magisch und einzigartig macht. Keine wochenlange Nervosität, keine hoffnungsvollen Blicke in den Kalender und keine langfristige Vorbereitung einer spektakulären Choreographie. Zweifelsohne hat das Mosel-Duell seine Reize, der große Charakter scheint aber zu fehlen. „Natürlich freuen wir uns auf das Spiel, schließlich hat die TuS beispielsweise deutlich mehr Heimfans als die Zweitvertetungen in der Liga. Grundsätzlich wird das Spiel aber durch die Medien ziemlich gepusht“, fällt SCT-Vorstand Eva Schneider ein klares Urteil.
Vielleicht haben wir im Falle des „Derbys“ zwischen TuS und SVE auch einen ganz anderen Auslöser. Während die Trierer Meinung zum Spiel inzwischen klar sein sollte, scheint der Wert des Duells auf Seiten der Koblenzer ein anderer zu sein. Der Dachverband der Koblenzer Fanclubs jedenfalls wirbt großflächig mit dem Slogan „Trier schlagen! – Am 16.März um 14 Uhr ist Derbyzeit“. Es scheint also, als sei alles wie so oft in einer Beziehung…der eine hängt mehr dran, der andere weniger.
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+++Eintracht in Kürze+++
Herzlichen Glückwunsch: Die gesamte 5vier.de-Redaktion wünscht dem SV Eintracht Trier 05 einen tollen 109. Geburtstag. Am 11. März 1905 wurde mit dem Trierer Fußball-Club 1905 der Vorgängerverein der heutigen Eintracht gegründet. Alles Gute!
Nachholspiel: Im Nachholspiel der Regionalliga Südwest bezwang der SC Freiburg II gestern den Eintracht-Gegner vom letzten Wochenende, den SC Pfullendorf, knapp mit 2-1. Der Siegtreffer für die Breisgauer fiel erst in der Nachspielzeit.
Lizenz: Fristgerecht hat sich der SV Eintracht Trier, der aktuell den vierten Tabellenplatz belegt, beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) um eine Lizenz für die 3. Liga beworben. Geschäftsstellen-Mitarbeiter Holger Wincheringer gab die Bewerbungsunterlagen persönlich in der DFB-Zentrale in Frankfurt am Main ab. „Wir haben mit großer Sorgfalt die Aspekte im technisch-organisatorischen und im wirtschaftlichen Bereich abgearbeitet und gehen davon aus, dass wir in den nächsten Wochen eine positive Nachricht bekommen werden“, betont SVE-Vorstandssprecher Ernst Wilhelmi. (red.)
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