Bier ist mehr als die Summe der einzelnen Zutaten. Die Macher des Trierer Biers Kraft Bräu wissen darüber viel zu berichten. Kein Wunder, denn Kraft Bräu wird in Olewig gebraut. Im Blesius Garten steht Triers erste Hausbrauerei und Sebastian Nguyen weiß viel über Braukultur zu berichten.
Trier-Olewig. Mehr als ein reiner Durstlöscher: Neue, exotische Biersorten haben sich auf dem deutschen Markt eine Nische geschaffen. Auf immer mehr Getränkekarten erobern fruchtiges India Pale Ale und tiefschwarzes Porter ihren Platz und überzeugen dabei mit kräftigem Aroma und Geschmack. Bier ist zum Genussprodukt geworden, weiß Biersommelier Sebastian Nguyen. Mit der Trierer Marke Kraft Bräu wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet, zuletzt von Selection, einem der führenden Gourmetmagazine in Deutschland. Wie viel handwerkliche Braukunst und Experimentierfreude hinter seinen Kreationen steckt, erzählt er im Interview.
Wie bist du Biersommelier bei Kraft Bräu geworden?
Die Marke Kraft Bräu betreue ich seit 2010, vor einem Jahr habe ich dann die Leitung der Brauerei übernommen. Mich haben schon immer neue Biersorten gekitzelt – Sorten, die man in den Getränkemärkten nicht findet. Ich hatte bereits viele neue Bierrezepte geschrieben und ausprobiert, bevor ich mich 2012 entschloss, den Sommelier in München und Salzburg zu machen. Dort konnte ich tiefer in Themen wie Sensorik, Geschmackskomponenten und Essensbegleitung eintauchen.
Was gehört zu den täglichen Aufgaben eines Biersommeliers?
Der Sommelier entstammt dem Mittelalter und war im Mundschenk der Vorkoster vom Hof. Heute ist er der Berater des Gasts – er empfiehlt Biere zum gewählten Menü, erklärt die verschiedenen Sorten und Geschmacksrichtungen. Im Großhandel ist es so, dass er den Kunden hinsichtlich der Bierauswahl berät und Sensorikschulungen für das Personal gibt. Das mache ich auch ganz bewusst bei Kraft Bräu. Ich möchte meinem Team zeigen, in welche Richtung es für uns geht und welche Idee hinter den Produkten steckt, die wir täglich brauen. Die Ausbildung zum Sommelier hat mir geholfen, Biere neu wahrzunehmen. Ich bewerte Kreationen viel strenger als vorher.
Wie hat sich die Bierkultur in Deutschland entwickelt? Ist Bier nicht mehr nur Durstlöscher?
Insbesondere in den vergangenen fünf bis zehn Jahren konnte man beobachten, dass Bier nur noch nach Preis und Marke, aber nicht mehr nach Geschmack gekauft wird. In diese Entwicklung stößt die Craft Beer Szene mit ihren kleinen Brauereien. Sie mag zwar im Durchschnitt nur ein Prozent des gesamten Marktes ausmachen, aber dank ihr ist Bier wieder ein Thema in der Gastroszene und letztlich beim Konsumenten. Es bewegt sich einiges. Bier wird wieder zu einem echten Genussmittel. Ich will Kunden das Bier so wertig verkaufen wie Wein. Wir zeigen unseren Gästen, dass Bier mehr ist als ein reiner Durstlöscher, dass es mehr gibt als Pils und Weizen. Es ist ein so facettenreiches Getränk und ich möchte, dass jeder Freund dieser Vielfalt wird.“
Was war das außergewöhnlichste Rezept, das du je geschrieben hast?
Durchschnittlich entwickle ich so um die 24 Biersorten im Jahr. Das bekannteste ist sicherlich das Seb’s Pale Ale. Es war das erste, das es vom eigenen Heimbrautopf in die große Anlage geschafft hat. Bei unserem Strong Ale habe ich versucht, den Körper eines Weines ins Glas zu bringen, aber mit den Rohstoffen eines Bieres. Caspar’s Pils ist eine meiner besten Kreationen geworden, was ich nie gedacht habe. Ich war skeptisch, als ich das Rezept geschrieben habe. Aber das Caspar’s Pils ist so gut gelungen, weil es ein Bier ist, wie man es heute nicht mehr kennt. Es ist fruchtig, es ist bitter, es ist herb, aber trotzdem schlank wie ein Pils.
Was zeichnet Kraft Bräu aus und in welche Richtung wird sich die Marke entwickeln?
Kraft Bräu ist ein kleiner Familienbetrieb. Wir sind nicht darauf getrimmt, die Masse zu erreichen. Bei uns schmeckt man das Handwerk, das unfiltrierte, naturbelassene Bier. Wir haben unsere drei Basisbiere – hell, dunkel und Weizen – dafür sind wir in der Region bekannt. Aber ich spiele auch gerne mit den traditionellen Rohstoffen, um zu zeigen, wie viel Vielfalt im Bier steckt. Ich habe Ideen ohne Ende und die möchte ich gerne weiter entwickeln. Kraft Bräu wird sich auch in Zukunft mit keiner Großbrauerei vergleichen können oder wollen – wir werden immer klein bleiben, wir werden immer die Nische bleiben und wir werden immer handwerkliches Bier machen.
Fotos: Eliana Gramer
Kommentar verfassen